Von Matthias Bosenick (02.01.2025)
Wer hätte das 2013 gedacht, dass die Zusammenarbeit von Einstürzende-Neubauten-Stimme Blixa Bargeld und Meathead-Musiker Teho Teardo zu mittlerweile drei Studio- und einem Live-Album sowie diversen EPs führen würde? „Christian & Mauro“, benannt nach den realen Vornamen der beiden Protagonisten, stellt das dritte Studioalbum dar, und es wäre ein Jammer, hätte man darauf verzichten müssen. Neoklassisch-kammerartig instrumentiert, darf Bargeld seine trilingualen Betrachtungen und Wortspiele zu den zugänglichen Sounds von Teardo streuen. Industrial, dem beide Ur- bis Haupt-Bands zuzurechnen sind, findet man hier kein Bisschen. Avantgarde bleibt das natürlich trotzdem, nicht nur gemessen am Radiopop. Und schön zu hören ist es!
Archiv der Kategorie: Album
Opeth – The Last Will And Testament – Reigning Phoenix Music/Nuclear Blast 2024
Von Matthias Bosenick (30.12.2024)
Okay, Mikael Åkerfeldt growlt wieder, war vorab zu vernehmen. Die ersten neun Alben seiner Band Opeth waren davon bestimmt, dass er seine Stimme zwischen Klargesang und tiefstem Growlen schwanken ließ, je nachdem, was die Komposition so erforderte, und der progressive Death Metal der Schweden erforderte dies stets passend und angemessen. Bis die Charts winkten, die Band das Orgeln lernte und feststellte, dass Deep-Purple-Fans die Ohren offener halten, wenn man das Growlen unterlässt und die Songstrukturen mehr an Yes als an Death anpasst. Auf „The Last Will And Testament“ growlt er also wieder – zu den Orgeln, den Prog-Sprüngen und den anderen Parametern, die mit dem vermissten Death Metal nicht allzuviel zu tun haben. Heißt: Das Growlen allein macht noch kein Opeth.
Ayn & Marlen und Marlen – Voices Phenomena – Toten Schwan Records 2024
Von Matthias Bosenick (27.12.2024)
Die Musik auf „Voices Phenomena“ ist so spooky, wie es das Thema erhoffen lässt: Tonbandstimmen, auf Englisch EVP für Electronic Voice Phenomenon, auf Esoterisch Instrumentelle Transkommunikation, bezeichnen auf Tonbändern auftretende Stimmen, allerdings solche, die zum Zeitpunkt der Aufnahme gar nicht zu hören waren, also womöglich solchen aus Totenwelten. Mit Repetitiven Figuren aus Dark Wave, Industrial und Death Rock widmet sich das italienische Duo mit dem Trio-Namen Ayn & Marlen und Marlen diesem Phänomen – und ja, manches haucht wie aus anderen Welten, anderes steht mit beiden Füßen fest auf der Erde, die wir sehen. Gruselig!
Francis Cofone – Space Fabric – Iapetus Media 2024
Von Matthias Bosenick (23.12.2024)
Was für Sounds man so alles aus einer E-Gitarre herausholen kann! Und wie wenig dieses Rock’n’Roll-Instrument nach Rock’n’Roll klingen kann! Auf „Space Fabric“ generiert der New Yorker Gitarrist Francis Cofone mit seinem Instrument nämlich Ambient, und zwar einen, der wiederum nicht genregemäß elektronisch basiert ist. Die richtige Mucke zur besinnlichen Zeit, auch wenn sie bereits zu Ostern erschien. Improvisiert überdies live im Studio, manipuliert von Partner-in-crime Markus Reuter.
Unburnt – Elevation – Unburnt 2024
Von Matthias Bosenick (23.12.2024)
Als Post Metal bezeichnet das französische Quintett Unburnt die Musik auf seinem zweiten Album „Elevation“, du das kann man so als Sammelbegriff stehenlassen, wenn man nicht genauer sein will, denn die Elsässer kombinieren hier Sludge, Hardcore, Waverock, Psychedelic und Alternative Rock zu einer schweren Walze, die in vielfach changierender Intensität die Hörenden überrollt. Passt gut in die Schublade „Passt in keine Schublade“.
