Von Matthias Bosenick (01.09.2022)
Acid. UFO. Death. Cult. Diese Wortkombination muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Acid UFO Death Cult. Das dürfte der Anwärter auf das goldene Krönchen für den Bandnamen des Jahres sein. Musikalisch wird es für das Projekt indes schwieriger, schießt sich der Römer Ali alias Mountain Hermit, der dahintersteckt, mit seinem eher anonymen Compagnon, dem ominösen Ω, doch sehr auf ein Genre ein: die klassische Two-Men-Black-Metal-Sache nämlich, und die ist ja naturgemäß nicht ganz so breitenwirksam. Das Hebräisch betitelte „חשֶׁךְ“ ist bereits das zweite Mini-Album in zwei Monaten und es heißt nicht zufällig so: „Dunkelheit“ obsiegt hier sehr, „יאוש“ wäre sicherlich nicht weniger angebracht gewesen. Dabei scheint Ali eine gehörige Portion Humor zu haben.
Archiv der Kategorie: Album
Soulflfy – Totem – Nuclear Blast 2022
Von Matthias Bosenick (29.08.2022)
25 Jahre Soulfly, „Totem“ ist deren Album Nummer (kurz auf den Titel des obligatorischen Instrumentals gucken) XII. Die Band um Max Cavalera mostet mächtig munter, reißt ruppige Riffs runter, integriert die bei Sepultura ausprobierten Tribal-Drums und gönnt sich bis kurz vor Schluss keine Atempause. Maxe brüllt sich die im Bandnamen verankerte Seele aus dem Leib, wie man es sich wünscht. In Sachen Thrash, Death und Groove Metal ist „Totem“ nix essentiell Besonderes, aber das ausgesprochen solide und wirkmächtig. Wer schon elf Alben von Soulfly hat und seinerzeit den Wechsel vom NuMetal zurück zum brutalen Thrash begrüßte, hat keinen Nachteil davon, wen er auch zum zwölften Mal zugreift.
Boris – Heavy Rocks – Relapse Records 2022
Von Guido Dörheide (19.08.2022)
Handelt es sich bei „Heavy Rocks (2022)“ wieder um so eine Rewiederneuveröffentlichung eines alten Albums? Gar bereits um die zweite? Immerhin haben Boris aus Tokio schon 2002 und 2011 ein Album mit diesem Titel veröffentlicht. Aber weit gefehlt: Das legendäre, unvergleichliche, gutaussehende und über alle Maßen wundervolle Trio scheint sich auf die Fahne mit der aufgehenden Sonne geschrieben zu haben, ungefähr alle zehn Jahre mit einer Fortsetzung des 2002er-Albums „Heavy Rocks“ um die Ecke zu kommen: So erschien 2011 das Album „Heavy Rocks“ und nunmehr, 20 Jahre nach „Heavy Rocks“, also „Heavy Rocks“.
WeiterlesenAmon Amarth – The Great Heathen Army – Metal Blade Records 2022
Von Guido Dörheide (10.08.2022)
Vielen vielen schönen guten Abend, meine hochverehrte Krautnick-Metalgemeinde, es ist dies die Woche der Melodeath-Verrisse, und Hoffnung naht wieder einmal mehr nur aus Richtung Nippon, wenn auch nicht mit Melodeath, aber dazu erst später in einigen Tagen. Zunächst einmal ziehen wir uns „The Great Heathen Army“ der von mir ebenso hochverehrten Amon Amarth rein, und das wird leider wieder eher schmerzhaft denn lustvoll.
WeiterlesenArch Enemy – Deceivers – Century Media 2022
Von Guido Dörheide (20.08.2022)
Vor einigen Jahren hat mich die schwedische Melodeath-Institution Arch Enemy – damals noch mit Angela Gossow als Sängerin – sehr beeindruckt. Harte Musik und ein gegrowlter Gesang, bei dem es mich immer erstaunt hat, dass da tatsächlich eine Frau singt und kein Mann. Nach Gossows Ausstieg 2014 ist Alyssa White-Gluz in deren Fußstapfen getreten. Eine Kanadierin, was schon mal ein gutes Zeichen ist, schließlich macht beispielsweise Mel Mongeon von den kanadischen Grindcore-Veteranen Fuck The Facts mit schöner Regelmäßigkeit deutlich, dass tiefes, lebensverneinendes Growling keine Männerdomäne sein muss und auch nicht sein darf. White-Gluz macht auch gesanglich alles richtig und steht Gossow in Sachen Growlingkompetez in nichts nach. „Deceivers“ heißt nun das neue Album von Arch Enemy – wird es dem Titel alle Ehre machen und enttäuschen? Äh, nun ja, Spoiler-Alert: Ja, es wird.
