Von Matthias Bosenick (01.11.2024)
Eine äußerst verheißungsvolle Melange: Hoel Von Helvet, aus dem Norwegischen übersetzt quasi Ferse der Hölle, ist der Name des Protagonisten hinter dem Projekt Yeun Elez, das nach einem bretonischen Whisky mit Rauch- und Torf-Aroma benannt ist, halt, nein: nach einem Sumpfgebiet in den Monts d‘Arrée, das in der lokalen Mythologie der Eingang zur Hölle ist, mit der hat er’s offenkundig, und außerdem ist dieser französische Musiker auch als Grafiker und Holzschnittkünstler tätig, was er auch für die Cover seiner musikalischen Veröffentlichungen nutzt. „La croix des cinq chemins“ ist die jüngste, sie behandelt bretonische Mythologien, dargeboten in einer abgedunkelten musikalischen Vielfalt zwischen der schamanischen Trance von Dead Can Dance, mittelalterlicher Monotonie, gekrümmtem Wave-Goth sowie Industrial-Noise, alles davon unter Umgehung üblicher Klischeefallen.
Archiv der Kategorie: Album
The Black Dahlia Murder – Servitude – Metal Blade Records 2024
Von Guido Dörheide (29.10.2024)
Nachdem der begabte, beliebte und sympathische Trevor Strnad im Jahr 2022 verstarb, vermutlich durch Selbstmord, war zunächst nicht klar, ob seine wunderbare Band Black Dahlia Murder (benannt nach einem ungelösten Mordfall aus den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts, der einem alle Nase mal über den Weg läuft, so zum Beispiel in der Serie „American Nightmares“, für deren Empfehlung ich der Liebsten ausgiebig dankbar bin, aber ich schweife ab und bitte dafür um Entschuldigung) ohne ihren – und das schreibe ich jetzt bar jeglicher abgeschmackten Ironie – charismatischen Frontmann weitermachen würde. Die Entscheidung, die Arbeit der Band in Trevors Sinne fortzusetzen, fiel glücklicherweise schnell und nun gibt es also auch ein neues Album. Dafür wechselte der bisherige Rhythmusgitarrist (und neben Trevor auch Gründungsmitglied) Brian Eschbach ans Mikrofon und wurde an der Gitarre durch Ryan Knight ersetzt, der auf den Alben „Deflorate“ (2009), „Ritual“ (2011), „Everblack“ (2013) und „Abysmal“ (2015) die Leadgitarre bediente.
WeiterlesenBleak Magician – How The Disappearance Appeared To Us – Srogi Mroczek 2024
Von Matthias Bosenick (30.10.2024)
Drama umgibt dieses Debüt, musikalisch wie die Umstände betreffend: Während der PR-Kampagne zum zweiten Album des Horrorfilm-Black-Metal-Projektes Vinterdracul – bereits besprochen auf dieser Plattform – aus Baltimore, Maryland, verschwand Weirding Batweilder, einer der beteiligten, und als dessen Bruder Srogi Mroczek sich über ein Jahr später mit Schlagzeuger Dirt Boucher dem neuen Projekt Bleak Magician zu widmen begann, trat der Verschollene wieder auf den Plan und beteiligte sich an „How The Disappearance Appeared To Us“. Heraus kommt minimalistisch-rohe Elektro-Gitarre-Dark-Wave-Rock-Musik, die das persönliche Drama künstlerisch reflektiert. Es bleiben Fragen offen – offenbar sogar für die Zurückgelassenen. Geheimnisvoll.
Pixies – The Night The Zombies Came – BMG 2024
Von Guido Dörheide (29.10.2024)
Hihi, pünktlich zu Halloween kommen die Pixies aus Boston, MA, mit einem Album mit Zombiethematik um die Ecke. Hinter der sie hätten mal schön bleiben sollen, um das Erbe ihrer fünf (jahaa – ich zähle „Come On Pilgrim“ als vollwertiges Album) Alben zählenden Diskografie aus der Zeit ihres eigentlichen Bestehens von Mitte der Achtziger bis gerade mal knapp in die Neunziger hinein nicht zu beschmutzen.
WeiterlesenBlack Aleph – Apsides – Art As Catharsis/Dunk!Records 2024
Von Matthias Bosenick (25.10.2024)
Dunkel-doomige und ohnehin ungewöhnliche Musik ist auch mit anderer Instrumentierung als Gitarre-Bass-Schlagzeug möglich, zum Beispiel reichen den Australiern Black Aleph Streichinstrumente und Percussion aus, um im Verbund mit einer Gitarre ein dichtes, düsteres, schweres, mächtiges Album wie „Apsides“ aufzunehmen, zwischen Postrock, Drone, Doom und Kunst. „Apsides“ ist das Debüt des Trios, dem Jahre an Entstehungszeit vorangehen – und man hofft sehr, dass es bis zum Nachfolger etwas schneller geht.
