Von Matthias Bosenick (19.11.2024)
Was aus einem einmaligen Gastbeitrag so werden kann: Sänger Bisse war vor zwei Jahren Feature auf „Intruducing SVIN“, dem siebten Album der dänischen Avantgarderockband Svin, und zwar im Song „Bøn“. Der gefiel beiden Beteiligten – und allen Hörenden – so gut, dass sich Sänger und Band zu Bissesvinet zusammentaten. „Blodager“ ist das Debüt dieser Kombination, und es überwältigt mit einer eigensinnigen Musik, die weniger Avantgarde ist als kunstvoll rätselhaft, energetisch ohne Gewalt, dennoch pandämonisch, zudem generiert zuvorderst mit Blas- und Tasteninstrumenten und mit zwingendem Gesang versehen. Für dieses Debüt mussten beide Parteien von ihrer gewohnten Arbeitsweise abweichen und Kompromisse finden – und es gelang ihnen vortrefflich.
Archiv der Kategorie: Album
Endless Dark – The Kingdoom – Loud Rage Music 2024
Von Matthias Bosenick (15.11.2024)
Der Titel „The Kingdoom“ verspricht mehr, als dieses Debüt der rumänischen Goth-Doom-Metalband Endless Dark hält. Dafür ist die Musik zu sehr in Stereotypen verhaftet und hat zu allem Überfluss auch noch ein bei HIM geklautes Klimperklavier mit drin, das zumeist lediglich die Gitarrenläufe begleitet und kaum kompositorischen Mehrwert mitbringt. Schön sind die Growls und auch an sich wäre an diesem Genreoeuvre nicht viel auszusetzen gewesen, nur will es lieber einer Szene gefallen, als dass es diese erweitert. Chance verpasst.
The Smile – Cutouts – XL Recordings 2024
Von Matthias Bosenick (13.11.2024)
Moment, schon wieder ein neues Album von The Smile, es gab doch erst vor gefühlt einigen Wochen eines? Tatsächlich, in der Trio-Form sind die Radiohead-Leute Thom Yorke und Jonny Greenwood mit Bonus-Jazz-Schlagzeuger Tom Skinner offensichtlich produktiver als mit ihrer Hauptband. Unklar ist, ob sie auch besser sind – gefeiert auf jeden Fall, nur fragt man sich bisweilen, woran das liegt – am Bezug zu Radiohead, am Mangel an qualitativ wertigeren Alternativen, am Wunsch nach Sensation? Scheiße ist auch „Cutouts“ nicht, aber bombenmäßig geil geht ebenfalls anders. Kunstvoller Art-Pop-Rock, mal ambientsoft, mal afrobeatflott voran, aber die dahergebetete Sensation sind The Smile einfach nicht.
Paul Heaton – The Mighty Several – EMI 2024
Von Guido Dörheide (12.11.2024)
Still und heimlich hat der Housemartins- und Beautiful-South-Mastermind und ehemals schwere Trinker Paul Heaton ein neues Album veröffentlicht. Leider ohne die mittlere Beautiful-South-Sängerin und Soloalbenmitstreiterin Jacqui Abbott (bekannt und gefeiert spätestens seit „Don’t Marry Her, Fuck Me“ von der 1996er Beautiful-South-Großtat „Blue Is The Coulour), dennoch sind mit Heatons regulärer Livekonzertkollaboratörin Rianne Downey und Yvonne Shelton zwei Sängerinnen dabei, um einige von Heatons neuen Kompositionen vorzutragen.
WeiterlesenThe Cure – Songs Of A Lost World – Fiction Records 2024
oder: „Meine ersten 37 Jahre mit The Cure (1987 bis heute)“
von Guido Dörheide (06.11.2024)
The Cure ist meine älteste Lieblingsband, älter noch als The Fall, die ich erst viel später kennen- und lieben lernte. Also versuche ich mal, einen Einstieg in den Artikel zu finden, ohne „4:13 Dream“ (2008) zu verdammen und ohne „Disintegration“ (1989) in den Himmel zu loben.
