Xchnum Miiimiiikry – I – Jems 2020

Von Matthias Bosenick (30.07.2020)

Mit dem Projekt Xchnum Miiimiiikry hebt Jonas Kolb sein künstlerisches Wirken von Machyyre auf das nächstdüstere Level: Die Zweisongsingle ist mit dem Etikett Black Metal beklebt, aber das ist nicht die ganze Wahrheit, denn dafür ist die Musik zu experimentell. Wer Machyyre kennt, hat zumindest eine Ahnung davon, was ihn bei Xchnum Miiimiiikry erwartet: Theatralisch, abgrundtief, dunkeldüster, schmerzvoll, leer, blutig und böse sind die Songs. Zur Nachahmung nicht empfohlen!

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(0) – SkamHan/(0) – Napalm Records 2020/2017

Von Matthias Bosenick (15.07.2020)

Fröhliches Googeln: Für den Bandnamen „(0)“ gibt es eine grandiose Ergebnisauswahl. Sobald man fündig ist, zudem auch noch grandiose Musik: Die Kopenhagener machen Blackmetal, selbstredend modern mit atmosphärischen Passagen, aber auch mit groovendem Indiefresse. Der Spagat überrascht, einerseits die flächigen Ambientdrones, andererseits beinahe holzfällerartiger Deathmetal. Und wer behauptet, die Besetzung des Quintetts sei ein Geheimnis, ist nur zu faul zum Recherchieren.

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Tamikrest – Tamotaït – Glitterbeat 2020

Von Matthias Bosenick (09.07.2020)

Die Wüstenblueser aus Mali gehen konsequent weiter und vertiefen die „westlichen“, mithin US-amerikanischen und europäischen, Einflüsse in ihrer Tuaregmusik. Der Hybrid bleibt als solcher erhalten, lediglich die Schwerpunkte verlagern sich, und so lebt auch „Tamotaït“ von der Mischung aus vertraut und fremd, zugänglich und sperrig. Innerhalb der Lieder sind Experimente gar nicht erforderlich – das ganze Konzept ist bereits ein Experiment. Und „Tamotaït“ klingt melancholischer als die früheren Alben, dem Schicksal der Band geschuldet vermutlich.

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Einstürzende Neubauten – Alles in Allem – Potomak 2020

Von Matthias Bosenick (04.06.2020)

Vom Schrottplatz in die Elbphilharmonie, aber wenn man „Alles in Allem“ hört, stehen die Einstürzenden Neubauten zu ihrem 40. Geburtstag eher dazwischen: Zwar ist silence sexy, aber Lärm auch, und beides zusammen ergibt eine blueslose Schönheit mit Poesie und Humor. Den Aspekt des Berlin-Albums sollte man dabei nicht überbewerten, man darf auch ohne Hauptstadtbonus Gefallen daran finden. Das Ergebnis der vierten Supporter-Phase funktioniert in der überteuren Deluxe-Version mit Bonus-Album am besten – und da tritt leider auch einiges an Kommerzknirschen der Neubauten zutage.

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Automat – Modul Remixes #1 & #2 – Compost 2020

Von Matthias Bosenick (22.05.2020)

Es ist etwas ins Leere gelauscht, wenn man Remix-EPs betrachten will, deren Originale man noch nicht kennt (weil das Album dazu wegen Corona noch unabgeholt im geschlossenen Plattenladen liegt). Dann muss es eben ohne gehen: Auf bislang zwei 12“es reflektieren Remixer vieler Couleur ausgewählte Tracks des vierten Automat-Albums „Modul“. Dabei steht der Dub wie bei den Originalen auch als Remixergebnis ganz weit vorn, das Trippige, Chillige, Repetetive bleibt erhalten und das Elektronische und Technoide halten Einzug in den ansonsten warmen organischen Sound des Trios.

