Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Shameless: Was riecht hier so? Ist das Kotze oder teurer Käse?

Von Onkel Rosebud

Die Serienwelt meiner Freundin ist übersichtlich, Sie teilt sie in vier Prioritäten: 1. Romantik, 2. Das Gute gewinnt (oder wie sie sagen würde: „irgendwas mit Superhelden-Ringe-Drachen-Laserschwert“), 3. Whodunnits und 4. den Rest, dem ich anheimgefallen bin.

Zum Besten, was uns in der vierten Kategorie jemals passiert ist, gehört die uns seit Jahren begleitende US-Version der Serie „Shameless“. (Das Original ist britisch, auch gut, aber nicht besser als das Remake.) In insgesamt 134 Folgen (verteilt auf 11 Staffeln) wird das Alltagsleben einer prekären Familie behandelt. Im Mittelpunkt stehen sechs Kinder, die sich größtenteils selbst versorgen, da ihre Mutter die Sippe vor Jahren verlassen hat, und ihr Vater, ein Alkoholiker, keine Hilfe darstellt. Es geht darum, wie Menschen in Armut versuchen, über die Runden zu kommen, in einer würdelosen Welt die Würde zu behalten und auch aus noch so beschissenen Situationen etwas Gutes rauszuholen. Diese Themen sind ein Trigger für uns, weil wir beide auch mit beschissenen Jobs, die schlecht bezahlt wurden, in die letztendliche Unabhängigkeit gestartet sind.

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Spezial: Head Perfume Records/Windlustverlag

Von Matthias Bosenick (28.02.2024)

Mit drei neuen Zugpferden aus zweien seiner Ställe macht René Seim dieser Tage auf sich aufmerksam: Der Verleger und Labelbetreiber aus Dresden stellt dem europäischen Publikum das retroselige Surfpunk-Duo Turnstyles mit der Best-Of-CD „Variations“ vor und teast das kommende Album des italienischen Rock’n’Roll-Trios Faz Waltz mit der 7“ „Rave A-Comin‘/Jackal Hop“. Außerdem legt er das Best-Of-Büchlein „Mach dich hübsch, spring ins All und komm am Sonntag wieder“ mit seinen eigenen Gedichten aus über zehn Jahren Lyrikerdaseins mit einigen Bonus-Tracks zum dritten Mal auf.

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Shit And Shine – Masters Of All This Hell – Antibody 2024

Von Matthias Bosenick (27.02.2024)

Was für ein Wespennest: Unter seinem Alias Shit And Shine macht der in London tätige Texaner Craig Clouse eine Art Rhythm And Noise, also fragmentarisch mit Melodien gelooptes Electro, das direkt auf den Körper zielt. „Masters Of All This Hell“ erscheint nur folgerichtig auf einem Belgischen Label – als grob gepeilt Album Nummer 32 seit 2004, EPs und Singles nicht mitgezählt. Und seine Aktivitäten in Noiserock-, Hardcore- und Grindcore-Bands. Erstaunlich, dass die Qualität bei so einem Output trotzdem so groß ist: „Masters Of All This Hell“ fällt zwar aus der Zeit, weil die Wurzeln solcher Musik auch schon über 40 Jahre alt sind, aber Clouse bedient sich über den Tellerrand hinaus und weiß, was er da macht. Shit And Shine, soso.

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The Smile – Wall Of Eyes – XL Records 2024

Von Matthias Bosenick (26.02.2024)

Radiohead sind sakrosant, und alles, was auch nur irgendwer aus dieser Band künstlerisch verrichtet, ist dies gleich ebenfalls. Bei dem Trio The Smile sind gleich zwei von Radiohead dabei, mit Thom Yorke sogar die Stimme, was den Bezug zum Mutterschiff für Fans natürlich erleichtert und den Zwang zum Zugreifen erhöht. „Wall Of Eyes“ ist nun schon das zweite Album dieses Projektes, und man erwischt sich als Fan und Verteidiger inzwischen sehr dabei, dass man zwar die musikalische Finesse erkennt, aber das Ergebnis nicht mehr so ganz uneingeschränkt erträgt. Ja, das ist Kunst, und dafür ist es auch noch sehr überraschend populär, doch längst gibt man den Stimmen Recht, die gerade die Stimme von Thom Yorke nicht ertragen können. Sein hohes Winseln übertüncht die herausragende Musik, weil es der nämlich auch noch an Durchschlagskraft fehlt. Den Status von Talk Talk erreichen sie so jedenfalls nicht, trotz aller dahin deutender Anlagen.

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Ulrike Rank – Ralf Rabinski (5) und das verknickte Vergissmeinnicht – Samsonido Productions 2023

Von Matthias Bosenick (25.02.2024)

Das kann man gar nicht anders als süß finden – und gehaltvoll: Eigentlich erzählt Ulrike Rank mit den Hörspielen um das flugunfähige Rabenküken Ralf Rabinski ja nette Tiergeschichten für Kinder zwischen Kita und Grundschule, aber ihr gelingt das Kunststück, Haltung, Moral und Werte einzubauen, ohne dafür einen erhobenen oder sonstwie aktiven Zeigefinger anwenden zu müssen. Psychologisch geschickt und erzählerisch ansprechend berichtet sie in der fünften Ausgabe „… und das verknickte Vergissmeinnicht“ von der Suche des versehentlichen Streuners nach einem Geburtstagsgeschenk für seine beste Freundin. Weil die Produktionskosten für Tonträger mittlerweile von solchen kleinen Produktionsteams nicht mehr zu stemmen sind, gibt’s Booklet und Hörspiel dieses Mal vertauscht: Die Audiodatei mit Gruftgrößen wie Oswald Henke und Sonja Kraushofer gibt’s als Download zu einem großen Buch. Ein akzeptabler Tausch.

