Cannibal Corpse – Chaos Horrific – Metal Blade Records 2023

Von Guido Dörheide (14.10.2023)

Seit nun schon sagen wir mal 1988 gibt es Cannibal Corpse, seit 1991 machen sie Alben, zunächst mit Chris Barnes als Sänger (jetzt SFU – Sachen für Unterwegs Six Feet Under), wir erinnern uns an wunderbar geschmackvolle und dezente Kleinodien wie „Hammer Smashed Face“, „I Cum Blood“ oder „Fucked With A Knife“ – nicht nur Tipper Gore (hihi, die muss mit DEM Nachnamen ausgerechnet rumpupen, wenn es um blutrünstige Lyrik und geschmackloses Album-Artwork geht), sondern auch Christa Jenal aus dem Saarland waren empört und in Deutschland konnte lange Jahre kein CC-Album mit dem Originalcover erscheinen – und seit nun auch schon 1995 ist der stiernackige Erzsympath George „Corpsegrinder“ Fisher Sänger bei Cannibal Corpse. Er klingt nicht weniger brachial als sein Vorgänger, aber irgendwie berechenbarer, bodenständiger und vor allem (OK, eventuell ist das der sich wandelnden Produktion der CC-Alben zu verdanken) auch hörbarer.

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Sulphur Aeon – Seven Crowns And Seven Seals – Ván Records 2023

Von Guido Dörheide (13.10.2023)

Zinker? Baxxter? Kerkeling? Nein, meine Damen und Herren, verehrte Lesende: Die Rede ist von H.P. Lovecraft, heuer nun schon zum zweiten Mal innerhalb von nur zwei Tagen. Nicht nur die französische Post-Black-Metal-Band Blut aus Nord beruft sich auf den großen Literaten, sondern auch die nordrheinwestfälische Blackened-Death-Metal-Institution Sulphur Aeon, deren neues Werk „Seven Crowns And Seven Seals“ (nicht zu verwechseln mit „Seven Brides For Seven Brothers“) ein schleimiges Schlabbermonster auf dem überaus geschmack- und stimmungsvollen Cover trägt, das geradewegs den Erzählungen über den Cthulhu-Mythos entsprungen zu sein scheint.

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100 Guitares Sur Un Bateau Ivre – Bateau Ivre – Daaganda Records 2023

Von Matthias Bosenick (13.10.2023)

Es sind sogar 117 elektrifizierte Gitarren, die an diesem Projekt beteiligt sind, und man muss in der Tat darüber lesen, bevor man sich das Album anhört, weil man sonst nicht erfasst bekommt, was man sich da gerade vor Ohren führt. Zwar steht „Bateau Ivre“ auch für sich allein als angenehm goutierbares musikalisches Experiment da, doch bekommt es mit den Hintergrundinfos mehr Seegang: Hinter 100 Guitares Sur Un Bateau Ivre, kurz GSUBI, steht Projektleiter Gilles Laval, der seine Wurzeln in der Punkszene von Lyon hat und seit 2017 für diese Vertonung des Gedichtes „Das trunkene Schiff“ von Arthur Rimbaud durch mehrere französische Städte zog und mit lokalen und ihn begleitenden E-Gitarristen die turbulente Ozeanreise des bedichteten Wassergefährtes nachzeichnete. Das nach dem Gedicht „Bateau Ivre“ benannte Album, das nun als ein Ergebnis vorliegt, ist überraschend ausdifferenziert: 100 Gitarren auf einmal wären Soundbrei, und den gibt es hier nicht. Herkömmliche Rockmusik indes auch nicht, und hier steigt man gern ins Saufboot ein, wohl wissend, dass es in den finsteren Abgrund geht.

