Von Matthias Bosenick (14.03.2024)
Was wäre die Kultur ohne Hans-Peter Lovecraft! Mit dem instrumentalen Erich Zann Ensemble aus Mainz und dessen Debüt „Bieber Sessions“ nähert sich eine neue Band dem Horrormeister an und generiert eine schwer zu kategorisierende, aber wohlklingende Musik, ganz nach dem Vorbild aus der Kurzgeschichte „The Music Of Erich Zann“. Der titelgebende Bieber indes ist nicht der Justin, sondern das Örtchen bei Offenbach, in dem das multipel besetzte Ensemble sein Album aus Jazz, Pop, Psychedelik und anderem Eigensinn einspielte. Ein Blick aus dem Fenster während des Musikgenusses dürfte dennoch folgenlos bleiben, und das ist auch ganz gut so.
Archiv des Autors: Van Bauseneick
Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Wer hat den Hummus erfunden?
Von Onkel Rosebud
Vom kruden Humor des mittlerweile fast Hundertjährigen Mel Brooks, der eigentlich Melvin Kaminsky heißt, mag man halten, was man will, doch seine Parodie-Filme „Spaceballs“ oder „Robin Hood: Men In Tights“ konnten meiner Freundin das ein oder andere Lächeln abringen. Immerhin ist er einer der wenigen Mitglieder der sogenannten EGOT-Truppe, d.h. Künstler bzw. Komiker, die im Laufe der Karriere mit den vier wichtigsten Auszeichnungen der US-Unterhaltungsbranche ausgezeichnet wurden, aber was hat das heute noch zu bedeuten. Mein Favorit seines filmischen Schaffens ist „Die verrückte Geschichte der Welt Teil 1“. Vor allem wegen der Steinzeit-Szenen. In einer entdeckt der Urmensch zufällig die Musik, indem ihm bei der Arbeit ein Stein auf den Fuß fällt. Daraufhin schreit dieser vor Schmerz und das Schlagen mit Steinen auf unterschiedliche urmenschliche Füße gebiert Laute, aus denen eine frühe Fassung von Georg Friedrich Händels „Hallelujah“ zu erkennen ist. Ist sicherlich etwas schlichter Humor, aber recht unterhaltsam und schön doppeldeutig.
WeiterlesenVorus – Desolate Eternities – Loud Rage Music 2024
Von Matthias Bosenick (12.03.2024)
Mit ihrem dritten Album „Desolate Eternities“ markiert die rumänische Death-Metal-Band Vorus ihre Existenz als Quartett erstmals in Albumform. Ein Gitarrist mehr bedeutet mehr Gegniedel zu Blastbeats und Grunzen, der musikalische Terror bekommt kunstvolle Schnörkel. Vampirisch geht es bei der Band aus Deva in Siebenbürgen höchstens thematisch zu, das lässt sich trotz Songtiteln wie „Blood-Sucking Leech“ nicht so einfach ermitteln, läge aber nahe; musikalisch ist das jedenfalls viel zu heavy für Gruftmucke, dunkel ist es allemal.
Spezial: addicted/noname Label aus Moskau, Teil 16
Von Matthias Bosenick (05.03.2024)
Neue und alte Musik vom Moskauer Label addicted/noname! Dieses Mal mit Doom-Stoner von Clarity Vision, Impro-Prog und Afro-Beat von DEEBBBB, Doom-Metal von Dekonstruktor, hyperaktiven Alles-Mashup von Detieti, Sludgecore von JWH, psychedelische Folklore von KissLiar, Screamo-Sludge von Polarnik, organischem Dub-Rap von REBBBB, Stoner Rock von Spaceking, Depri-Doom von Thy Grave, reduziertem Piano-Indie-Rock von Verba, durchgeknallter Allesmusik zwischen Folk, Psychedelik, Jazz und sonstwas von Голуби и Безумные Кашевары, Noiserock von Резина, Hip-Hop-Noisepunk von Рудольф, psychedelisch-schamanischem Folkrock von Шаййм und tanzbarem Garage-Surf-Rock von Шон.
Wittmann/Zeitblom – Sarah Jane (Hörspiel) – ARD-Audiothek 2023
Von Guido Dörheide (07.03.2024)
Seit ich Ende Januar meinen Wohnsitz von der Stadt ins Mittelgebirge verlegt habe und zweimal pro Woche mit dem Fahrzeug morgens eine gute Stunde lang durch die Gegend fahre, vorbei an der Okertalsperre und an Bestattungshaus Benz (der Mercedes unter den Bestattungen, wie ich immer denke, wenn ich daran vorbeifahre) in Harlingerode und schließlich durch Salzgitter-Thiede und über die Tangente zum Braunschweiger Flughafen (Airport Ferdinand Piëch International, wie ich angesichts des dortigen Hauptnutzers immer sage) und abends wieder zurück, habe ich jede Menge Zeit zum Hören spannender Hörspiele. Neben dem mehr als hörenswerten NDR/Radio Bremen-Podcast „Das Werder-Märchen 2004. Die Double-Saison reloaded.“, den ich im Jahresrückblick erwähnte und von dem immer noch mit stoischer Gleichmäßigkeit jede Woche eine neue Folge erscheint, habe ich mich auf die Thriller-Serie „Knallhart“ aus derselben ARD-Audiothek eingeschossen. Jahaa – ich beherrsche bisweilen auch mit spitzer Feder gedrechselte abgeschmackte Formulierungen wie „auf die Thriller-Serie eingeschossen“, zwinker zwinker!