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Myrkur – Folkesange – Relapse Records 2020

Von Matthias Bosenick (22.04.2020)

Wie man Gewalt und Brutalität ausübt, indem man beides weglässt: Myrkur war schon immer gut darin, die Szene gegen sich aufzubringen, in der sie sich verortete. Ihre Sorte Black Metal war bei den eingefleischten Fans von der ersten EP an verhasst, und wenn sie sich dort nun dennoch mühsam etabliert hat, bringt sie sie mit diesem Album einmal mehr gegen sich auf. Denn es beinhaltet: Folk, ätherischen, mehrstimmigen, historischen bis eigenkomponierten skandinavischen Folk, kein brachiales Gebretter. So geht das.

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Monday Music Club – Descend/Shine On – Monday Music Club/Minga Records 2019

Von Matthias Bosenick (09.04.2020)

Von Braunschweig nach München, von der NDW-Band mit dem diskutablen Namen Clit zum Indie-Rock mit dem Monday Music Club: Als Vinyl-Single veröffentlicht das klassisch besetzte Quintett um Ulrich Lißner zwei frische Songs. Mit reichlicher Dringlichkeit untermalt der Club seine Anliegen: gegen Rechts und gegen Drogen, verkürzt benannt. Die Songs sind catchy, zielen aber nicht vordergründig auf Partytauglichkeit. Straight, schnörkellos, punktgenau gespielt – man hört, dass da Leute mit Erfahrung am Werk sind.

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Sqürl – Some Music For Robby Müller – Sacred Bones Records 2020

Von Matthias Bosenick (24.03.2020)

Wer überhaupt ist Robby Müller?! In jedem Fall verdient er einen chilligen Soundtrack: Das Drone-Noise-Duo Sqürl, eigentlich die Filmmusik-Hauskapelle von Regisseur Jim Jarmusch, webt transzendentale Teppiche aus den vertrauten Lärmzutaten, nur ohne die Dissonanzen. Also eher Ambient als Drone, eher Schwermut als Zorn. Was man mit herkömmlichem Rockmusikinstrumentarium alles so hinbekommt! Ein traumhaftes Traueralbum für – nicht nur – Jarmuschs früheren Kameramann Robby Müller, der 2018 verstarb.

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Schneider Collaborations – (Z)erpent/Corder – Jörg A. Schneider 2020

Von Matthias Bosenick (13.03.2020)

Nach dem Viererschlag 2018 veröffentlicht Schlagzeuger Jörg A. Schneider nun zunächst zwei neue Alben seiner Reihe Schneider Collaborations gleichzeitig auf Vinyl: eines mit dem Gitarristen (Z)erpent aus Taipeh und eines mit dem Gitarre- und Elektro-Experimentatoren Nathan Corder aus Oakland. Beide Zusammenarbeiten wurden auf verschiedenen Kontinenten getrennt aufgenommen – und beide drücken das Gefühl der Freiheit aus, die die Beteiligten sich damit erfüllen, dass sie sich im Grunde an keinerlei musikalisches Regulatorium halten. Schwere Kost, keine Hintergrundbeschallung, aber zutiefst beeindruckend.

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The Sandmen – Himmelstormer – 500% Records 2019

Von Matthias Bosenick (11.02.2020)

Helden der Hymne! Auf „Himmelstormer“ greifen The Sandmen zurück in die Vergangenheit, aber nicht in ihre eigene: Die Rockband aus Dänemark integriert Sounds und Strukturen aus den Achtzigern in ihre Songs, die sie selbst zu der Zeit gar nicht verwendeten. Nicht nur damit emanzipieren sie sich von ihrer eigenen Historie: „Himmelstormer“ ist das zweite Album auf Dänisch und das erste auf ihrem eigenen Label 500% Records, benannt indes nach einem Song auf ihrem Album „Western Blood“ von 1988. „Himmelstormer“ ist wie ein attraktives Radioprogramm: unterschiedliche Stile, mal rockend, mal tanzbar, mal balladesk, und immer mit Ideen im Sound, die andere an der Stelle nicht gesetzt hätten. Gelungen!

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