Kuhn Fu – Katastrofik Kink Machine – Berthold Records 2024
Von Matthias Bosenick (24.10.2024)
Jazz als Schublade reicht Kuhn Fu bei weitem nicht aus. Fusion, Soundtrack, Avantgarde, Swing, Folk – in „Katastrofik Kink Machine“ steckt viel mehr, insbesondere die Freude daran, die Energie der dieses Mal sieben Musizierenden rund um Quasi-Namensgeber Christian Achim Kühn künstlerisch auszudrücken. Netterweise kombiniert die Berliner Band hier das Entfesselte mit dem Eingängigen, die Bläser bratzen über Mitwippsongs. Wobei es sich um Sogs nicht handelt, hier singt nämlich niemand. Was der Furiosität dieses spannungsreichen Albums außerdem zugutekommt, ist der Umstand, dass Kuhn Fu es anteilig live im Studio einspielten. Ein Miteinander, das ansteckt.
Durchströmungen III: Magnetschweben – Separated Beats 2024
Von Matthias Bosenick (22.10.2024)
Ben Bekeschus dreht auf: Den dritten Teil seiner Compilation-Reihe „Durchströmungen“ mit dem Titel „Magnetschweben“ versieht der vielseitige Berliner Electro-Bastler mit einer Steigungskurve, die von ruhigem, chilligem Ambient aus die Bandbreite seines Spektrums abbildet, an Energie zulegt und über Minimal Electro, Downbeat und Hip Hop bei Big Beat und Techno landet. Als Basis dient ihm dieses Mal, wie beim ersten Teil, sein Alias Aus.Gleich, dem er eigene Tracks sowie Remixe anderer Künstler widmet. Ein Weckruf mit achtzigminütigem Anlauf!
We Fog – Sequence – We Fog/Peyote 2024
Von Matthias Bosenick (21.10.2024)
Das geht zurück in eine andere Art von Neunziger: Noiserock, Stop-And-Go-Riffs, vereinzelt schöne Melodien in Lärm eingebettet, Bock auf geordneten Krawall, übersteuerte Saiteninstrumente, saftiges Schlagzeug, beiläufiger Gesang, unkonventionelle Songstrukturen, alles, wie man es sich wünscht, wenn man auf Sonic Youth, 13th Dye und andere energetische Noiserocker steht. Wer zusätzlich etwas außerhalb dieser Schublade haben möchte, bekommt zuletzt zwei Songs mit Amaury Cambuzat, der das Veroneser Trio We Fog in andere Bahnen lenkt, strukturell und die Atmosphäre betreffend. „Sequence“ ist erst das zweite Album von We Fog, mit 21 Minuten zwar kurz, aber intensiv geraten.
Verstärker – V – Finaltune Records 2024
Von Matthias Bosenick (14.10.2024)
Merkst du, was ich merke? Instant-Ohrwurm, sobald man den Bandnamen Verstärker liest. Die Musik auf „V“ indes hat mit Blumfeld nicht sonderlich viel gemein: Instrumental-Postrock, verteilt auf fünf live eingespielte neue Tracks dieses Münchener Trios (und nicht der Band aus Kentucky!). Nun ist der Postrock in seinem Genre etwas limitiert und in den Jahren, die er existiert, reichlich auserzählt worden. Da muss man sich also unterscheiden, wenn man dem noch etwas hinzufügen will, und nachdem Verstärker zwei Tracks lang zwar die klassische Anmutung, aber mit mehr Fuzz bedienen, schlagen sie Kapriolen, die mehr als nur aufhorchen lassen.
Bastard – Live And Alive – Lava Records 1980/Sireena 2024
Von Matthias Bosenick (10.10.204)
Noch so ein Vermächtnis, das die Leute von Sireena aus dem Nirwana zurückholen: Bastard war eine von AC/DC beeindruckte End-Siebziger-Hardrockband aus Hannover, die es auf lediglich zwei Studioalben brachte. Als Schwanengesang veröffentlichte die Gruppe 1980 auf dem lokalen Indie-Label Lava Records die Zusammenstellung zweier Konzertmitschnitte als „Live And Alive“, auf der sie ihre Riffs erst so richtig aus der Hüfte feuerten. Das gibt’s jetzt erstmals auf CD und im Stream – und es ist die Neu- und Wiederentdeckung wert.