Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Best-of gestorben in Film und Serien

Von Onkel Rosebud

Das Jahresende und die damit verbundenen Rückblicke bringen es allenthalben mit sich, dass Listen angefertigt werden. Beliebt sind Klassifizierungen nach peinlichstem Lieblingslied, bestem Konzertbesuch, Ereignis sowieso etc. Nach der Wende war ich jahrzehntelang eigentlich nur deshalb Abonnement-Inhaber der Zeitschrift Spex, weil das legitimierte, jeweils im November am Leser-Poll teilnehmen zu dürfen. Im Freundeskreis brachte mir das den Spitznamen „30-Jahrgänge-Spex-Onkel“ ein, weil ich bis heute keine Ausgabe der ehemaligen Popkultur-Illustrierten wegschmeißen kann. Und wenn mal wieder ein Umzug anstand, verstanden meine Kumpels, dass die vielen Schallplatten alle mitmüssen, aber für die Kisten mit dem Subkultur-Magazin hatten sie kein Verständnis.

Das Privileg, Autor dieser Kolumne zu sein, rechtfertigt deshalb die eigentlich völlig unnütze Veröffentlichung meiner persönlichen Top-10-Hitliste aus der Rubrik „Populäre Charakter-Tode in Film und Serien“. Weil ich es kann. Los geht’s:

Platz 10: Winnetou. In Winnetou 3 (1965). Die BRD-Karl-May-Filme waren immer das Highlight der Fernseh-Weihnachtszeit. Im Buch, dass ich als 12-Jähriger gelesen habe, bevor ich den Film zum ersten Mal sah, wird Winnetou von einem Sioux erschossen und sterbend bekennt er sich zum Christentum. Im Film wirft er sich in die Bahn einer Kugel, die für Old Shatterhand bestimmt ist. Neben dem sterbenden Winnetou durchlebt dann Old Shatterhand in Gedanken eine gefühlte Ewigkeit gemeinsame Momente mit ihm. Insgesamt eine Situation, die wie dafür gemacht ist, in der Adoleszenz einen homoerotisch freigeistigen und popkulturell engagierten Psychotherapeuten aufzusuchen, der diese traumatische Gemengelage mit einem aufarbeitet. Trotzdem habe ich am Bildschirm mit Pierre Brice gelitten und habe bis heute ein großes Herz für indigene Blutsbrüder.

Platz 9: Ellie (Oben, 2009). Pixar und der kommerzielle Ausverkauf an den Disney-Konzern her oder hin, die kreative Abteilung von Steve Jobs’ eigentlichem Lebenswerk hat einige unkonventionelle, fantastische Filme hinterlassen, die generationsübergreifend an die Seele gehen. Die erste halbe Stunde von „WALL·E“, die Figur Antoine Ego aus „Ratatouille“ und „Toy Story 3“ als Gesamtkunstwerk sind Meilensteine der kindlichen Prägung und der familiären Unterhaltung. Einen drauf setzt der dialoglose Prolog in „Oben“, worin die Frau des alt geworden Protagonisten Carl Fredricksen, Ellie, schwer krank stirbt. Und er ist bei Einsetzen der Handlung einsam und traurig. Wer davon nicht zu Herzen gerührt wird, muss sich fragen, ob er eines hat.

Platz 8: Cathlyn and Rob Stark (Game Of Thrones, Staffel 3, Episode 9, „The Rains Of Castamere” aka „Bluthochzeit”, 2013). Verbunden mit der Frage, warum sehr beliebte SchauspielerInnen in extrem populären Charakteren der Handlung unvermittelt zum Opfer fallen? Die einfachste Begründung wäre, sie hatten bereits vereinbarte Engagements in anderen Verträgen, aber als Romantiker kann man das nicht gelten lassen. Ich habe im Prinzip darauf keine Antwort. Ich kann nur armselig zugeben: Ich weiß noch, in welcher Situation, wo und wie ich am 11. September 2001 gewesen bin und auch unter welchen Umständen ich das erste Mal die „Bluthochzeit“ gesehen habe.

Platz 7: Ennis Del Mar (Brokeback Mountain, 2005). Na klar, eigentlich meine ich Heath Ledger in der Rolle als Joker in „The Dark Knight“, aber damit passt er nicht in die Rubrik. Ich glorifiziere ihn mit, aber sonst bin ich ein Mann weniger Worte. Ich bin mir sicher, jede/R Kino-Enthusiast vermisst Heath Ledger.

Platz 6: Leopold „Leo“ Fitz (5. Staffel Marvel’s Agents of S.H.I.E.L.D., 2013-2020) gespielt vom großartigen Iain De Caestecker. In dieser besten aller Marvel-Serien ist Fitz ein genialer Ingenieur und Erfinder. Aber der Clou des Charakters ist die Beziehung zu seiner besten Freundin und späteren Ehefrau Jemma Simmons. Beide kann man nur liebhaben. Sein Serientod ist ein Klassiker: Versucht, anderer Leute Leben zu retten.

Platz 5: Jane Margolis (letzte Folge Staffel 2, Breaking Bad). Eine unfassbar beklemmende Szene für Sehgewohnheiten anno 2009. Sie erstickt nach dem Drogenkonsum an ihrem Erbrochenem. Walter hat sie unbeabsichtigt auf den Rücken gedreht und sitzt die ganze Zeit daneben, ohne ihr zu helfen.

Platz 4: Tyler Durden (Fight Club, 1999). Mein Lieblingsfilm. Sein eigenes Ich schießt sich in den Mund. Ich habe den Film dreimal sehen müssen, bis ich verstanden habe, wie das passieren konnte.

Platz 3: Matthew Crawley (Dan Stevens in der 3 Staffel, 2012). Downtown Abbey ist ein Meisterwerk für Jung und Alt und Matthew ist darin der perfekte Schwiegersohn. Dann aber Autounfall, weil überschwänglich, wegen der Geburt von George, seinem Sohn.

Platz 2: Dobby (Harry Potter und die Heiligtümer des Todes: Teil 1, 2010) – ein freier Elf. Schluchz.

Platz 1: Iron Man (Avengers 4: End Game, 2019). Ein Grund, eigene Kinder großzuziehen, ist auch, sich nicht dafür entschuldigen zu müssen, 23 Superheldenfilme – zum Teil mehrmals – anzuschauen. Ich hätte aber nie gedacht, dass ich auch beim dritten Mal noch eine Träne um Tony Stark verdrücke. Berühmte letzte Worte: Aber ich bin Onkel Rosebud.