Baroness – STONE – Abraxan Hymns 2023

Von Guido Dörheide (11.10.2023)

Geht es Ihnen auch so wie mir, dass Sie fortwährend Begriffe miteinander verwechseln, die Dinge beschreiben, die vollkommen verschieden voneinander aussehen? Oldenburg und Osnabrück, Weihnacht und Wehrmacht, Mastodon und Baroness? Nun, seien Sie völlig unbesorgt – sowas ist völlig normal und absolut kein Anzeichen einer Störung nach ICD 11. Was letztere beide betrifft, haben sie immerhin gemeinsam, dass es sich sowohl bei Mastodon als auch bei Baroness um Progressive-Metal-Bands handelt, die in Georgia beheimatet sind (Erstere in Atlanta, Zweitere in Savannah) und die Teile ihrer Wurzeln im Sludge haben und die bei mir wohl genau deshalb ähnliche Gefühle beim Hören ihrer Alben hervorrufen.

Sowohl bei Mastodon als auch bei Baroness fiebere ich jeder neuen Veröffentlichung immer schon Monate im Voraus gespannt entgegen – wohl wissend, dass eine Enttäuschung ausgeschlossen sein wird. Und so übererfüllt auch „STONE“, das neue Album von Baroness, meine Erwartungen um ein Vielfaches.

Weiterlesen
Veröffentlicht unter Album

Heatmiser – The Music Of Heatmiser – Third Man Records 2023

Von Guido Dörheide (10.10.2023)

Wir alle kennen dieses Meme (mir ist gerade so, als hätte ich erst unlängst einen Beitrag ganz ähnlich begonnen) – also dieses Meme mit der Katze und dem Text „Die Katze ging gerade rüber zu dem HomePod mini auf meinem Schreibtisch und miaute es an, und Siri sagte ‚Natürlich ist hier etwas Musik für Dich‘ und die Katze hockte sich auf die Fensterbank, Garbage und Elliott Smith hörend. Ich möchte nur wissen, wie lange das schon so lief.“

Bevor ich dieses Meme zum ersten Mal sah, hatte ich mich noch nie mit Elliott Smith beschäftigt, aber seitdem finde ich seine Musik großartig. Smith, der ungefähr genau vor 20 Jahren, am 21. Oktober 2003, unter nicht komplett geklärten Umständen, höchstwahrscheinlich aber durch Suizid, starb, spielte vor seiner Solokarriere in der Band Heatmiser aus Portland, Oregon. Sein Solowerk war hauptsächlich von melancholischem Indie-Folk geprägt, Heatmiser hingegen spielten leicht vom Hardcore beeinflussten Indie-Rock. In der Visions wurde die Musik der Band Mitte der 90er als „eine Symbiose aus den Beatles und Sebadoh“ bezeichnet – sehr schön, dass Sebadoh neben den Beatles als Referenz herangezogen wurden, und sehr schön, dass Sebadoh überhaupt als Referenz herangezogen wurden, hatte ich doch schon befürchtet, die Band wäre inzwischen zu Unrecht vergessen.

Weiterlesen
Veröffentlicht unter Album

Kleo – Viviane Andereggen/Jano Ben Chaabane – Netflix 2022

Von Matthias Bosenick (09.10.2023)

Unglaublich: Eine deutsche Serie, die nicht nur weit über handelsübliches „Tatort“-Niveau herausragt, sondern sogar die meisten Kinoproduktionen dieses Landes in den Schatten stellt! Filmisch ist die vor einem Jahr auf Netflix gestartete Serie „Kleo“ herausragend, visuell bereits, aber auch, was das Drehbuch betrifft, ein turbulenter Genremix, der mit Drama, Action und Witz die Realität verbiegt und Quentin Tarantino in die DDR verlagert. So überzeugend, dass man sogar die Logikschwächen bereitwillig akzeptiert und sie in den Dienst der guten Sache stellt: nämlich bestmögliche Unterhaltung. Mit einem schmerzhaften Stich ins Moralempfinden.

Weiterlesen
Veröffentlicht unter TV

Roger Waters – The Dark Side Of The Moon Redux – SGB/Cooking Vinyl 2023

Von Guido Dörheide (08.10.2023)

Wir alle kennen diese Memes – Roger waters while Robert plants. Und Tom waits. In the collosseum von mir aus, Hauptsache nicht in Hörweite dieses Machwerks; ehrlich gesagt wünsche ich es niemandem, nicht mal meinem Spezial-Spezi Hermann, das hier am Stück anhören zu müssen.

Eigentlich dürfte man „The Dark Side Of The Moon Redux“ nicht mal ignorieren, aber als katalytischer Konverter zur Überwindung meiner mich seit einigen Wochen heimsuchenden Schreibblockade nehme ich es gerne. Also okay, Sparringspartner, jetzt gibt es auf die Fresse!

Weiterlesen

Aphex Twin – Blackbox Life Recorder 21f / in a room7 F760 – Warp Records 2023

Von Matthias Bosenick (05.10.2023)

So hätte es vermutlich geklungen, wenn der Richard D. James von heute seinen Aphex-Twin-Glitch in den Achtzigern schon produziert hätte: Die EP, deren gewohnt kryptischen Titel „Blackbox Life Recorder 21f / in a room7 F760“ man länger zu lesen braucht als die vier Tracks zu hören, ist erfreulich rhythmisch und trotz der angewandten Manipulationen entspannt hörbar. Es sind melodische Tracks, die man sich im Radio dennoch nicht vorstellen kann, dafür bastelt der Ire da viel zu viel dran herum, aber er baut Sounds ein, die man aus dem Synthiepop der Achtziger kennt. Wie man diese Tracks damals wohl aufgenommen hätte? Auf Kassette!

