Shaun, das Schaf – Der Film (Shaun The Sheep Movie) – Mark Burton, Richard Starzak – GB/F 2014

Von Matthias Bosenick (01.04.2015)

Ein Kinofilm zu einer TV-Serie, die ihrerseits Spin-Off eines Kinofilms („Wallace & Gromit unter Schafen“, von 1995!) ist – von hinten durch die Brust ins Knie, könnte man meinen, ist aber eher ein Blattschuss: „Shaun, das Schaf – Der Film“ (offiziell tatsächlich ohne Komma) ist gut, und zwar eher im Sinne der ersten Staffel als der jüngeren Folgen, die zumeist eher lieblos hingedengelt wirken. Das bewährte Knetmännchenteam aus den Aardman-Studios schafft es, einen Anderthalbstundenfilm komplett ohne menschliche Wortäußerungen in Gänze unterhaltsam zu gestalten. Es ist schon in der Serie mutig, vollständig auf zitierbare Witze zu verzichten. Shaun vermittelt seine Weisheiten nonverbal, und zu vermitteln hat er tatsächlich ein bisschen was. Alte Werte, ja, aber doch entschuldbar und anrührend. Positiv ist außerdem, dass hier der namenlose Farmer nicht als selbstgefälliger coabhängiger Semi-Gegner erscheint, sondern als liebenswertes Familienmitglied. Das hat er sich verdient.

Weiterlesen

Veröffentlicht unter Kino

Sauacker – Tobias Müller – D 2013

Von Matthias Bosenick (09.02.2015)

Dank Informationen aus zweiter Hand (die Cousine des Hauptdargestellten) ist vorab klar, worum es dem Dokumentarfilmer Tobias Müller geht: Er will in Zeiten sich wandelnder Agrarindustrie zeigen, wie sich der Generationenkonflikt auf einem kleinen landwirtschaftlichen Betrieb bei Sigmaringen zeigt, indem er den rund dreißigjährigen Philipp Kienle dabei begleitet, wie er seine neuen Ideen gegen die traditionellen Vorstellungen seines finanziell nur wenig erfolgreichen Vaters Konrad durchzusetzen versucht. Den Film trägt ein sympathischer und konstruktiver Philipp – doch fehlt es der Darstellung an Dramaturgie, Tiefe, Struktur und Detailreichtum.

Weiterlesen

Veröffentlicht unter Kino

Wild Tales (Relatos salvajes) – Damián Szifron – RA/E 2014

Von Matthias Bosenick (09.02.2015)

Dieser argentinische Episodenfilm ist eine handfeste Überraschung. Die Geschichten ranken sich grob um das Thema Rache, aber nicht aus der typischen David-gegen-Goliath-Sicht, sondern eher Arschloch gegen Idiot, und eigentlich immer im Reichenmilieu. Man kann nicht wirklich zu jemandem halten, es gibt fast keine sympathischen Figuren, und doch sieht man den Menschen gerne und feixend beim Scheitern zu, denn alle haben dies vor lauter Borniertheit und Egozentrik genau so auch verdient. Damián Szifron gönnt sich den Spaß, die Geschichten in unvorhergesehene Richtungen weitab des Klischees und der Erwartungen driften zu lassen. Und er arbeitet mit vielen unorthodoxen Kameraeinstellungen. „Wild Tales“ ist filmisch und inhaltlich großes Kino.

Weiterlesen

Veröffentlicht unter Kino

Birdman – Alejandro González Iñárritu – USA 2014

Von Matthias Bosenick (03.02.2015)

Es ist ziemlich eindeutig, warum ein Film wie „Birdman“ in den USA so hohe Wellen schlägt: Er rückt Hollywood- und angesagte Popkultur-Themen (Superhelden!) in den Fokus, inklusive pseudoselbstkritischem Humor. Sowas kann Hollywood ab, da feiert es sich selbst. Jedes Mal, und da beginnt die Problematik: Alejandro González Iñárritu bietet an Nähkästcheneinblicken nichts Neues. Vielmehr lenkt er damit vom eigentlichen Thema ab, für das der ganze Superheldenkram lediglich ein Vehikel ist: Die Hauptfigur Riggan Thomson (Michael Keaton) hat ein Egoproblem; er weigert sich, zu lernen, dass er seine persönlichen Probleme zu Lasten anderer lösen will. „Birdman“ bietet indes vorrangig formale Gründe, ihn sich anzusehen: Der Film suggeriert, in nahezu nur einer Kamerafahrt gedreht worden zu sein, und die Schauspielerriege ist tatsächlich grandios. Trotzdem langweilt man sich über lange Strecken.

Weiterlesen

Veröffentlicht unter Kino

1001 Gramm (1001 gram) – Bent Hamer – N 2014

Von Matthias Bosenick (29.01.2015)

Na gut, nach drei tollen Filmen darf man Bent Hamer auch mal eine Niete zugestehen. „1001 Gramm“ ist leider eine. Leider dann auch eine nahezu vollkommene. Wenn es die Absicht war, die Ödnis des Eichamtsjobs filmisch umzusetzen, ist dies auf eine Weise gelungen, in der sich der Zuschauer langweilt, anstatt sich der gelangweilten Figuren mitfühlend anzunehmen. Man wartet bis zum Schluss, dass es endlich mit der Handlung losgeht. Sobald dies der Fall zu sein scheint, kommt der Abspann. Und die Moral von der Geschicht? Bestenfalls: Fang endlich an zu leben. Der Kinogänger beherzigt dies wohl am besten, indem er diesen Film meidet.

