Von Matthias Bosenick (03.04.2024)
Was ein schöner Titel: „A Sparkle On The Dark Water“, quasi die Perle in der Scheiße, der Hoffnungsschimmer in der Finsternis – und so hört sich das zweite Album des Duos Pinhdar aus Mailand auch an. Dunkler, atmosphärischer, warmer Synthie-Wave mit Gitarren, der einen alleinstehenden Mittelpunkt findet zwischen beispielsweise Portishead, Cocteau Twins und Dead Can Dance, zwischen Fragilität und ruhender Stärke. Es gelingt Sängerin und Keyboarderin Cecilia Miradoli und Gitarrist Max Tarenzi vortrefflich, das Glitzern auf dem dunklen Wasser herauszuarbeiten.
Archiv des Autors: Van Bauseneick
Stop Making Sense – Jonathan Demme – USA 1984
Von Matthias Bosenick (29.03.2024)
Alle zehn Jahre kann man sich „Stop Making Sense“, den Konzertfilm der Talking Heads, im Kino angucken. Der wird nicht älter! Eher aktueller: Analog gespielte Tanzmusik auf sich steigerndem Energielevel, eine divers besetzte Band, größtmögliche Party bei bester Laune, grandios gefilmt und performt. Zum 40. Geburtstag des Film gibt’s ihn jetzt wieder im Kino, in ausgewählten sogar in 4K, mit allem, was man an ihm liebt – den Hits, dem Kassettenrekorder, dem Tanz mit der Stehlampe, dem Big Suit, dem vom Tina Weymouth angeführten Tom Tom Club, Bernie Worrell und den ausgelassenen Tänzen der Musizierenden und Singenden. Ein Fest! Immer wieder.
Tanks And Tears – Timewave – Swiss Dark Nights 2024
Von Matthias Bosenick (28.03.2024)
Diese „Timewave“ reicht 40 Jahre zurück: Sieben Jahre nach dem Debüt-Album „Aware“ reicht die zwischendurch zum Quartett angewachsene Band aus Prato bei Florenz ihr zweites Album nach. Veränderungen gab es nicht nur durch den Zuwachs eines Keyboarders, auch durch die weltweit bekannte Einschränkung bei der Entstehung des Albums: Corona zwang die vier zum Homerecording und digitalen Zusammenführen der Files. Damit macht die Band einen erheblichen Schritt weg von Waverock und Postpunk zu Synthiepop und Indie-Electro der Achtziger. Selbst das Instrumentarium ist authentisch, daher ist die Platte so retro, als wäre sie bereits 40 Jahre alt. Mit ihren guten Songs rechtfertigen Tanks And Tears diesen Rückgriff – „Timewave“ versetzt die Hörenden zurück in die dunklen Ecken der Achtziger.
Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Liebe, Tod, Teufel und Sibel Kekilli
Von Onkel Rosebud
Meine Freundin hat die Schauspielerin Sibel Kekilli zum ersten Mal in „Game Of Thrones“ in der Rolle als Shae im Jahr 2011 wahrgenommen und war begeistert. Sie spielt da eine junge, hübsche Prostituierte, die einige Zeit die Geliebte von einem der wenigen sympathischen Hauptprotagonisten der Serie sein darf. Aber eigentlich war es andersherum: Sie bestimmte, dass er sie „durfte“, und das machte den Reiz ihrer Figur aus.
WeiterlesenThe Cassandra Complex – Death & Sex/The Plague (CX40 Version) – COP International 2024
Von Matthias Bosenick (27.03.2024)
Hier treffen gleich zwei unschöne Ereignisse aufeinander: das Comeback und die Neueinspielung alter eigener Songs. Im Falle von The Cassandra Complex, ursprünglich aus Leeds, findet dies gottlob auf zwei verschiedene Alben verteilt statt: „The Plague“ ist das bereits vor zwei Jahren erschienene Comeback-Album, das jetzt zum 40. Bestehen der Wave-Electro-Rock-Band als remasterte „CX 40“-Version (dabei geht es um 40 Jahre Cassandra Complex, nicht um eine 40 Minuten lange Chromdioxid-Kassette) endlich auch auf Tonträger erscheint, und nur eine Woche davor haut eine um Rodney Orpheus neu formierte Band das 1993er Album „Sex & Death“ in stark gekürzter Form als „Death & Sex“ neu raus. Überraschung: Das Comeback-Album ist ein Hammer, die Neueinspielung immerhin eine nette Spielerei.
