Meshuggah – Immutable – Atomic Fire 2022

Von Guido Dörheide (02.04.2022)

Zuerst dachte ich, der Albumtitel „Immutable“ spielt auf eine coronaspezifische Homeofficeproblematik an: „Ey! Dein Mic ist noch offen! Du hast vergessen, Dich zu muten, als Du aufs Klo gegangen bist!“ Und dann ich so: „Ging nicht, mein Mic ist immutable!“ Heißt aber in Wirklichkeit „unveränderlich“. Und das passt: Die Band präsentiert sich auf Album No. 9 als nicht auf Revolution aus, hier wird wie immer bei Meshuggah zerstört und ausradiert, und auch für Verbesserung sind die Jungs immer offen: Die Riffs hauen auf die 12, die Produktion sitzt, die Stimmung ist düster, der Gesang klingt toll.

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Abbath – Dread Reaver – Season Of Mist 2022

Von Guido Dörheide (27.03.2022)

Abbath, der sympathische norwegische Alkoholiker mit dem Musikproblem (sorry metal.de fürs Witzkopieren, aber damit kann ich endlich Eure supertolle Seite hier mal supporten) is back – zum Glück. Und weg vom Glögg! Musste er zuletzt 2019 mitsamt Band in Buenos Aires maximalbeschnasselt Konzerte unmittelbar nach dem Anbruch wieder abbrechen und sich dann in die Rehab verabschieden, erstrahlt die nach dem Ex-Immortal-Sänger benannte und von diesem angeführte Band nun in neuem Glanz – es knarzt, dröhnt und kreischt, dass Abbath ihrem Heimatland Norwegen fürwahr keine Schande machen.

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Sunn O))) – Metta, Benevolence BBC 6 Music: Live On The Invitation Of Mary Anne Hobbs – Southern Lord 2022

Von Matthias Bosenick (24.03.2022)

So schön kann Lärm sein! Und dieser Lärm hier ist wahrhaftig schön. Die Doom-Droner aus Seattle, deren Name nicht Sunno ausgesprochen wird, weil das O))) im Bandnamen den Regler am Verstärker der Marke Sunn symbolisiert, begaben sich Ende 2019 auf Einladung der Journalistin Mary Anne Hobbs bei der BBC ins Studio von John Peel, um für ein Samhain-Special eine Livesession einzuspielen. Als Gästin holten sie sich die begnadete Dunkelorganistin Anna von Hauswolff mit ins Boot. Heraus kommt ein einstündiges Werk aus bedächtig umeinander dröhnenden Sounds, erzeugt mit Gerätschaften aus den Bereichen Saiteninstrument, Blechblasinstrument und Synthesizer, mit dezentem Stimmeinsatz versetzt. Ein prachtvolles Stück Musik!

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Ueberschaer – Flow Of Time – Sireena 2022

Von Matthias Bosenick (16.03.2022)

Zeitreise mit Heiko Ueberschaer aus Bremen: Sein erstes Album „Flow Of Time“ erfüllt alle Anforderungen an Prog-, Art-, Jazz- und sonstige verschachtelte Rockmusik, die man sich ausmalen kann. Einer konkreten Zeit lässt es sich nicht zuordnen, wenngleich der knackig produzierte Sound schon sehr jetzig ist, aber der Mix an musikalischen Ideen und Einschüben könnte nahezu jederzeit seit den Siebzigern entstanden sein. Im Kontext des Progrock ein geiles Album – das man außerhalb dieses Umfelds vermutlich eher nicht wahrnimmt, weil es sehr genrespezifisch daherkommt.

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Marc Domin/Jonas Kolb – Kollision zweier Apostelschädel – Domin/Kolb 2021

Von Matthias Bosenick (15.03.2022)

Kein leichter Happen, den einem die beiden musizierenden Autoren oder schreibenden Musiker Marc Domin und Jonas Kolb da vorwerfen. Einmal formal: Reisebericht, Briefroman, Tagebuchroman, Gedicht und Collage bilden das Gesamtwerk „Kollision zweier Apostelschädel“. Und zweitens inhaltlich: Zwischen Horror, Blutbad und Porno siedeln sie die Geschichte von zwei Forschern an, die 1880 die titelgebenden Reliquien unschädlich (ha, ha) machen wollen – und nutzen dies selbstredend zur gepflegten Provokation. Letztlich ist klar: Mit der „Kollision zweier Apostelschädel“ ist das Buch selbst gemeint, das aus dem nämlichen Vorgang hervorging, denn bei diesen Dickköpfen handelt es sich natürlich um die der Autoren.

