Von Matthias Bosenick (03.11.2022)
Sprach- und Lärmgewaltig präsentieren Cryptic Brood aus Flechtorf (Gemeinde Lehre) ihre neue 7“ „Caustic Fetid Vomit“, die erste Studioveröffentlichung mit ausschließlich eigenen Songs seit drei Jahren. Sprachgewaltig, weil das Trio zum Ausdruck unvorstellbarer Abscheulichkeiten Wörter verwendet, die man selbst als halbwegs verhandlungssicherer Englischnutzer erst nachschlagen muss, und Lärmgewaltig, weil Cryptic Brood einfach die Klaviatur des Death Metal mit allem beherrschen, was angrenzend noch so existiert. Zwei Tracks, zehneinhalb Minuten, Geknüppel, Geschrei, Gemoste und Riffs, Brüche, Brutalität. In ausgewählt unekligen Farben!
Archiv des Autors: Van Bauseneick
Monovoth – Monovoth – Trepanation Recordings 2022
Von Matthias Bosenick (02.11.2022)
Als Monovoth allein Mucke macht Multitalent Lucas Wyssbrod, um von Buenos Aires aus seine Version von Doom in ein selbstbetiteltes Album zu gießen. Der Gießvorgang dauert, seine Musik fließt zäh, dunkel, sie quillt, unerbittlich, dicht, warm, dick, emotionsgeladen, zerstörerisch, langsam, bedrohlich, leer. Wyssbrod beherrscht vielzählige Stile rund um Doom und er spielt sie allesamt aus. Nicht ganz so allein, wie man es bei einem Ein-Personen-Projekt erwarten würde: Viele Freunde steuerten Details bei, darunter die Covermalerin. Zu dieser metallischen Schwärze kann man bestens entspannen und auf Alptraumreise gehen.
Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Das letzte Wort – Danke, Anke
Von Onkel Rosebud
Meine Freundin wünscht Anke Engelke ein langes Leben. Dass sie absolut großartig ist, gehört natürlich nicht in die Kategorie „bahnbrechende Erkenntnis“. Denn, einerseits ist Anke Engelke seit der Figur „Ricky“ aus der „Wochenshow“ von Sat1 in den Neunzigern das Lustigste, was dem deutschen Fernsehen je passiert ist. Und nun, seit „Das letzte Wort“ darf man sie auch gern als Schauspiel-Ikone bezeichnen.
WeiterlesenKuhn Fu – Jazz Is Expensive/Live In Saalfelden – Berthold Records 2022
Von Matthias Bosenick (01.11.2022)
Das ist ja das Geile: Man kann eine als E-Musik beinahe verschriene Musikrichtung auch mit Humor angehen, und nicht nur das, man kann dies auch vornehmen, ohne den Ernst zu verlieren – auf das Maß und die Mischung kommt es an. Kuhn Fu nehmen ihre Musik ausgesprochen ernst, man hat es mit einem ausgezeichnet ausgebildeten Sex- bis Septett zu tun, das seine Geradlinigkeit gern mit Freiheit begleitet, Freiheit darin, die Instrumente nicht partiturkonform zu spielen, die Instrumente quäken zu lassen, den Jazz mit allerlei artfremden Genres zu bereichern, sich ein eher atypisches Thema auszusuchen: Kurioserweise befasst sich „Jazz Is Expensive“, die Studio-Seite dieses Doppel-Albums, mit Grimms Märchen „Vom Fischer und seiner Frau“. Als Begleiter erscheint der Mitschnitt „Live In Saalfelden“, und der Anlass für dieses Paket ist der zehnte Geburtstag von Kuhn Fu. Ja: Man hat Spaß an dieser todernsten Musik!
Killing Joke – Lord Of Chaos – Spinefarm Records 2022
Von Matthias Bosenick (27.10.2022)
Wieder so ein Vinyl, das ewig nach der Online-Veröffentlichung der entsprechenden Musik auf sich warten lässt. Und das Warten lohnt sich, zum Glück: „Lord Of Chaos“ ist typisch moderne Killing Joke, treibend, riffig, post-heavy, mit einnehmend warmer hymnischer Melodie und verhalten geschrienem Refrain, dazu ein Bonus-Track und zwei Remixe, Dub, Electro, ebenfalls typisch Killing Joke. Fügt sich nahtlos ins Oeuvre ein, was die alten Männer hier machen, sieben Jahre nach dem letzten Studioalbum „Pylon“.
