Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Ungeschriebene Regeln in Rockschuppen

Von Onkel Rosebud

Meine Freundin geht sonst nur in Elektro-Clubs, keine Gitarren oder allenfalls misshandelte oder verfremdete, sagt sie. Aber nach einem gemütlichen Dinner bei Kerzenschein und argentinischem Malbec weicht ihr für Paul Van Dyk und ab 125 bpm piependes Herz auf, und dann gehen wir eben auch mal in so Rockschuppen, weil ich es da am gemütlichsten finde. Ich bin auch schon älter, hasse Mode und liebe Lieder von früher. Oder neue Lieder, die dann irgendwann später auch dazugehören zu den alten Liedern.

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Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: „Herr Tonmeister, bitte wo ist das Klatschband…

Von Onkel Rosebud

… Das Klatschband, um die wahre Stimmung zu erzeugen, um yupp-heidie, yupp-heidah dazu machen, nicht wahr.“ (Torfrock, „Torfrockball im Hühnerstall“, 1979)

Meine Freundin geht gern einmal in ein Konzert, um den Helden der Pop-Kultur bei ihrem Vortrag zu lauschen. Leider muss sie sich das zeitgenössische Kunsterlebnis häufig von der Backe wischen, weil ihr eine besondere Spezies urbaner Genusskultur die Suppe der Unterhaltsamkeit versalzt: der Mitklatscher! Taucht er neben einem auf, setzt es Daseinsbewältigungskonflikte in Bewegung, wieso wohl der werte Name der aufspielenden und angehimmelten Formation solches Kroppzeug anlocken konnte.

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Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Das Geheimnis des Boleros

Von Onkel Rosebud

Meine Freundin denkt, dass im Bolero von Maurice Ravel ein Geheimnis liegt. Psst. Nicht weitersagen. Wenn man es ausplaudert, ist es keines mehr. Es handelt sich hierbei um ein universell heimelndes Ganzes, das so tief eindringt in die Seele, dass es noch gar nicht richtig erforscht ist. Deshalb wird es auch hier an dieser Stelle exklusiv nicht enthüllt. Wo kämen wir denn dann mit den schönen Forschungsgeldern hin. Ein Teil des Geheimnisses kann ich jedoch schon verraten: Es liegt in dem magischen berührenden Moment zwischen tragischer Unentrinnbarkeit und Sinne schwindender Trance, den dieses Meisterwerk zu kreieren im Stande ist. Wenn man sich darauf einlässt, ist diese Musik in der Lage, einen Rausch zu erzeugen, der sonst nur unter chemischen Stimuli erreichbar scheint.

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Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: NICHTS

Von Onkel Rosebud

Meine Freundin hört gerne auch mal nichts. Dabei ist das weniger einfach, als es vielleicht vermuten lässt, das Nichts zu hören. Drängen doch ständig irgendwelche Geräusche, erhört zu werden, zu ihr vor. Ob Nachbars Hausmusik, der Sanierungspresslufthammer im Hinterhaus oder eingängiges Gedudel im Kaufhaus, immer sind unsere Ohren diversen Anschlägen oder Ansagen wie „Nächste Station Albertplatz“ ausgesetzt.

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Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Die Leiden des jungen O.R.

Von Onkel Rosebud

Stell‘ Dir vor, ich habe einen Job, der es unbedingt notwendig macht, dass mir jeden Morgen dutzende von CDs und Vinyls in den Briefkasten gestopft werden. So erstrebenswert, wie dieser Zustand auch klingt, es sind etwa 95% Tonträger darunter, die man nicht haben will. Ich habe ja den Verdacht, dass die Plattenfirmen irgendwann den Geschmack ausrechnen können und – verschlagen wie sie sind – die Singles und Alben, die man vielleicht wirklich möchte, von ihren Bemusterungslisten streichen und mich damit zwingen, sie zu kaufen.

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Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Die Weltmeister im Improvisieren

Von Onkel Rosebud

Wenn ich Menschen kennen würde, die John Medeski, Bill Martin und Chris Wood heißen, dann würde ich eine Band mit ihnen gründen. Es wäre egal, wer Keyboards spielt, Drummer oder Bassist ist; wer solche Namen trägt, ist am Start schon cool und wird so oder so berühmt und beliebt.

Leider suchen sie keinen Vierten, Medeski, Martin & Wood sind schon Superstars. Das bedeutendste Label des Jazz, Blue Note, hat sich neben 18 anderen Plattenfirmen darum gerissen, ihren neuesten Tonträger „The Dropper“ zu veröffentlichen.