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Dave Gahan & Soulsavers – Imposter – Columbia 2021

Von Matthias Bosenick (14.03.2022)

Dave Gahan hat keinen Bock mehr. Seine Stimme hat Startschwierigkeiten, er rollt seinen Gesang nur noch mühselig knarrend an, so richtig motiviert scheint er gar nicht zu sein, aber muss ja. Eigene Songs macht er auch nicht mehr, auf „Imposter“ covert er ausschließlich andere Leute. Nicht mal auf seine Band Depeche Mode hat er mehr Bock, er lässt sein als Soloarbeit deklariertes Album einmal mehr vom Gospel-Electro-Projekt Soulsavers begleiten. Das funktioniert nicht durchgehend gut, sein Vorgänger Mark Lanegan hatte einfach die bessere Stimme für diesen Sound. Schlimme Nachricht: Mit dessen Tod wird das angekündigte nächste Album nicht mit ihm stattfinden. Nicht ganz so schlimme Nachricht: Ganz übel ist „Imposter“ gottlob auch wieder nicht. Und als hätte es Gahan geahnt, gehört Lanegan hier zu den Gecoverten.

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Tocotronic – Nie wieder Krieg – Vertigo Berlin 2022

Von Guido Dörheide (10.03.2022)

Ich weiß nicht, wieso ich Euch so hasse, Fahrradfahrer dieser Stadt. Dafür und für so viele andere Textzeilen habe ich Tocotronic in den 90ern gefeiert, als gäbe es kein Morgen. Nach dem ersten selbstbetitelten Album (Tocotronic – das weiße Album, 2002) und spätestens nach „Pure Vernunft darf niemals siegen“ (2005) habe ich dann gedacht, jetzt kann ich mit deren Stil nicht mehr so recht was anfangen, und habe die Band komplett aus den Augen verloren.

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Toundra – Hex – Inside Out/Sony 2022

Von Matthias Bosenick (07.03.2022)

Sobald nur die Gitarre einsetzt, ist es wie eine Heimkehr, das gilt für die melancholische Dudelgitarre wie für das episch verzerrte Brett: Toundra ist eine Band, die man am Sound erkennt, einzigartig. Den instrumentalen Postrock der Spanier unterscheidet das Progressive von anderen Vertretern, die Stücke sind komplex und abwechslungsreich. Damit Musik nicht wie in diesem Genre üblich alsbald ins Weinerliche driftet, reichern Toundra sie mit einem kraftvollen Schlagzeug und einer streckenweise unerwarteten Härte an. Auch wenn instrumental hier das absolut aufgehende Konzept ist, wünscht man sich doch zusätzlich eine Rückkehr von Niño de Elche zurück, also die Fortsetzung des vorzüglichen gemeinsamen Flamenco-Projektes Exquirla.

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Converge & Chelsea Wolfe – Bloodmoon: I – Epitaph 2021

Von Matthias Bosenick (02.03.2022)

Da geht die Post ab, besser: das Post, denn das hier auf „Bloodmoon: I“ ist Post-Allesmögliche, Post-Hardcore, Post-Metalcore, Post-Postrock, Post-Doom, Post-Sludge, Post-Progmetal, Post-Grunge, Post-Gothrock, Post-Ambient, Post-Postpunk. Dem Converge-Schreihals Jacob Bannon steht hier Chelsea Wolfe zur Seite, die dem zumeist langsam lärmenden Gesamtwerk manchmal sogar etwas von Patti Smith verleiht. Dafür fährt die Band das Hardcore-Tempo zurück, wuchtet malmend und lässt sehr viel Zeit für richtiggehend fragile Momente. So düster geht Hardcore! Eine höchst bemerkenswerte Entwicklung.

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Dream Invasion – 50 – db2fluctuation 2022

Von Matthias Bosenick (28.02.2022)

Anlass für den Track seines Projektes Dream Invasion, dessen Länge im Titel definiert ist, ist ein Posten in Erwin Jadots Leben, der mit der darin enthaltenen Nummer korrespondiert: sein 50. Geburtstag. Nun könnte man meinen, Jadot nähme sich pro Jahr eine Minute Zeit, um das Erlebte in Musik zu verpacken, und der Track wäre ein turbulenter Reigen an kunterbunten Ideen, aber weit gefehlt: „50“ ist Ambient und erweckt den Eindruck, der Komponist müsse sich nach der zurückliegenden Zeitspanne erstmal erholen. Das sei ihm gegönnt, und mit dem Album im Ohr schließt man sich ihm gern an. Eine abenteuerliche Geschichte erzählt es nämlich trotzdem, nur stiller.

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