WeiterlesenA Secret Revealed – When The Day Yearns For Light – Lifeforce 2021/2022
Von Matthias Bosenick (11.08.2022)
Eigentlich existiert dieses dritte Album von A Secret Revealed bereits seit Oktober 2021, nur dauerte es mit der Vinyl-Veröffentlichung aufgrund bekannter Probleme mit den Presswerken bis ins folgende späte Frühjahr. Jetzt ist es endlich da, und bunt wie das Vinyl ist auch die Musik, wenngleich man jener eine Neigung zum modernen Black Metal zugestehen muss, also der unbuntestmöglichen Spielart des Heavy Metal. Aber, und das ist das Besondere an diesem Würzburger Quintett: A Secret Revealed definieren Metal nicht nach Schubladen, sondern danach, worauf sie Bock haben. Da ist der gebrüllte Gesang eher dem Hard- bis Metalcore entnommen, da ist die Musik drumherum von allem mit heavy verzerrten Gitarren etwas und dabei so wenig genau konkreten Metal-Genres zuzuordnen, dass man allem guten Gewissens ein „Post-“ vorausschicken kann.
Slime – Zwei – Slime Tonträger/Hulk Räckorz 2022
Von Guido Dörheide (10.08.2022)
Keine andere Band hat dem deutschen Punkrock so ihren Stempel aufgedrückt wie Slime in den 1980er Jahren. „Deutschland“, „Polizei/SA/SS“, „Bullenschweine“, „Linke Spießer“, „Störtebeker“ waren Statements gegen den damaligen Zustand der Republik und setzten in etwas roherer Sprache fort, was Ton Steine Scherben einst begonnen hatten. Gleich vorab muss ich klarstellen, dass ich – nicht nur, weil ich seit eh und je von unserem Staat überaus angemessen alimentiert werde – unsere Republik im Großen und Ganzen sehr in Ordnung finde und großes Vertrauen in die Stabilität unserer FDGO habe, auch wenn ich nicht mit allem einverstanden bin, was unsere Regierenden den ganzen Tag so treiben.
WeiterlesenLa Muerte – Headhunter – COP International 2022
Von Matthias Bosenick (10.08.2022)
Was ist der Remix einer Coverversion? Und dann noch: das Industrial-Rock-Cover eines EBM-Klassikers, das die Remixer wieder zurück ins Elektronische mixen? Hätten sie da nicht gleich das 1988er-Original remixen können? Vielleicht ja auch nicht dürfen – wer weiß? La Muerte, brachiales belgisches Underground-Rock-Urgestein, brachten 2017 zum Record Store Day ihre Version des Front-242-Floorfillers „Headhunter“ auf blutrotem Vinyl heraus – und jetzt neu als Quasi-Album mit eigenen Bonustracks und eben Remixen sowie mit nur einer Auslassung zur Tracklist der Original-12“. So heavy angerockt überzeugt der Hit sehr, kann man bringen, und auch die Eigenkompositionen von La Muerte machen neugierig auf den Rest des seit fast 30 Jahren angehäuften Opus‘. Remixe von Headhunter indes gibt es bereits unzählige, das nutzt sich etwas ab, wenngleich die Vorlage dieses Mal für andere Basissounds und unerwartete Ergebnisse sorgt. Front 242 selbst sind übrigens partiell und anteilig ebenfalls beteiligt.
Imperial Triumphant – Spirit Of Ecstasy – Century Media 2022
Von Guido Dörheide (10.08.2022)
Ich mag Metal, auch und vor allem Extreme Metal, und ich mag Jazz. Wen also nimmt es wunder, dass mich Imperial Triumphant seit einiger Zeit tüchtig in ihren Bann schlagen? Oder ziehen? Prügeln? Die Kolleg:innen von metalinjection.net bringen es auf jeden Fall auf den Punkt: Rockmusiker spielen vier Akkorde für viertausend Leute, während Jazzmusiker viertausend Akkorde für vier Leute spielen. Imperial Triumphant machen eigentlich dasselbe, nur umgekehrt und für beide Arten von Publikum. Wenn man nun erreichen will, dass Imperial Triumphant auch endlich die Massen erreichen, müsste man nur die Gaststars aufzählen, die auf „Spirit Of Ecstasy“ versammelt sind: Allen voran Kenny G am Saxophon auf „Merkurius Gilded“, von seinem Sohn Max Gorelick an der Gitarre begleitet, außerdem sind unter anderem Alex Skolnick von Testament, Trey Spruance (u.a. Mr. Bungle) und Snake von Voivod mit von der Partie. Trotzdem kommt da nichts Eingängiges oder Massenkompatibles bei raus, sonder eher Erschreckendes/Verstörendes – vor allem Großartiges.
WeiterlesenGhost:Whale – Echo:One – P.O.G.O. Records 2022
Von Matthias Bosenick (08.08.2022)
Das Album atmet langsam, aber es klingt angenehm ungesund: „Echo:One“ ist das Debüt der frisch gegründeten belgischen Stoner-Doom-Band mit dem vergnüglichen Namen Ghost:Whale. Mit der Eigenschubladisierung nimmt es das Brüsseler Trio nicht so genau, das macht die Musik so interessant; mit einem Schlagzeug und zwei Bässen, also ohne Gitarren, ist die Kategorisierung auch nicht so einfach, und viele der Einflüsse auf diesem Album resultieren aus dem, was einige der Musiker mit ihren vorherigen Bands so trieben: Industrial, Punk, Sludge – und Noise. Wer in seinem trocken verfuzzten Gemalme ein Saxophon unterbringt, stößt sowieso auf offene Ohren. Monotonie, Wiederholung, Geräusche – ein Tiefenrausch!