Weiterlesen

Veröffentlicht unter Kino

Mortdecai – David Koepp – USA 2015

Von Matthias Bosenick (24.01.2015)

Was für ein unfassbarer Scheiß. Man sieht die guten Ansätze, man erkennt, was der Film sein will, aber leider hat man da die falschen Leute machen lassen. Offensichtlich versuchte da jemand, eine Gaunerkomödie der 60er und 70er in die Jetztzeit zu verlegen (allen voran die „Pink Panther“-Filme von Blake Edwards), erreicht aber nicht einmal die Klasse der selbst meistens schon lediglich mittelmäßigen Vorlagen und verliert sich darüber hinaus noch in stressigen Albernheiten und kindischen Kotzwitzen. Dabei ist die Geschichte an sich sogar recht einfallsreich und spannend, aber der Film versaut das letzte Bisschen Qualität. Hauptdarsteller (und Filminitiator!) Johnny Depp ist im Gegensatz zu sonst dieses Mal nicht nur kein Grund, den Film zu sehen, sondern sogar der Grund, es genau nicht zu tun.

Weiterlesen

Veröffentlicht unter Kino

Eine Taube sitzt auf einem Zweig und denkt über das Leben nach (En duva satt på en gren och funderade på tillvaron) – Roy Andersson – S/N/F/D 2014

Von Matthias Bosenick (04.01.2015)

Die „Taube“ ist kaum weniger als eine Offenbarung für das zeitgenössische Kino. Weil der Film gleichzeitig auf alte europäische Qualitäten zurückgreift und etwas Neues, auf jeden Fall absolut Einzigartiges schafft – das zudem auch noch gefällt und sich nicht nur in unverständlichen Experimenten verirrt. Formal fällt auf, dass jede Szene mit einer Steadycam gefilmt ist, also wie eine Theaterbühne wirkt, und dass optische und verbale Wiederholungen mehr Strukturen schaffen als die reduzierte Handlung. Es ist schwer, zu verallgemeinern, worum es in dem Film geht. Irgendwie um das Leben, sicher. Ein großes Qualitätsmerkmal ist, dass nach dem Kinobesuch jeder Zuschauer mit einer anderen Lieblingsszene aufwartet, die ihn stark berührt hat.

Weiterlesen

Veröffentlicht unter Kino

Mr. Turner – Mike Leigh – GB 2014

Von Matthias Bosenick (18.11.2014)

Wenn man lediglich weiß, dass Altmeister Mike Leigh einen Film über den unangepassten Maler William Turner gedreht hat, und guckt sich dann den Film an, wird man überrascht: Er bricht mit allen Erwartungen. „Mr. Turner“ ist kein klassisches Bio-Pic, und das ist auch gut so. Die Erzählstruktur verwirrt zunächst: Man bekommt Fragmente vorgesetzt, die nicht einmal direkt mit Turners Biografie zu tun haben, sondern eher seinen Alltag abbilden. Sie scheinen keinen Bezug zueinander zu haben, sondern eine Ansammlung von Mosaiksteinen zu sein. Mit der Zeit ähneln sie dann vielmehr Morsezeichen, die hintereinander gelesen sehr wohl eine Geschichte ergeben. Diese Geschichte ist sehr lehrreich, nur ist sie zu lang: In 150 Minuten findet sich leider auch Langeweile.

Weiterlesen

Veröffentlicht unter Kino

Frank – Lenny Abrahamson – GB/IRL 2013

Von Matthias Bosenick (16.11.2014)

Fast alles an diesem Film ist zwitterhaft: Er ist halb Komödie, halb Drama; hat im Grunde zwei Hauptfiguren; hat zwei aufeinander folgende Handlungsstränge; pendelt musikalisch von der Avantgarde zum Mainstream; türmt große Geheimnisse auf, die sich letztlich zumeist als banal entpuppen. Den enttäuschend unausgereiften Charakteren stehen brillante Skurrilitäten und eine fabelhafte experimentelle Musik gegenüber. Mindestens das Rehearsal zu „Secure The Galactic Perimeter“ der Film-Band mit dem großartigen Namen The Soronprfbs um den Pappköpfigen Titelgeber Frank bleibt als absoluter Gewinn des Films haften; über den Rest muss man eine Weile nachdenken, und das ist ja auch schon mal was.

Weiterlesen

Veröffentlicht unter Kino

The Salvation – Kristian Levring – DK/GB/SA 2014

Von Matthias Bosenick (16.11.2014)

„The Salvation“ ist als Film gut gelungen und als Western routiniert. Inhaltlich kompakt, optisch beeindruckend, spannend, doch letztlich lediglich die zeitgenössische Dänische Variante des uralten Spaghettiwesterns. Die Schnörkellosigkeit ist seine Stärke, es gibt keinerlei Redundanzen. Die Musik passt, Mads Mikkelsen spielt großartig, die Gewalt findet nicht im Exzess statt – das sind gut verbrachte anderthalb Stunden.

Weiterlesen

Veröffentlicht unter Kino