Buddy Guy – The Blues Don‘t Lie – Silvertone Records 2022
Von Guido Dörheide (27.10.2022)
Der mittlerweile bereits 86jährige Buddy Guy behauptet, der Blues würde nicht lügen. Bzw. lügte nicht. Konjunktiv oder so, würdelose Sprache. Lügt er oder sagt er die Wahrheit? Nun denn, wir werden es herausfinden.
WeiterlesenWas meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Die Hard – Nicht totzukriegen, die deutsche Synchronisation
Von Onkel Rosebud
Meine Freundin mag Bruce Willis. Zumindest in nicht ernst zu nehmenden Rollen – außer „The Sixth Sense“. Ihre Lieblingsszene in der „Die Hard“-Quinte, durch die Bruce Willis zu einem der größten Actionstars des 20. Jahrhunderts avancierte, ist aus dem Original von 1988. Nach 2 Stunden und 12 Minuten diverser Entbehrungen, Schmerzen sowie eingeklemmt in Fahrstuhlschacht und Lüftungssystem zieht der Hauptprotagonist John McClane in aussichtsloser Lage zwei auf seinen Rücken geklebte Pistolen und metzelt den Feind nieder. Er sagt dazu „Grüß‘ mir die ewigen Jagdgründe“ und klar, pustet er nach getaner Arbeit in den Lauf des Revolvers wie John Wayne, bevor er mit Grace Kelly in den Sonnenuntergang reitet. „Das war Gary Cooper, Du Arschloch“, würde John jetzt sagen.
WeiterlesenSpezial: addicted/noname Label aus Moskau, Teil 13
Von Matthias Bosenick (25.10.2022)
Ein weiteres Spezial zum fabelhaften Label addicted/noname aus Moskau! Dieses Mal mit: dem Mini-Album „Homebound“ von Dehyper, dem Album „Это есть то“ von Kshettra und dem Album „Нет вечных истин“ von Ad Nihil – sowie einem Rückblick auf die „Sweet Leaf Worshippers From USSR“-Compilation, mit der vor zehn Jahren die wunderbare Arbeit von Anton Kitaev, Oleg Dynya und Ivan Bredolog begann und damit das namenlose Label aus Moskau seinen Anfang nahm. Herzlichen Glückwunsch, Freunde! С днем рождения друзья!
Primus – Conspiranoid – Prawn Songs 2022
Von Matthias Bosenick (24.10.2022)
Wenn intelligente Menschen sich mit der Pandemie auseinandersetzen und sich mit Verschwörungstheorien befassen, kommen auch intelligente Erkenntnisse zutage, die Verschwörungstheorien als das behandeln, was sie sind: durchgeknallte Paranoia. Entsprechend betiteln die drei ausschließlich musikalisch Durchgeknallten von Primus ihre themenbezogene EP mit dem treffenden Kofferwort „Conspiranoid“ und erfüllen damit gleich zwei wesentliche Aspekte: Sie positionieren sich in Zeiten des rechtsbefeuerten Dummheitswahns auf der Seite der Nichtdummen – und machen grandiose Musik. Die drei Songs auf „Conspiranoid“ sind so Primus, wie man sie vor über 30 Jahren zu lieben lernte: frickelig, progressiv, eigensinnig, trotzdem eingängig und natürlich basslastig.
Fehlfarben – ?0?? – Tapete Records 2022
Von Guido Dörheide (19.10.2022)
Kaum einer E-Mail habe ich mit soviel Spannung entgegengefiebert wie der von heute (14.10.2022), 1104 UTC+2. Absender: Bandcamp. Betreff: „?0?? (2022) just released!“ Also gleich mal mein vor Wochen vorbestelltes Album gedownloaded und angehört.
Die letzte Atempause seit „Über Menschen“ währte sieben Jahre, dennoch wird von der Düsseldorfer Indie-Institution Fehlfarben weiterhin eifrig Geschichte gemacht. Im Vorfeld dieser ersten Fehlfarben-Veröffentlichung der 20er-Jahre hatte ich mir die Wartezeit mit dem Hören der „neuen“ Fehlfarben-Alben von 1991 bis 2015 vertrieben und zwischendurch auch immer mal wieder „Monarchie und Alltag“, das sensationelle Debüt aus dem Jahr 1980, sowie die beiden Werke seitdem bis zur vorläufigen Auflösung der Band 1984 aufgelegt.
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