Sleepytime Gorilla Museum – Of The Last Human Being – Avant Night 2024
Von Matthias Bosenick (26.03.2024)
Hier greift selbst die Kategorie Avantgarde viel zu kurz. Sicherlich machen Sleepytime Gorilla Museum aus Oakland in Kalifornien Rockmusik, irgendwo innendrin, aber drumherum passiert so viel experimentelles Zeug, dass es unbedarfte Hörende gar überfordern dürfte. Klassische Songstrukturen jedenfalls findet man selbst unter Riffs und Rock nicht, die Band bricht alles auf, verdreht es, fügt Absonderliches hinzu und bleibt dabei mehr als nur genießbar – das vierte Album „Of The Last Human Being“, das nun nach 17 Jahren Schein-Pause vorliegt, bietet eine eigenwillige Kunstmusik, die weit aus allen Schubladen herausragt und große Freude bereitet. Es gibt auch mal gute Comebacks.
Die drei ??? (225) und der Puppenmacher – Europa/Sony Music 2024
Von Matthias Bosenick (25.03.2024)
Drei Stunden Hörspiel bietet diese Nummer 225, die sechste Jubiläumsfolge der Serie Die drei ???, verteilt auf fünf teils bunte Schallplatten. Die Geschichte „und der Puppenmacher“ ist ja ganz nett und fügt sich auch angenehm ineinander, doch reichen die paar Buchseiten schlichtweg nicht aus, um drei Stunden Hörspiel auf eine Weise zu füllen, dass man bei der Stange bleibt. Das war nach den langweiligen letzten 100 Folgen genau so zu erwarten und erfüllt sich leider auch noch. Komprimiert auf eine Stunde wäre „Der Puppenmacher“ ein großartiger Fall geworden. So ist es eher eine szenische Lesung als ein Hörspiel und lässt einerseits Action vermissen und andererseits den Wunsch nach Schnellvorlauf laut werden. Nehmt den Hörspielmachern doch mal die Serie aus den Händen!
The Jesus And Mary Chain – Glasgow Eyes – Fuzz Club 2024
Von Guido Dörheide (24.03.2024)
Manche Musik zu hören ist immer wie eine Reise in meine Kindheit. Zum Beispiel The Jesus And Mary Chain. 1987 hörte ich in den BFBS Top 40 den Song „April Skies“ (BFBS stand für „British Forces Broadcasting Services“ und versorgte die Angehörigen unserer Besatzungsmacht und hunderttausende deutsche Jugendliche zu Zeiten des Kalten Krieges mit britischer Kultur. Die allsonntäglichen „BFBS Top 40“ waren laut Eigenauskunft die „fastest moving charts in Europe“ und für mich damals Pflichtprogramm.), war begeistert, und als ich dann 1988 mit meinem besten Freund Klaus den Osterurlaub in Poole, Dorset, verbrachte (eine Sprachreise der Braunschweiger Arbeiterwohlfahrt, auf der wir dank unseres Bustickets sowohl Poole als auch die Nachbarstadt Bournemouth mehrere Male im legendären Routemaster durchmaßen und bei Joan und Mervin, einem liebenswerten älteren Ehepaar, die englische Gastfreundschaft kennen- und lieben lernten), erstand ich im örtlichen HMV-Store sowohl das den von mir geliebten Titel beinhaltende Album „Darklands“ als auch das bis heute gefeierte Debüt „Psychocandy“.
WeiterlesenKim Gordon – The Collective – Matador 2024
Von Guido Dörheide (24.03.2024)
Soloalben von Thurston Moore fand ich immer eher Singer/Songwriter-lastig und weicher und melodischer als alles von Sonic Youth, Kim Gordon geht 2019 auf „No Home Record“ und jetzt auf „The Collective“ einen anderen Weg: Was Moores Ex-Frau auf ihren Soloalben macht, finde ich wesentlich spannender, weil es eher rhythmusbetont, schräg, noisig und unmelodiös ist und DENNOCH seinen Weg ins Ohr findet. Das liegt zum einen an Gordons Stimme und ihrer Art zu singen. Wer noch niemals Kim Gordon singen gehört hat, greife jetzt bitte zu Sonic Youths 1990er Großtat „Goo“: Klar hat Thurston Moore erstmal die Stiefel an, die Nase vorn und überhaupt den Längsten mit „Dirty Boots“, aber die wahren Schätze des Albums sind „Tunic“ (ein komplett berührender und alle Emotionen umrührender Song über Karen Carpenter und ihr tragisches Ende) und „Kool Thing“, dem grandiosen Duett mit Public Enemys Chuck D.
WeiterlesenChristin Nichols – Rette sich, wer kann! – My Own Party Rec. 2024
Von Guido Dörheide (24.03.2024)
Ich erinnere mich an 2022, eine meiner ersten Rezensionen hier, „I’m Fine“ von Christin Nichols, und nicht nur die Musik, sondern auch die Texte hauten mich damals um. Kann Nichols Zeilen wie „Ich hab auch kein Sex-Appeal und kein Verkehr, ich hab auch kein Backup gemacht, und die Milch ist schon wieder leer.“ („Sieben Euro Vier“ vom besagten „I’m Fine“-Album) noch irgendwie toppen?
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