Kurt Vile – Back To Moon Beach – Verve Records 2023

Von Guido Dörheide (12.12.2023)

Manchmal ist es schön, wenn ein Sänger/Songwriter/Gitarrist eine großartige Band verlässt, um eine Solokarriere zu starten, weil dann kann man beide feiern. So geht es mir bei The War On Drugs und ihrem Mitbegründer Kurt Vile (nicht konfus zu sein mit Kurt Weill), deren Wege sich Ende 2008 trennten. Seither haben sowohl der Krieg auf Drogen als auch Kurt Vile einige Großtaten veröffentlicht (auf Viles Seite schlagen dabei vor allem „Smoke Ring For My Halo“ (2011) und die Kollaboration mit Courtney Barnett „Lotta Sea Lice“ (2017) zu Buche). Noch im letzten Jahr veröffentlichte Vile das ganz hervorragende „(watch my moves)“, um heuer das nicht minder großartige „Back To Moon Beach“ nachzuschieben.

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Devin Townsend – Infinity 2023/Devolution Series 3: Empath Live In America – InsideOut Music 2023

Von Matthias Bosenick (12.12.2023)

Mit „Christeen“ und „Bad Devil“ warf Devin Townsends Solo-Album „Infinity“, das er nach seiner Bipolare-Störung-Diagnose erstellte, 1998 zwei gutgelaunte Power-Metal-Bretter ab, das ganze Album war überhaupt voller Mosthymnen – sowie Zappaesken und Ambienttracks. Weil er aber damals vom Label zu Eile gedrängt war, schafften es nicht alle seiner Songskizzen aufs Album; einiges erschien auf der „Infinity EP“, wieder andere Sachen als Bonus auf einer zweiten Auflage der CD. Bei Devin Townsend ist ziemlich klar, dass Songs, die er als Demo kennzeichnet, oftmals besser ausgearbeitet sind als andere Leute fertigproduzierte Alben, so auch hier. 2023 remastert Devin nun das Album, posiert abermals nackig fürs Cover – und bringt die verteilten Bonus-Tracks als gebündelte Bonus-CD heraus. Ein sammlerfreundlicher Fanservice, den er gern mit späteren verstreuten Songs ebenfalls vornehmen darf.

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Go Ahead And Die – Unhealthy Mechanisms – Nuclear Blast 2023

Von Matthias Bosenick (11.12.2023)

Was sind Sepultura eigentlich so ganz ohne die Cavalera-Brüder? Ach so, muss die brasilianische Thrash-Metal-Band seit 1996 und 2006 sowieso auskommen. Ein gewitzter Anlass für Max und Igor, nach einem Gig ein Schild hochzuhalten, auf dem sie die Nichtexistenz Sepulturas ohne sie festlegen – Anlass war die Ankündigung von Sepultura, sich 2024 zum 40. Geburtstag aufzulösen. Zwar sind mit Andreas Kisser und Paulo Jr. zwei altgediente Musiker noch dabei, aber strenggenommen keine Gründungsmitglieder. Und was machen die Cavaleras derweil? Bringen mit „Unhealthy Mechanisms“ das zweite Album ihres neuen Projektes mit dem treffenden Namen Go Ahead And Die heraus. Drauf ist, wofür man Sepultura kennt: Riffs und Grooves, schwer bis schnell, in die Fresse gespielter Thrash Metal. Trotzdem darf man Sepultura vermissen, auch mit Derrick Green waren sie noch geil. Sind, noch gibt’s sie ja.

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Vince Clarke – Songs Of Silence – Mute 2023

Von Matthias Bosenick (10.12.2023)

Na klar, Depeche Mode, Yazoo, Erasure, das kennt man, VCMG sicherlich auch noch, The Clarke & Ware Experiment oder The Assembly schon nicht mehr so genau, die ganzen anderen Projekte auch nicht: Der als Vincent John Martin geborene Synthiepopheld Vince Clarke aus Basildon ist seit den Siebzigern musikalisch unterwegs und veröffentlicht erst 2023 ein als Soloalbum deklariertes Werk. Den Titel „Songs Of Silence“ nimmt er nur halb genau, weil auf diesem die Stille durchaus bedienenden Album keine Songs enthalten sind. Sondern Ambient-Experimente mit geringsten bpm-Werten und mehr Soundscapes als Melodien. Das kann er, und selbst, wenn man dies mit seinem Achtziger-Synthiepop nicht in Einklang bringen kann, finden sich sehr wohl Analogien in seiner Discographie. „Songs Of Silence“ passt perfekt in den tiefsten Winter.

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Nopamin & HUM – Burning Air – Nopamin/HUM 2023

Von Matthias Bosenick (09.12.2023)

Was kommt dabei heraus, wenn der Gitarrist und der Schlagzeuger zweier Heavy-Stoner-Bands zusammen Musik machen? Klar: melodischer Drum And Bass, was sonst! Harri Gottschalk, Gitarrist bei HUM, und Johannes Melchior alias Nopamin, Schlagzeuger bei Peoples Temper, erschufen zusammen den Track „Burning Air“. Hier kommen groovender Trance, D’n’B-Tanzbarkeit und atmosphärische Melodien zusammen, eine schöne Ausgangslage für mehr.