WeiterlesenHannes Grossmann – Echoes Of Eternity EP – Hannes Grossmann 2024
Von Guido Dörheide (05.03.2024)
Hannes Grossmann, Ex-Schlagzeuger von mindestens Necrophagist (auf deren drittes Album die Technical-Death-Metal-Gemeinde seit 20 Jahren wartet wie weiland alle übrigen Menschen auf sagen wir mal „Smile“ oder „Chinese Democracy“ oder den vierten Roman von Wolfgang Koeppen), Obscura und Blotted Science sowie amtierender Schlagzeuger von Alkaloid, bringt in regelmäßigen Abständen sehr gute Veröffentlichungen unter seinem eigenen Namen heraus, zumeist im Technical Death- und Progressive Metal beheimatet und immer mit guten Musikern an seiner Seite.
WeiterlesenJane – Live ’88 – Sky Records/Sireena 1988/2024
Von Matthias Bosenick (04.03.2024)
Zeitreise zurück in die Achtziger, als Mainstreamrock noch voller Keyboards sein durfte und man an großen Gesten und Gegniedel seine wahre Freude hatte. Ein nur in geringer Auflage produziertes Live-Album aus dem Jahr 1988 buddeln die Schatzsucher von Sireena hier aus, das sogar vorletzte Album, das unter dem ursprünglichen Namen Jane ohne Prä- oder Postfixe erschien – es folgte ein weiteres Live-Album im nächsten Jahr, danach zersplitterten sich die Hannoveraner, die einst als Kraut- und Progrocker begannen. Als Gast ist hier unter anderem der eigentlich längst ausgeschiedene Charly Maucher dabei. „Live ‘88“ klingt exakt nach der Zeit, in der es entstand, und das, obwohl sich Jane vorrangig bei ihrem Siebziger-Material bedienen, mit Hymnen, Balladen, Soli und einer gehörigen Schippe Kitsch – und macht trotzdem überraschend viel Spaß.
Grandaddy – Blu Wav – Dangerbird Records 2024
Von Guido Dörheide (29.02.2024)
Grandaddy aus Kalifornien mag ich, schließlich sind sie Urheber des Lieblingssongs aller in der Luftfahrt Beschäftigten (mit Ausnahme der Luftfahrzeugführenden): „He’s simple, he’s dumb, he’s the pilot“.
Grandaddys Masterbrain Jason Lytle ist nie verlegen um grandiose Songtitel, das Sammelsurium vergangener Großtaten wie „El Caminos In The West“, „It Was A Silent Night At Least Until Jeff Lynne Arrived“ oder „Broken Household Appliance National Forest“ wird auf dem neuen, „Blu Wav“ betitelten Werk um Titel wie „You’re Going To Be Fine And I’m Going To Hell“ (ein Lied, das von Lytles Ehescheidung handelt), „Yeehaw AI In The Year 2025“ oder „Let’s Put That Pinto On The Moon“ ergänzt.
WeiterlesenAlessandro Adelio Rossi – Òpare – DDDD 2023
Von Matthias Bosenick (01.03.2024)
„Òpare“ ist ein elektronisch erstelltes Album, das man ganz gut unter Klassik einsortieren könnte, wenn Ambient allein nicht ausreicht. Als zurückgenommene minimalistische Kammermusik bildet der Experimentalmusiker Alessandro Adelio Rossi aus Bergamo die Woche von Montag bis Samstag ab, unterteilt nach Tageszeiten, und wenn man sich vorstellt, dass die meisten Tracks den Morgen behandeln und dass der Künstler in Bergamo nahe Mailand lebt, dann müssen diese Tage brütend heiß beginnen, so chillig, wie die Musik dazu ausgefallen ist. Das Album, zu Deutsch ungefähr „Hoppla“, beinhaltet hauptsächlich Soundkulissen, akustische leere Landschaften, Klangtapeten und erst spät einen Rhythmus und konkretere Strukturen. Wunderschön watteweich, ein Labsal im stressigen Alltag.
Crust – Dissolution – Avantgarde Music 2023
Von Matthias Bosenick (29.02.2024)
Aber warum nicht mehr auf addicted/noname? Ihr neues Album „Dissolution“ veröffentlichen Crust aus Weliki Nowgorod (Вели́кий Но́вгород) in Nordwestrussland auf dem italienischen Label Avantgarde Music. Ansonsten bleibt alles wie gehabt: Das Trio schert sich einen feuchten Kehricht um Genregrenzen und bringt alles zusammen, was dreckig ist und irgendwie mit extremen Spielarten des Metal zu tun hat, und weil extrem allein auf Dauer langweilt, sind die drei auch noch ausnehmend virtuos und leben ihre Spielfreude voll aus. Hier treffen Doom und Sludge auf Death und Thrash, etwas klassischer Heavy Metal, modernerer Black Metal und Punkrock mogeln sich auch auf die Bänder. „Dissolution“ ist das fünfte Studio-Album in fast zehn Jahren, und jedes Album von Crust lohnt sich.