Faded Remembrance – Dying Age – Bitume Prods 2024
Von Matthias Bosenick (20.12.2024)
Die Idee, eine Art Doom-Metal mit Blasinstrumenten zu versetzen, ist sehr geil: Die Riffs verschleppt, dazu erschaffen Posaunen und Trompeten unerwartete Soundscapes. So verfährt Tamás Géza Albert aus Győr auf „Dying Age“ zum zweiten Mal auf Albumlänge unter seinem Alias Faded Remembrance. Er addiert clean gespielte Gitarren und Synthies dazu – allerdings auch eine Sägegitarre, die die Stimmung bedauerlicherweise reichlich beeinträchtigt. Dem Ungarn sei eine Band gegönnt, die ihn dabei unterstützt, seine Ideen atmosphärisch überzeugend umzusetzen.
BTK (Bind Torture Kill) – Sauvagerie – Breathe Plastic/Dahlia Noir Records/The Hills Are Dead 2024
Von Matthias Bosenick (19.12.2024)
Die kommen echt ohne Bass aus?! Bei BTK (Bind Torture Kill) aus Lyon handelt es sich um ein Trio aus Schlagzeuger, Gitarrist und Sänger, mehr nicht, und wenn man die Mucke auf dem dritten Album „Sauvagerie“ hört, mag man das nicht glauben. Das hier geht nicht einfach in Richtung Metal, da steckt ganz viel Irgendwas-core drin, das ist fettestens auf die Zwölf, und zwar mit Gebrüll und einem Druck, für den das Trio zu technischen Kniffen griff.
Spezial: Sulatron Records
Von Matthias Bosenick (18.12.2024)
Zwei neue Veröffentlichungen präsentiert Dave Schmidt auf seinem Label Sulatron Records: Das Live-Split-Album seiner Band Sula Bassana mit dem finnischen Trio Skyjoggers sowie die spacig-psychedelisch-progressive Reise „Le premier soleil de Jan Calet“ des Pariser Quartetts Human Teorema.
Lucinda Williams – Lu’s Jukebox Vol 7: Sings The Beatles From Abbey Road – Highway 20 Records 2024
Von Guido Dörheide (17.12.2024)
Lucinda Williams ist eine meiner apseluten Lieblingsfavoritinnen, sowohl musikalisch als auch stimmlich als auch gesangstechnisch. Und sie covert gerne – beispielsweise Tom Petty oder His Bobness. Oder Soul. Oder Country-Klassiker. Oder Weihnachtslieder. Und wenn man sich dann fragt, ob die Dame auch mal ab und an was Eigenes spielt und singt, höre man sich einfach „Car Wheels On A Gravel Road“ (1998) oder „Good Souls Better Angels“ (2020) oder ein beliebiges anderes des guten Dutzend mit selbst ausgedachten Material gefüllten Alben an und komme zu Recht zu dem Schluss, es mit einer der größten noch lebenden Songwriterinnen zu tun zu haben. Seit ihrem Schlaganfall im November 2020, der sie dazu zwang, das Laufen neu zu lernen, und der leider dazu führte, dass sie keine Gitarre mehr spielt, hat Lucinda Williams außer dem 2023er „Stories From A Rock’n’Roll Heart“ mit eigenen und eigens für sie geschriebenen Songs die Serie „Lu’s Jukebox“ aufgenommen und veröffentlicht, bei der jedes Album ein eigenes Thema hatte: Tom Petty, Southern Soul, Bob Dylan, 60er-Jahre-Country, Weihnachten, The Rolling Stones, und nun eben die Beatles.
WeiterlesenCryptic Brood – Necrotic Flesh Bacteria – Lycanthropic Chants 2024
Von Matthias Bosenick (17.12.2024)
Von wegen, Death Metal ist einfach nur auf die Fresse. Man möchte das Wort nicht zwingend in diesem Kontext verwenden, aber das Wolfsburger Trio Cryptic Brood gestaltet seine Tracks durchaus progressiv, auch die neun neuen Stücke auf „Necrotic Flesh Bacteria“ sind in sich schon vielseitiger, als es manche brutalen Metal-Alben überhaupt sind. Und dazu auch noch auf einem musikalisch so hohen Niveau! Nicht zu vergessen der Humor – die Band bleibt im Genre, das sich blutig, eklig, widerlich darstellt, aber natürlich stets, um ein zweites zu vermeidendes Wort zu verwenden, mit einem Augenzwinkern.