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Die drei ???: Böser die Glocken nie klingen – Europa/Sony Music 2023

Von Matthias Bosenick (08.12.2023)

Zum fünften Mal versuchen sich die Autoren der Drei Fragezeichen an einem Adventskalender-Fall, der sich also über 24 Türchen erstreckt. Im Falle von „Böser die Glocken nie klingen“ bedeutet dies: dreieinhalb Stunden auf sechs LPs, die Box ist teurer als alles, was es bisher von den drei Detektiven als Hörspiel zu kaufen gab. Den Fall erdachte André Minninger, der seit über 20 Jahren als Skriptautor die Hörspiele versaut, und genau so gestaltet sich dieser Fall auch: langatmig, labernd und konfus. Positiv ist: Die Box sieht geil aus, jede LP hat ein eigenes Sleeve, schick! Aber: Man darf sich vor der regulären Folge 225, „Der Puppenmacher“, im Januar nur fürchten: Es werden fünf LPs. Mit Minninger ist da leider einiges an Langeweile zu befürchten, denn so lang ist das Buch dazu ja gar nicht.

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Leda Atomica – Leda Atomica – Exil/Roy II 1986/Atypeek 2023

Von Matthias Bosenick (08.12.2023)

In Marseille etablierte sich in den Achtzigern ein musikalisches Kunstprojekt, das bis vor wenigen Jahren aktiv war und unendliche Alben und Nebenarme abwarf. Eines der frühesten musikalischen Dokumente ist das 1986 erschienene selbstbetitelte Tape „Leda Atomica“, auf dem das Kollektiv synthetisch unterfütterte Kunst machte, minimalistisch, stimmlastig, expressionistisch, theatralisch, experimentell. Bei dieser Synthiemusik geht es nicht um Beats und Tanzbarkeit, hier geht es ums Zuhören und, ja, Genießen des Ausdrucks, den die Künstler suchten. Musik wie diese sah sich seinerzeit und auch heute noch vornehmlich an gruftigen Genres wie Darkwave oder Minimal-Synth angedockt, die Band selbst schlug hernach aber ganz andere Wege ein. Das nach einem Gemälde von Salvador Dalí benannte Projekt lässt mit diesem nun digitalisiert verfügbaren Tape tief in die französische Experimental-Geschichte eintauchen.

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Darwells – Life – Darwells 2023

Von Matthias Bosenick (07.12.2023)

Retro ist heute nicht mehr nur an den Sechzigern und Siebzigern ausgerichtet, inzwischen sind ja auch die Neunziger lang her, und es ist irgendwie retro, wenn man als junge Band klingt wie die vor 30 Jahren. Die Darwells aus Südfrankreich machen auf ihrer zweiten EP „Life“ Power-Indierock mit Riff-Verschachtelungen, Mitgrölchören im Refrain und einer Powerballade am Schluss. Das machen sie gut, handwerklich wie kompositorisch – kennt man nur aber schon, wenn man die Neunziger bewusst miterlebte.

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Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Im Windkanal mit Beyoncé

Von Onkel Rosebud

Ich gebe zu: Von der Künstlerin Beyoncé habe ich kaum eine Ahnung. Sie war in den Neunzigern in irgendeiner Girlband und damit eine der ersten erfolgreichen Woman of Colour, hat es zweimal auf ein Spex-Cover geschafft und ist mit so einem Typen liiert, der ein einflussreicher Hip-Hop-Musiker sein soll. Außerdem scheinen geschlossene Ober- und Untertrikotagen nicht ihr Ding zu sein. Ich erinnere mich auch, mal irgendwo gelesen zu haben, dass eine australische Pferdebremse nach ihrem Hinterteil benannt wurde…

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Sâver – From Ember And Rust – Pelagic Records 2023

Von Matthias Bosenick (06.12.2023)

Härte ohne Tempo, Schönheim im Lärm: Die Herausforderung, das schwierige Album nach der großen Aufmerksamkeit zu erstellen, meistert das Sludge-Doom-Trio Sâver aus Oslo damit, dass es sein zweites Album „From Ember And Rust“ einfach mal extrem geil sein lässt. Erwartungshaltung, Erfolgsdruck, scheiß was drauf, die drei machen einfach, worauf sie Bock haben, und das ist ohnehin die allerbeste Kreativitäts-Erfolgsformel. Dem kommt wohl zugute, dass alle drei Musiker bereits auf langjährige Erfahrung zurückblicken können – sie bündeln ihre Kompetenzen in Sâver und beglücken eine wachswende Gefolgschaft, die sich nach „From Ember And Rust“ noch vergrößern dürfte. Denn Sâver erweitern das Spektrum: Den neu für sich entdeckten Moog von der „Emerald“-Split-EP mit Psychonaut haben sie auf diesem Album auch untergebracht.

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