Mülheim-Texas: Helge Schneider hier und dort – Andrea Roggon – D 2015

Von Matthias Bosenick (27.04.2015)

Helge Schneider ist nicht zu fassen, und das gilt für sämtliche Bedeutungen dieser Wendung. Das ist gut für ihn als Künstler, weil seine Unberechenbarkeit ein wichtiger Grund dafür ist, ihn zu mögen (wenn man ihn denn mag), aber schlecht für diese Dokumentation, weil sich der Gegenstand derselben dem Dokumentiertwerden entzieht. Sicherlich liegt das Versagen der Regisseurin, einen stringenten, repräsentativen, zusammenhängenden und dichten Film über den 59-jährigen Schneider zu produzieren, in Schneider selbst begründet. Trotz der tollen Ausschnitte aus Schneiders Bühnenprogramm, Werdegang und semiprivatem Gebaren stellt sich daher die Frage nach dem Sinn des Films. Wenigstens kommen Fans mit neuen Zitaten ihres Entertainmenthelden aus dem Kino, dafür immerhin lohnt sich das Betrachten des ansonsten leider schalen Werks.

Weiterlesen

Veröffentlicht unter Kino

Das ewige Leben – Wolfgang Murnberger – A 2015

Von Matthias Bosenick (04.04.2015)

Der vierte Film der Brenner-Reihe, gedreht nach dem sechsten Buch der inzwischen achtbändigen Krimiserie von Wolf Haas: In „Das ewige Leben“ stolpert der Ex-Polizist Simon Brenner (wie immer gespielt von Josef Hader) durch sein altes Leben, als er aus prekären Gründen in seine Heimat Graz zurückkehrt, und muss sich mit seinem Suizid, einer möglichen Vaterschaft und diversen Todesfällen befassen. Das bewährte Team (inklusive angemessener Musik der Sofa Surfers) dreht einen soliden Film, der für sich als Krimi mit vielen Aha-Momenten funktioniert, aber den Brenner etwas zu kurz kommen lässt.

Weiterlesen

Veröffentlicht unter Kino

Shaun, das Schaf – Der Film (Shaun The Sheep Movie) – Mark Burton, Richard Starzak – GB/F 2014

Von Matthias Bosenick (01.04.2015)

Ein Kinofilm zu einer TV-Serie, die ihrerseits Spin-Off eines Kinofilms („Wallace & Gromit unter Schafen“, von 1995!) ist – von hinten durch die Brust ins Knie, könnte man meinen, ist aber eher ein Blattschuss: „Shaun, das Schaf – Der Film“ (offiziell tatsächlich ohne Komma) ist gut, und zwar eher im Sinne der ersten Staffel als der jüngeren Folgen, die zumeist eher lieblos hingedengelt wirken. Das bewährte Knetmännchenteam aus den Aardman-Studios schafft es, einen Anderthalbstundenfilm komplett ohne menschliche Wortäußerungen in Gänze unterhaltsam zu gestalten. Es ist schon in der Serie mutig, vollständig auf zitierbare Witze zu verzichten. Shaun vermittelt seine Weisheiten nonverbal, und zu vermitteln hat er tatsächlich ein bisschen was. Alte Werte, ja, aber doch entschuldbar und anrührend. Positiv ist außerdem, dass hier der namenlose Farmer nicht als selbstgefälliger coabhängiger Semi-Gegner erscheint, sondern als liebenswertes Familienmitglied. Das hat er sich verdient.

Weiterlesen

Veröffentlicht unter Kino

Sauacker – Tobias Müller – D 2013

Von Matthias Bosenick (09.02.2015)

Dank Informationen aus zweiter Hand (die Cousine des Hauptdargestellten) ist vorab klar, worum es dem Dokumentarfilmer Tobias Müller geht: Er will in Zeiten sich wandelnder Agrarindustrie zeigen, wie sich der Generationenkonflikt auf einem kleinen landwirtschaftlichen Betrieb bei Sigmaringen zeigt, indem er den rund dreißigjährigen Philipp Kienle dabei begleitet, wie er seine neuen Ideen gegen die traditionellen Vorstellungen seines finanziell nur wenig erfolgreichen Vaters Konrad durchzusetzen versucht. Den Film trägt ein sympathischer und konstruktiver Philipp – doch fehlt es der Darstellung an Dramaturgie, Tiefe, Struktur und Detailreichtum.

Weiterlesen

Veröffentlicht unter Kino

Wild Tales (Relatos salvajes) – Damián Szifron – RA/E 2014

Von Matthias Bosenick (09.02.2015)

Dieser argentinische Episodenfilm ist eine handfeste Überraschung. Die Geschichten ranken sich grob um das Thema Rache, aber nicht aus der typischen David-gegen-Goliath-Sicht, sondern eher Arschloch gegen Idiot, und eigentlich immer im Reichenmilieu. Man kann nicht wirklich zu jemandem halten, es gibt fast keine sympathischen Figuren, und doch sieht man den Menschen gerne und feixend beim Scheitern zu, denn alle haben dies vor lauter Borniertheit und Egozentrik genau so auch verdient. Damián Szifron gönnt sich den Spaß, die Geschichten in unvorhergesehene Richtungen weitab des Klischees und der Erwartungen driften zu lassen. Und er arbeitet mit vielen unorthodoxen Kameraeinstellungen. „Wild Tales“ ist filmisch und inhaltlich großes Kino.