Weiterlesen

The Smile – Europe: Live Recordings 2022 – XL Recordings 2023

Von Matthias Bosenick (05.10.2023)

Die dreiköpfige Supergruppe The Smile ist mehr als nur ein hochkarätiges Studioprojekt, die Briten können ihre Kunstrockmusik auch live darbieten, und wer im zurückliegenden Jahr die Konzerte verpasste, bekommt die Möglichkeit, auf dieser 12“ einiges nachholen zu können. Fünf der sechs Songs sind dem Debütalbum „A Light For Attracting Attention“ entnommen, eines, „Feelingpulledapartbyhorses“, ist ein von Jonny Greenwood komponierter Radiohead-Song, den Sänger Thom Yorke 2009 als Solo-Single herausbrachte. Diese EP präsentiert nun auf der A-Seite die knackigeren Stücke, die Songs sind nervös hektisch und eignen sich besser zum Durchhören als das Album, und auf der B-Seite die gebremsten Experimente, denen man sich in aller Ruhe widmen muss. Kurios: Aus den Streaming-Angeboten ist die EP wieder verschwunden, man muss also schon die limitierte Vinyl-12“ haben.

Weiterlesen

Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Szenen einer Ehe: Fleishman is in Trouble

Von Onkel Rosebud

Der Serientitel „Fleishman is in Trouble“ hat meine Freundin abgeschreckt, sich dafür näher zu interessieren. „Fleischmän“ klingt nach einem unsexy Superhelden, dessen Kräfte was mit Zervelatwurst, Putensalami oder Bifi zu tun haben, meinte sie. Huh! Da sie aber gern mal ein Buch liest, schmuggelte ich ihr das gleichnamige Druckerzeugnis der Journalistin Taffy Brodesser-Akner unter den Gabentisch. Denn der Roman befasst sich unter anderem mit dem Wesen einer Beziehung, insbesondere mit der Belastung, wenn die Partnerin die Hauptverdienerin ist. Das fand ich spannend.

Weiterlesen

The Chemical Brothers – For That Beautiful Feeling – Virgin 2023

Von Matthias Bosenick (04.10.2023)

Ja, wir Neunziger-Kids halten an unseren alten Helden fest, wir bleiben den einstigen Sounderneuerern treu. Zumindest, so lang sie sich nicht selbst an den Kommerz oder an sonstwen verraten. The Chemical Brothers sind dafür bis heute zu unangepasst, daher bleiben sie auf dem Aufmerksamkeitsradar, sobald sie etwas Neues herausbringen, und das vollbringen die Brüder Ed Simons und Tom Rowlands seit fast 30 Jahren zuverlässig. Auch wenn es längst keine Knallerhits aus der fetten Bigbeat-Schmiede mehr gibt, sondern eher DJ-Sets aus miteinander verbundenen Dancetracks mit dezidierten Gastsängern und den typischen Hupen und Sirenen. „For That Beautiful Feeling“ hätten die ChemBros indes ihre Samplevielfalt und die Gastbeiträge etwas erweitern dürfen, ansonsten ordentlich, Jungs!

Weiterlesen
Veröffentlicht unter Album

Automat – Heat – Compost 2023

Von Matthias Bosenick (29.09.2023)

Was macht man in der Hitze für Musik an? Chillige, trippige, dubbige am besten. Also „Heat“ von Automat, der Indie-Supergruppe minus Jochen Färber, der nicht mehr mitspielt. Dafür gibt’s einen Stapel anderer Gäste, die in Wort und Ton das Ihrige zu dieser organisch-elektronischen Reggae-Dub-Downbeat-Kopfnick-Chillplatte beitragen. Bassist Zeitblom, Schlagzeuger Achim Färber und Keyboarder Max Loderbauer fläzen sich am Jamaikanischen Strand, den sie eigens in einem Berliner Club aufhäuften, und knabbern an einem Toast aus London. Hier haben sogar die bunten Getränke ein Echo. Und die Musik ist so warm wie der Titel des Albums, das es physisch überdies ausschließlich als Doppel-LP gibt.

Weiterlesen

Thierry Arnal – The Occult Sources (Original SoundTrack) – Atypeek Music 2023

Von Matthias Bosenick (28.09.2023)

Bei „The Occult Sources“ muss es sich um einen enorm bedrückenden Horrorfilm handeln, nimmt man den Soundtrack von Thierry Arnal aus Lyon als Hinweis (ist es aber nicht, es ist offenbar Kunst). Seine 20 verlangsamten Tracks in einer Stunde Spielzeit hält er minimalistisch, kreuzt kaum mehr als zwei, drei Geräuschquellen pro Track, verliert sich abwechselnd in Drones, Pulsieren, demolierten Melodiefragmenten, pluckerndem Industrial und Noise und vollbringt all dies auf eine Weise, die einen sehr leichten Zugang zu diesem Abgrund ermöglicht. So viel Dunkelheit! Und dabei auch noch so schön. Entspannungsmusik für gutgelaunte Überdrüssige.

Weiterlesen
Veröffentlicht unter Album