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Blut aus Nord – Disharmonium – Nahab – Debemur Morti Productions 2023

Von Guido Dörheide (12.10.2023)

„The oldest and strongest emotion of mankind is fear, and the oldest and strongest kind of fear is fear of the unknown“. Sagt H.P. Lovecraft, und der weiß bekanntlich, wovon er spricht. Die französische Post-Black-Metal-Band Blut aus Nord tut, was sie kann, um Lovecrafts Worten Gewicht zu verleihen. Und diese Band kann viel. Zuvorderallererst mal schöne Albencover gestalten. „Das sieht aus wie die Horrorfilme, die ich immer ansehe“, sagte die Liebste gerade noch per Sprachnachricht, und Recht hat sie. Bereits mit dem Coverartwork sorgen Blut aus Nord für eine ganz bestimmte Stimmung, und dem setzen sie durch die Musik noch eine Krone auf (oder machen einen Knopf dran, wie mein Chef immer sagt). Ich will mich deshalb auch gar nicht groß über die lovecraftschen Themen, die Blut aus Nord immer wieder thematisieren, auslassen – denn davon verstehe ich zu wenig – sondern lieber von den düsteren Stimmungen schwärmen, die diese Band heraufzubeschwören in der Lage ist.

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Sigur Rós – Átta – Krúnk 2023

Von Matthias Bosenick (12.10.2023)

„Ata, Ata, Ata / In die Kneipe geht der Vatter“, zitierten einst Studio Braun einen Fünfziger-Jahre-Beischlafverweigerungswitz, und der hat rein gar nichts mit „Átta“ zu tun, dem nach zehn Jahren Pause nunmehr achten („Átta“, Isländisch für acht, juhihu!) Album der isländischen Eskapismus-Postrocker Sigur Rós. „Juhihu“, kopfsingt Jónsi in beatlosen Watteräumen, und man stellt fest, dass man dem inzwischen reichlich entwachsen ist, was einem noch vor 20 Jahren so musikalisch die Seele streichelte. Hohe Töne machen glücklich, heißt es, das mag für einige Leute zutreffen, anderen hingegen gehen sie vielmehr auf die Nerven, und selbst als jahrzehntelanger Fan stellt man fest, dass man längst zur zweiten Kategorie gehört.

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Baroness – STONE – Abraxan Hymns 2023

Von Guido Dörheide (11.10.2023)

Geht es Ihnen auch so wie mir, dass Sie fortwährend Begriffe miteinander verwechseln, die Dinge beschreiben, die vollkommen verschieden voneinander aussehen? Oldenburg und Osnabrück, Weihnacht und Wehrmacht, Mastodon und Baroness? Nun, seien Sie völlig unbesorgt – sowas ist völlig normal und absolut kein Anzeichen einer Störung nach ICD 11. Was letztere beide betrifft, haben sie immerhin gemeinsam, dass es sich sowohl bei Mastodon als auch bei Baroness um Progressive-Metal-Bands handelt, die in Georgia beheimatet sind (Erstere in Atlanta, Zweitere in Savannah) und die Teile ihrer Wurzeln im Sludge haben und die bei mir wohl genau deshalb ähnliche Gefühle beim Hören ihrer Alben hervorrufen.

Sowohl bei Mastodon als auch bei Baroness fiebere ich jeder neuen Veröffentlichung immer schon Monate im Voraus gespannt entgegen – wohl wissend, dass eine Enttäuschung ausgeschlossen sein wird. Und so übererfüllt auch „STONE“, das neue Album von Baroness, meine Erwartungen um ein Vielfaches.