Weiterlesen

Veröffentlicht unter Kino

Birdman – Alejandro González Iñárritu – USA 2014

Von Matthias Bosenick (03.02.2015)

Es ist ziemlich eindeutig, warum ein Film wie „Birdman“ in den USA so hohe Wellen schlägt: Er rückt Hollywood- und angesagte Popkultur-Themen (Superhelden!) in den Fokus, inklusive pseudoselbstkritischem Humor. Sowas kann Hollywood ab, da feiert es sich selbst. Jedes Mal, und da beginnt die Problematik: Alejandro González Iñárritu bietet an Nähkästcheneinblicken nichts Neues. Vielmehr lenkt er damit vom eigentlichen Thema ab, für das der ganze Superheldenkram lediglich ein Vehikel ist: Die Hauptfigur Riggan Thomson (Michael Keaton) hat ein Egoproblem; er weigert sich, zu lernen, dass er seine persönlichen Probleme zu Lasten anderer lösen will. „Birdman“ bietet indes vorrangig formale Gründe, ihn sich anzusehen: Der Film suggeriert, in nahezu nur einer Kamerafahrt gedreht worden zu sein, und die Schauspielerriege ist tatsächlich grandios. Trotzdem langweilt man sich über lange Strecken.

Weiterlesen

Veröffentlicht unter Kino

1001 Gramm (1001 gram) – Bent Hamer – N 2014

Von Matthias Bosenick (29.01.2015)

Na gut, nach drei tollen Filmen darf man Bent Hamer auch mal eine Niete zugestehen. „1001 Gramm“ ist leider eine. Leider dann auch eine nahezu vollkommene. Wenn es die Absicht war, die Ödnis des Eichamtsjobs filmisch umzusetzen, ist dies auf eine Weise gelungen, in der sich der Zuschauer langweilt, anstatt sich der gelangweilten Figuren mitfühlend anzunehmen. Man wartet bis zum Schluss, dass es endlich mit der Handlung losgeht. Sobald dies der Fall zu sein scheint, kommt der Abspann. Und die Moral von der Geschicht? Bestenfalls: Fang endlich an zu leben. Der Kinogänger beherzigt dies wohl am besten, indem er diesen Film meidet.

Weiterlesen

Veröffentlicht unter Kino

Mortdecai – David Koepp – USA 2015

Von Matthias Bosenick (24.01.2015)

Was für ein unfassbarer Scheiß. Man sieht die guten Ansätze, man erkennt, was der Film sein will, aber leider hat man da die falschen Leute machen lassen. Offensichtlich versuchte da jemand, eine Gaunerkomödie der 60er und 70er in die Jetztzeit zu verlegen (allen voran die „Pink Panther“-Filme von Blake Edwards), erreicht aber nicht einmal die Klasse der selbst meistens schon lediglich mittelmäßigen Vorlagen und verliert sich darüber hinaus noch in stressigen Albernheiten und kindischen Kotzwitzen. Dabei ist die Geschichte an sich sogar recht einfallsreich und spannend, aber der Film versaut das letzte Bisschen Qualität. Hauptdarsteller (und Filminitiator!) Johnny Depp ist im Gegensatz zu sonst dieses Mal nicht nur kein Grund, den Film zu sehen, sondern sogar der Grund, es genau nicht zu tun.

Weiterlesen

Veröffentlicht unter Kino

Eine Taube sitzt auf einem Zweig und denkt über das Leben nach (En duva satt på en gren och funderade på tillvaron) – Roy Andersson – S/N/F/D 2014

Von Matthias Bosenick (04.01.2015)

Die „Taube“ ist kaum weniger als eine Offenbarung für das zeitgenössische Kino. Weil der Film gleichzeitig auf alte europäische Qualitäten zurückgreift und etwas Neues, auf jeden Fall absolut Einzigartiges schafft – das zudem auch noch gefällt und sich nicht nur in unverständlichen Experimenten verirrt. Formal fällt auf, dass jede Szene mit einer Steadycam gefilmt ist, also wie eine Theaterbühne wirkt, und dass optische und verbale Wiederholungen mehr Strukturen schaffen als die reduzierte Handlung. Es ist schwer, zu verallgemeinern, worum es in dem Film geht. Irgendwie um das Leben, sicher. Ein großes Qualitätsmerkmal ist, dass nach dem Kinobesuch jeder Zuschauer mit einer anderen Lieblingsszene aufwartet, die ihn stark berührt hat.

Weiterlesen

Veröffentlicht unter Kino