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AVA Trio – The Great Green – Tora Records 2024

Von Matthias Bosenick (23.02.2024)

Wie sehr das antike Griechenland kulturell orientalisch geprägt war, arbeitet das in Amsterdam angesiedelte und international besetzte AVA Trio auf seinem vierten Album „The Great Green“ heraus: Zu den Bariton-Saxophon-, Sackpfeifen- und Flötentönen hat man Orientalischen Tanz vor Augen, die percussiven Rhythmen greifen diesen Eindruck auf, und dazu groovt der Bass. Das „AVA“ im Bandnamen steht nicht von ungefähr für Avantgarde: Grundsätzlich operiert das Trio im Jazz, aber selbst dieses ohnehin schon für Grenzenlosigkeit bekannte Genre erweitert das Trio noch. Und erzählt die Geschichte von einem, der auszog, die Farbe Blau zu entdecken.

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blackhole-factory – Eisen + Stein – blackhole-factory 2024

Von Matthias Bosenick (22.02.2024)

Wir befinden uns in einer weltvergessenen Kathedrale und wir hören der Mutter Oberin dabei zu, wie sie die Geister der Moderne austreibt. So klingt „Eisen + Stein“, der Zusammenschnitt zweier Performances, die das Duo blackhole-factory vor 14 Jahren in einer leeren MIAG-Industriehalle aufführte, die direkt gegenüber ihrer damaligen Zentrale gelegen war, der Kunstmühle zu Braunschweig. Mit dem, was sie in der echoreichen Halle vorfand, generierte Elke Utermöhlen ein dem Found-Footage-Industrial nahes Rascheln, Rasseln und Knallen und sang dazu wortlose Melodien. Martin Slawig nahm das Ganze auf, sonst wäre uns diese 22-minütige Erinnerung an diese für deren Verhältnisse bodenständige Aktion entgangen. Eine Einladung zum gepflegten Gruseln!

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Solbrud – IIII – Vendetta Records 2024

Von Matthias Bosenick (21.02.2024)

Anstatt dass jeder der – alten! – vier Musiker der Kopenhagener Black-Metal-Institution Solbrud wie weiland Kiss ein eigenes Soloalbum herausbringt, bekommen sie alle jeweils eine LP-Seite des Doppel-Vinyls „IIII“ zur Verfügung (und ebenso eines der vier Elemente zugeordnet), um sich kompositorisch auszutoben. Das Ergebnis spricht für sich: Wer weiß, was ein Veto so alles verhindert hätte – so ist es eines der am weitesten die Grenzen verlassenden Black-Metal-Alben überhaupt, mit Ausflügen in Progrock, Akustik-Folk und Classic Rock der Siebziger. Selbst die heute schon fast typischen Anteile an Ambient und Post Rock erweitern das eigene Spektrum der Band, dabei kommt der flächige, epische und blastbeatige Black Metal hier ebenfalls nicht zu kurz. Das Warten hat sich gelohnt!

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Dez Dare – A Billion Goats. A Billion Sparks. Fin. – God Unknown Redords 2024

Von Matthias Bosenick (20.02.2024)

Zum vierten Mal entrümpelt Dez Dare seine Garage, oder besser: Er sortiert sie um, räumt die sperrigen Staubfänger auf links und sieht zu, dass es dabei nicht allzu sauber zugeht. Nach wie vor ist das Fuzz-Pedal sein liebster Gehilfe, dieses Mal schiebt er aber noch einige beim Nachbarn geklaute Gerätschaften dazu, zum Beispiel einen Synthesizer. Sein „A Billion Goats. A Billion Sparks. Fin.“ rückt wieder etwas ab vom dominanten Stoner des Vorgängers, der alte Punk-Haudegen billigt jedem der elf Songs einen eigenen Charakter zu. Hauptsache, irgendwas mit Garage!

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Schubmodul – Lost In Kelp Forest – Tonzonen Records 2024

Von Matthias Bosenick (19.02.2024)

Unendliche Weiten … im Meer: „Lost In Kelp Forest“ ist ein Konzeptalbum, das unter Wasser angesiedelt ist. Dafür stockte das Duo Schubmodul aus Bochum seine Belegschaft sogar eigens zum Trio auf. Zu Hören gibt es treibenden Indie-Rock, dem eine Zuneigung zu Stoner, Grunge, Psychedelik oder Postrock nicht abzusprechen ist. Der Clou beim Schubmodul ist indes, dass sie komplett ohne Gesang auskommen. Ob man sich in der submarinen Thematik jetzt musikalisch wiederfindet oder nicht, ist dabei unerheblich: Tauchmusik stellt man sich zwar schon irgendwie anders vor, aber das ändert nichts an der vielseitigen Qualität von „Lost In Kelp Forest“.

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