Von Onkel Rosebud
Meine Freundin sammelt gern Steine und Fossilien in der Nähe vom Meer. Zugegeben kein ausgefallenes Hobby, aber eins mit Verlass. Sobald sie einen Strand betritt, geht’s ab in die Hocke und dann siebt sie den Sand nach Bernstein, Donnerkeil und Hühnergott. Andy und Lance dagegen pflegen ein außergewöhnliches Hobby. Sie sind Mitglied im Sondengänger-Verein Danebury Metal Detecting Club (DMDS); zwei exzentrische Metallsucher, die auf dem englischen Land nach Vergrabenem suchen. Klingt als Prämisse für eine Serie langweilig? Mitnichten. „Detectorists“ ist eine höchst spannende Sitcom, quasi ein versteinerter Seeigel im Serien-Seetang, schwer zu finden, dafür melancholisch, witzig, bittersüß, herzerwärmend, aber nicht sentimental und gespickt mit Wortwitz und subtilem Humor.
Archiv der Kategorie: Was meine Freundin gerne
Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Athena – Cinéma du banlieue
Von Onkel Rosebud
Diese Ausgabe der Kolumne verdient eigentlich ihren Titel nicht. Es müsste besser Was meine Freundin nicht gerne sieht heißen.Filme oder Dokumentationen über soziale Brennpunkte, Arbeitslosigkeit, Armut, erbärmliche Wohnverhältnisse und gewalttätige Jugendbanden sind nicht ihre Tasse Tee. Wenn dann darin noch postpubertäres Jungmachotum und latent islamistisch gefärbter, manchmal in exzessive Gewalt bis hin zu Gruppenvergewaltigungen, Folter und Mord umschlagender Frauenhass offen zur Schau gestellt werden, dann wendet sie sich mit dem Hinweis ab, dass das mit ihrem Leben ja wohl so gar nichts zu tun hat und wann ich endlich ins Bett käme.
WeiterlesenWas meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Das letzte Wort – Danke, Anke
Von Onkel Rosebud
Meine Freundin wünscht Anke Engelke ein langes Leben. Dass sie absolut großartig ist, gehört natürlich nicht in die Kategorie „bahnbrechende Erkenntnis“. Denn, einerseits ist Anke Engelke seit der Figur „Ricky“ aus der „Wochenshow“ von Sat1 in den Neunzigern das Lustigste, was dem deutschen Fernsehen je passiert ist. Und nun, seit „Das letzte Wort“ darf man sie auch gern als Schauspiel-Ikone bezeichnen.
WeiterlesenWas meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Die Hard – Nicht totzukriegen, die deutsche Synchronisation
Von Onkel Rosebud
Meine Freundin mag Bruce Willis. Zumindest in nicht ernst zu nehmenden Rollen – außer „The Sixth Sense“. Ihre Lieblingsszene in der „Die Hard“-Quinte, durch die Bruce Willis zu einem der größten Actionstars des 20. Jahrhunderts avancierte, ist aus dem Original von 1988. Nach 2 Stunden und 12 Minuten diverser Entbehrungen, Schmerzen sowie eingeklemmt in Fahrstuhlschacht und Lüftungssystem zieht der Hauptprotagonist John McClane in aussichtsloser Lage zwei auf seinen Rücken geklebte Pistolen und metzelt den Feind nieder. Er sagt dazu „Grüß‘ mir die ewigen Jagdgründe“ und klar, pustet er nach getaner Arbeit in den Lauf des Revolvers wie John Wayne, bevor er mit Grace Kelly in den Sonnenuntergang reitet. „Das war Gary Cooper, Du Arschloch“, würde John jetzt sagen.
WeiterlesenWas meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Rectify – Deutsch für „Etwas Korrigieren, Richtigstellen, Wiedergutmachen“
Von Onkel Rosebud
Seitdem ich die außergewöhnliche Serie vor circa fünf Jahren zum ersten Mal gesehen habe, wollte ich unbedingt, dass auch meine Freundin die Serie schaut. Damals begriff ich schnell, dass ich gern über „Rectify“ mit ihr reden möchte. Mit fortschreitendem Alter wird man immer mehr berührt von Menschen mit traurigen Schicksalen, die es offenkundig schlimmer getroffenen hat als man selbst. Das gilt physisch wie psychisch. „Rectify“ habe ich neulich noch einmal gesehen – ohne sie, weil ihr das Thema der Serie zu traurig ist. Aber mich hat es erneut emotional mitgerissen, so wie es kaum andere Familiengeschichten aus Film, Fernsehen, Literatur oder Musik je geschafft haben.
Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Die Wege des Herrn – Beten ist besser als Sex
Von Onkel Rosebud
In der religiösen Pfarrer-Familiengeschichte aus Dänemark geht’s um Glaube und Gott sowie maskuline Konflikte. Damit die Nicht-Christen auch am Ball bleiben, wird auch viel gevögelt. Johannes, der dominierende, alkoholkranke Vater, treibt‘s mit seiner Frau und Ursula, der Geliebten aus der Pfarrei. Elisabeth, die spirituelle Mutter, entdeckt ihre Bisexualität und wird regelmäßig von der norwegischen Untermieterin Liv vernascht. Sohnemann Nummer eins, das schwarze Schaf Christian, pendelt aus Sicht der Penetration zwischen Amira und Nara. August, der hauptdarstellende Drama-Sohn und auch Pfarrer, missioniert in Stellung gerne mal Emilie, seine Frau, die dann später mit ihrem Arbeitskollegen …
Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Justified – Wir haben zusammen Kohle geschürft
Von Onkel Rosebud
Meine Freundin mag den Schauspieler Jacob Pitts. Dieser wiederum ist recht menschenscheu und deshalb kennt ihn kaum jemand, hätte er nicht eine Nebenrolle als Deputy U.S. Marshal Tim Gutterson in „Justified“ gehabt. Er spielt einen sardonischen ehemaligen Army-Scharfschützen, der für jedes Ziel immer „das passende Objektiv“ dabei hat und auch trifft. Und meine Freundin mag es, wenn er das ganz große Teleobjektiv auspackt …
WeiterlesenWas meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Shtisel – Ein Fest für Misophoniker
Von Onkel Rosebud
Misophonie in Verbindung mit Nahrungsaufnahme ist der Ekel auf die Geräusche dabei, eine Empfindlichkeit auf Schmatzen, Kauen mit offenem Mund, lautes Würge-Schlucken, Nase hochziehen und wiederholtes Klicken der Zähne beim Essen – und der Klassiker: Reden mit vollem Mund. Also all‘ das, was Eltern ihren Kindern am Tisch heutzutage bewusst oder unterbewusst vermitteln, neben „Nimm die Ellenbogen vom Tisch“ oder „Zieh‘ die Hausschuhe an“.
Die israelische Drama-Serie „Shtisel“ (3 Staffeln 2013 bis 2021) ist ein vier Generationen umfassendes Familiendrama, dass im Milieu ultraorthodoxer Juden in Ge‘ula, einem Stadtviertel von Jerusalem, spielt. Es wird nicht nur ständig geraucht, sondern auch sehr oft gegessen. Beim ungeliebten sonntäglichen Suppe-Essen werden die Probleme der einzelnen Familienmitglieder ausgekippt. Dazu schlürft Shulem Shtisel, der Patriarch, sehr laut bis an die Grenze der Unerträglichkeit. Wenn er den obligatorischen Essig-Gurken-Salat katscht und dabei seinen Spätgeborenen, Akiva Shtisel, runtermacht, dann stehen einem die Nackenhaare zu Berge. Trotzdem die Sprache der Serie fast ausschließlich Hebräisch oder Jiddisch ist, und nur Untertitel einem erschließen, worum es inhaltlich geht, hält man die Misophonie aus, weil alles drin ist in der Serie, was ein gutes Familiendrama ausmacht: Liebe, Eifersucht, Geborgenheit, Aufopferung, Verlust, Angst, Untreue, Rebellion, Coming of Age, Abtreibung, Inzest, Vater-Sohn-, Mutter-Tochter- oder Bruder-Bruder-Kampf.
Neu auf KrautNick ist fortan die Kolumne „Was meine Freundin gerne …“ von Onkel Rosebud. Das diesem Titel folgende Verb ist alternierend „sieht“ oder „hört“, je nachdem, mit welchem Thema sich Onkel Rosebuds Freundin gerade befasst, also Bewegtbilder in TV-Sendungen, Streamingangeboten, DVD-Boxen oder eben Musik in allen Erscheinungsformen – Onkel Rosebud protokolliert es und lässt uns daran teilhaben.
Onkel Rosebud mag auf KrautNick neu sein, aber seine Kolumne ist es nicht: Zwischen 1995 und 2004 veröffentlichte er „Was meine Freundin gerne hört“ in der Dresdner Studentenzeitung „ad-rem“, mit einer Reichweite von 30.000 gedruckten Exemplaren und einer kaum weniger großen Fangemeinde. Nun kommt er nicht einfach zu KrautNick, sondern KrautNick kommt zu ihm: Onkel Rosebud trug – wie auch Matthias Bosenick und Guido Dörheide – bei beiden bisherigen Ausgaben der geplanten Buchtrilogie „Ich liebe Musik“ Texte bei, ist mit den beiden Schreibern mithin seit 1999 verbunden. Umso mehr freut es KrautNick, ihm diese Zusammenarbeit anbieten zu dürfen und künftig von Onkel Rosebud erzählt zu bekommen, was seine Freundin so gerade sieht. Oder hört.
Der erste Teil von „Ich liebe Musik“ ist bedauerlicherweise vergriffen, aber Vol. 2 ist nach wie vor im Windlustverlag von René Seim erhältlich! [07.10.2022, Red.]