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Heatmiser – The Music Of Heatmiser – Third Man Records 2023

Von Guido Dörheide (10.10.2023)

Wir alle kennen dieses Meme (mir ist gerade so, als hätte ich erst unlängst einen Beitrag ganz ähnlich begonnen) – also dieses Meme mit der Katze und dem Text „Die Katze ging gerade rüber zu dem HomePod mini auf meinem Schreibtisch und miaute es an, und Siri sagte ‚Natürlich ist hier etwas Musik für Dich‘ und die Katze hockte sich auf die Fensterbank, Garbage und Elliott Smith hörend. Ich möchte nur wissen, wie lange das schon so lief.“

Bevor ich dieses Meme zum ersten Mal sah, hatte ich mich noch nie mit Elliott Smith beschäftigt, aber seitdem finde ich seine Musik großartig. Smith, der ungefähr genau vor 20 Jahren, am 21. Oktober 2003, unter nicht komplett geklärten Umständen, höchstwahrscheinlich aber durch Suizid, starb, spielte vor seiner Solokarriere in der Band Heatmiser aus Portland, Oregon. Sein Solowerk war hauptsächlich von melancholischem Indie-Folk geprägt, Heatmiser hingegen spielten leicht vom Hardcore beeinflussten Indie-Rock. In der Visions wurde die Musik der Band Mitte der 90er als „eine Symbiose aus den Beatles und Sebadoh“ bezeichnet – sehr schön, dass Sebadoh neben den Beatles als Referenz herangezogen wurden, und sehr schön, dass Sebadoh überhaupt als Referenz herangezogen wurden, hatte ich doch schon befürchtet, die Band wäre inzwischen zu Unrecht vergessen.

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Roger Waters – The Dark Side Of The Moon Redux – SGB/Cooking Vinyl 2023

Von Guido Dörheide (08.10.2023)

Wir alle kennen diese Memes – Roger waters while Robert plants. Und Tom waits. In the collosseum von mir aus, Hauptsache nicht in Hörweite dieses Machwerks; ehrlich gesagt wünsche ich es niemandem, nicht mal meinem Spezial-Spezi Hermann, das hier am Stück anhören zu müssen.

Eigentlich dürfte man „The Dark Side Of The Moon Redux“ nicht mal ignorieren, aber als katalytischer Konverter zur Überwindung meiner mich seit einigen Wochen heimsuchenden Schreibblockade nehme ich es gerne. Also okay, Sparringspartner, jetzt gibt es auf die Fresse!

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The Chemical Brothers – For That Beautiful Feeling – Virgin 2023

Von Matthias Bosenick (04.10.2023)

Ja, wir Neunziger-Kids halten an unseren alten Helden fest, wir bleiben den einstigen Sounderneuerern treu. Zumindest, so lang sie sich nicht selbst an den Kommerz oder an sonstwen verraten. The Chemical Brothers sind dafür bis heute zu unangepasst, daher bleiben sie auf dem Aufmerksamkeitsradar, sobald sie etwas Neues herausbringen, und das vollbringen die Brüder Ed Simons und Tom Rowlands seit fast 30 Jahren zuverlässig. Auch wenn es längst keine Knallerhits aus der fetten Bigbeat-Schmiede mehr gibt, sondern eher DJ-Sets aus miteinander verbundenen Dancetracks mit dezidierten Gastsängern und den typischen Hupen und Sirenen. „For That Beautiful Feeling“ hätten die ChemBros indes ihre Samplevielfalt und die Gastbeiträge etwas erweitern dürfen, ansonsten ordentlich, Jungs!

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Automat – Heat – Compost 2023

Von Matthias Bosenick (29.09.2023)

Was macht man in der Hitze für Musik an? Chillige, trippige, dubbige am besten. Also „Heat“ von Automat, der Indie-Supergruppe minus Jochen Färber, der nicht mehr mitspielt. Dafür gibt’s einen Stapel anderer Gäste, die in Wort und Ton das Ihrige zu dieser organisch-elektronischen Reggae-Dub-Downbeat-Kopfnick-Chillplatte beitragen. Bassist Zeitblom, Schlagzeuger Achim Färber und Keyboarder Max Loderbauer fläzen sich am Jamaikanischen Strand, den sie eigens in einem Berliner Club aufhäuften, und knabbern an einem Toast aus London. Hier haben sogar die bunten Getränke ein Echo. Und die Musik ist so warm wie der Titel des Albums, das es physisch überdies ausschließlich als Doppel-LP gibt.

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