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Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Killing in the Name of Matze

Von Onkel Rosebud (Januar 2023)

Meine Freundin ist eine Verfechterin des Lebensentwurfes, dass man mindestens zwei Sachen im Leben überdurchschnittlich gut können sollte. Falls die eine Sache mal wegbricht, bleibt einem dann immerhin noch die andere, ohne dem Staat auf der Tasche zu liegen und das Dasein gepflegt zu bewältigen. Interessanterweise kann sie viel mehr als nur zwei Aktivitäten, wovon man leben könnte, richtig gut, aber für mich trifft es tatsächlich zu, genau in zwei Fällen „better than the rest“ zu sein.

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Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Best-of gestorben in Film und Serien

Von Onkel Rosebud

Das Jahresende und die damit verbundenen Rückblicke bringen es allenthalben mit sich, dass Listen angefertigt werden. Beliebt sind Klassifizierungen nach peinlichstem Lieblingslied, bestem Konzertbesuch, Ereignis sowieso etc. Nach der Wende war ich jahrzehntelang eigentlich nur deshalb Abonnement-Inhaber der Zeitschrift Spex, weil das legitimierte, jeweils im November am Leser-Poll teilnehmen zu dürfen. Im Freundeskreis brachte mir das den Spitznamen „30-Jahrgänge-Spex-Onkel“ ein, weil ich bis heute keine Ausgabe der ehemaligen Popkultur-Illustrierten wegschmeißen kann. Und wenn mal wieder ein Umzug anstand, verstanden meine Kumpels, dass die vielen Schallplatten alle mitmüssen, aber für die Kisten mit dem Subkultur-Magazin hatten sie kein Verständnis.

Das Privileg, Autor dieser Kolumne zu sein, rechtfertigt deshalb die eigentlich völlig unnütze Veröffentlichung meiner persönlichen Top-10-Hitliste aus der Rubrik „Populäre Charakter-Tode in Film und Serien“. Weil ich es kann. Los geht’s:

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Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Darts-WM im Ally Pally – Die langlebigste Serie aller Zeiten

Von Onkel Rosebud

Mein Sohn fragte mich neulich, wenn ich nur eine TV-Serie mit auf eine einsame Insel nehmen könnte, welche das wäre? Ich überlegte kurz und reiflich und entschied mich für „Die Simpsons“. Gute Wahl, fand er. In mehr als 30 Jahren wurden bisher über 734 Episoden in 34 Staffeln ausgestrahlt. Das verspräche die maximale Dauer an niveauvoll-subversiver Unterhaltung.

Nur eine Serie hält bisher länger durch, die Darts-Weltmeisterschaft gibt es seit 1977 und geht deshalb im Jahr 2022 – egal von welcher Organisation veranstaltet – in die 45. Staffel. Wir, also meine Familie bestehend aus Vater, Mutter, Kind, sind seit 2007 dabei und wir kennen nur die Versionen der Staffel, die immer zwischen Weihnachten und Neujahr im Ally Pally (Alexandra Pallace, London) von der Professional Darts Corporation (PDC) ausgetragen und bei sport1 übertragen und anfangs von Elmar Paulcke und Thomas „Shorty Schleifstein“ Seyler kommentiert wurde. Die beiden wurden 2018 von Basti Schwele mit wechselnden Co-Kommentatoren abgelöst. Die Kommentatoren sind in sofern wichtig, weil sie alle es geschafft haben und bis heute schaffen, enthusiastisch und glaubwürdig eine Freizeit-Tätigkeit als Sport professionell zu vermitteln, die für den alten, hässlichen weißen Mann im betrunkenen Zustand wie gemacht ist.

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Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Godless – Star Wars im Western-Format

Von Onkel Rosebud

Meine Freundin hat ein Problem mit Western. Staubige Männer in grobem Leinen, ein wenig Herumgeober mit Pistolen, Saloonpiano, Gelächter, Hosenträger, Duelle, ein Hut landet in der Asche, andauernd passiert irgendetwas in Zeitlupe, einsam wortkarge Typen reiten durch einsame wortkarge Landschaft, Hüa, Hoooh, Brrr, und so weiter. Ihrer Meinung nach haben Western einen ähnlich meditativen Charme wie die Tour de France oder Kamerafahrten der schönsten Zugstrecken Europas.

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