WeiterlesenBlackHoleSurfers – Downward Spiral / Вниз по спирали – Black Hole Surfers 2024
Von Matthias Bosenick (06.11.2024)
Unter ständiger Veränderung finden sich die Black Hole Surfers: Auf ihrem neuen Album mit dem Nine-Inch-Nails-Gedächtnis-Titel „Downward Spiral / Вниз по спирали“ verzichtet die Band aus Nischni Nowgorod (Нижний Новгород) auf die Leerzeichen im Namen und beginnt zudem, ihre psychedelische Rockmusik mit elektronischen Mitteln ins Tanzbare zu überführen. Aber keine Angst, wer mit Mucke ins All driften möchte, ist auch mit diesem kaum halbstündigen Album bestens bedient. Nach Abwärtsspirale klingt die Musik hier übrigens mitnichten, eher im Gegenteil.
Wilie Nelson – Last Leaf On The Tree – Legacy 2024
Von Guido Dörheide (05.11.2024)
Meine Mutter würde sagen, Willie Nelson sein ein „Unikum“. 91 Jahre ist er mittlerweile alt, in zahlreichen Musikstilen wie Folk, Country, Outlaw Country, Jazz etc. zuhause und wird nicht müde, immer neue Alben auf den Markt zu schmeißen. „Last Leaf On The Tree“ ist heuer schon sein zweites nach „The Border“, und erst im vergangenen Jahr hat er mit „Bluegrass“ ein tolles Album mit Coverversionen im Bluegrass-Stil vorgelegt.
WeiterlesenMC5 – Heavy Lifting – Ear Music 2024
Von Guido Dörheide (05.11.2024)
Die MC5 aus Detroit, jenem Wolfsburg in Michigan, haben der Musik trotz deutlich dünnerem Outputs bestimmt ebenso ihren Stempel aufgedrückt wie die Ramones aus New York City. Erstere haben mit „Kick Out The Jams“ 1969 dem Punk Rock den Weg bereitet (zusammen mit dem im selben Jahr erschienenen selbstbetitelten Album der Stooges aus dem benachbarten Ann Arbor), zweitere haben ihn dann auf virtuos-dilettantische Art perfektioniert. Beide Bands haben außerdem gemeinsam, dass keines ihrer Mitglieder mehr lebt. Bezogen auf die MC5 bedeutet das: Sänger Rob Tyner und Gitarrist Fred „Sonic“ Smith sind bereits in den 90ern verstorben (1991 und 1994), Bassist Michael Davis 2012 und Schlagzeuger Dennis Thompson und Gitarrist Wayne Kramer beide in diesem Jahr.
WeiterlesenSynthBox – Still Alive – Nagelwork 2024
Von Matthias Bosenick (05.11.2024)
Hier ist drin, was draufsteht – und doch wieder nicht: Das Stichwort Synthiepop, das der Wolfenbütteler Jens Nagel unter seinem neuen Parallel-Alias SynthBox heranzieht, weist in eine verfälschte Richtung, denn sein Debüt „Still Alive“ ist mitnichten ein reines Retro-Ding, das den opulenten Sound der Achtziger-Synthiebands kopiert. Nagel hat eine eigene Handschrift, sowohl in der minimalistischen Musik als auch im Gesang, und zeigt sich zudem experimentierfreudig im Sinne seiner Songs. Zwar legt Nagel seine neun neuen Songs chillig aus, lässt zusätzlich aber eine kopfnickende bis clubtaugliche Tanzbarkeit zu. Ein wunderbarer Begleiter zum Hauptprojekt REAL des früheren Phase-V-Keyboarders!
Maverick Persona – In The Name Of – NOS Records/MarraCult 2024
Von Matthias Bosenick (04.11.2024)
„Turn On The Good Music, Louder!“ empfiehlt das Duo Maverick Persona aus Apulien, und wer dies für dessen zweites Album „In The Name Of“ beherzigt, wird belohnt: Auf den elf neuen Tracks bilden die beiden Musiker eine so große Vielzahl an Genres und Stilen ab, dass man oberflächlich betrachtet meint, es mit mehreren Bands zu tun zu haben, und doch stülpen die beiden lediglich einen großen Hut über alles, der dann auch noch bestens passt. Schönes Chaos, Jazz, Folk, Psychedelik, Electro-Beats, Rap, Akustik-Ballade, Trip Hop, Drone, hier ist mehr drin, als manche in ihren Plattensammlungen haben, und doch ergibt es kein undurchmessbares Durcheinander. Das ist eine Kunst.