The Wedding Present & Friends – Not From Where I’m Standing – Come Play With Me 2020

Von Matthias Bosenick (01.02.2021)

Die meisten dieser Lieder leben sogar mehr als zweimal: David Lewis Gedge, seines Zeichens Bandchef der dem Covern gegenüber ohnehin schon immer sehr aufgeschlossenen englischen Indie-Helden The Wedding Present, schart eine Schar Freunde um sich, um mit ihnen eine auserlesene Auswahl an Titelmelodien des Kino-Franchises „James Bond“ neu einzuspielen, und zwar für den nicht minder legendären Guten Zweck. Die gute Nachricht: Den meisten der Originale entnehmen Gedges Freunde den Pathos und das Drama, man kann die 20 Lieder einfach als schöne Indierockcompilation mit latentem Erinnerungsfaktor durchhören. Den Vergleich mit den charakterstarken Originalen der Sechziger und Siebziger hat man latent im Ohr, insbesondere deren gesangliche Qualität ist dabei unerreicht.

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Ulrike Rank – Ralf Rabinski … geht zu Fuß – Samsonido/Dryland Records 2020

Von Matthias Bosenick (27.01.2021)

Diese CD stellt in überraschend vielen Aspekten eine, nun, Überraschung dar: Bei „Ralf Rabinski … geht zu Fuß“ handelt es sich um ein Kinderhörspiel, veröffentlicht auf dem Gruftmucke-Label Dryland Records und eingesprochen von unter anderem Oswald Henke von Goethes Erben sowie dem früheren Wolfsheim-Sänger Peter Heppner. Erdacht ist die Geschichte von der Bremer Grafikdesignerin Ulrike Rank, die auch an diversen Dunkel-und-düster-Plattencovern beteiligt war. Mit nordischem Humor und einigem Einfallsreichtum erzählt das Stimmentrio – Rank ist selbst dabei – die kindgerechte und auch für Erwachsene lustige Geschichte vom Rabenjungen Ralf, der sich mit einer Hummel anfreundet und auf der Jagd nach Kirschen doch lieber spaziert als fliegt.

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Fee – Rezeptfrei/SchizoFEEnie – Sireena 2020 (Risiko 1982/1983)

Von Matthias Bosenick (25.01.2020)

Von Braunschweig aus über Fee zu schreiben, das birgt natürlich den Hauch von Eulen und Athen. In ihrer Heimatstadt sind Fee – oder auch in Eigenschreibweise: FEE – nach wie vor aktiv und populär, dank eines internen Generationenwechsels nicht nur bei denen, die seinerzeit mit „Mach dich lieber anders tot“ und „Schweine im Weltraum“ aufgewachsen sind. So sehr wiederentdecken muss man das zweite und dritte Album „Rezeptfrei“ und „SchizoFEEnie“ in Form dieser Rereleases der einstmals holden Fee daheim also nicht, wenngleich es durchaus geraten ist, den der NDW zugeordneten Platten allerorts neue Ohren zu schenken.

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Spezial: addicted/noname Label aus Moskau, Teil 7

Den einen bremst Corona, den anderen beflügelt es, und so umtriebig wie während der Pandemie war das Moskauer Label addicted/no name wohl noch nie. Neue Alben, Singles und EPs von unter anderem The Grand Astoria, IWKC, Pressor, Pree Tone, The Legendary Flower Punk und Резина sind darunter, die Musik deckt Spielarten ab wie brutalen Jazz, Doom, Spacerock, Noiserock, Progrock, Artrock, Stoner und Psychedelic. Unter anderem!

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Die Müller Verschwörung – Artfremd an verschiedenen Orten – Die Müller Verschwörung 2020

Von Matthias Bosenick (04.01.2021)

Alles anders und doch so vertraut: Aus der 2002 gegründeten Band Müller & die Platemeiercombo wurde in den zurückliegenden fünf Jahren irgendwann Die Müller Verschwörung, aus grafischen Gründen leider ohne Bindestrich (aber gottlob auch ganz ohne Q). Grund war der beruflich bedingte Abgang von Plate und Heyl und die daraus folgende personelle Neubesetzung. Auch am Mikro: Bandchef „Bo“ Müller teilt sich den Posten des Sängers jetzt mit Theaterperformer und Multiinstrumentalist Roland Kremer, und darin liegt im Grunde der größte Unterschied zur Platemeiercombo, denn ansonsten behält die Band musikalisch den catchy Mix aus vermeintlichen Easy-Listening-Rhythmen und latentem Stoner-Rock bei. „Artfremd an verschiedenen Orten“ stellt inhaltlich eine Art Konzeptalbum dar: Die meisten Texte behandeln Weltekel allgemein und Kapitalismuskritik speziell. Das Album als Doppel-10“ kauft man der Band aber trotzdem bereitwillig ab.

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Henriette Sennenvaldt – Something Wonderful – Paper Bag Records 2020

Von Matthias Bosenick (30.12.2020)

Sie sing auf Englisch! Man kann sie plötzlich verstehen, sofern man nicht sowieso Dänisch spricht, denn als sie noch bei Under Byen war, gehörte es zu den wundervoll mystischen Parametern jener Band, dass man ihr dänisches Säuseln einfach mal nur als Stimme und also als Instrument auffassen und sich unabgelenkt in der Musik fallen lassen konnte. Plötzlich bindet sie den Hörenden an ihre Worte, und dabei entgeht ihm womöglich, dass ihr Solo-Debüt musikalisch in manchen Teilen nicht so weit weg ist von dem, was sie mit Under Byen machte: verträumt, vertrödelt, versponnen, hier nur eher assoziativ barjazzig. „Something Wonderful“, fürwahr!

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Tom Liwa – Der, den mein Freund kannte – Tom Liwa 2020

Von Matthias Bosenick (29.12.2020)

Auf Deutsch singen und Klischees umschiffen, das war mal möglich, in den Neunzigern, und von denen, die damals diese Wege einschlugen, ist Tom Liwa einer der Überlebenden, einer, der sich konstant entwickelte, vom Indierock über die Verwandtschaft zur Hamburger Schule zu Singer-Songwriter ohne Gejammer, esoterischer Kunstmusik, Heilungsmusik und – nun: Was macht Tom Liwa eigentlich heute? Er reflektiert über den Tod, musikalisch zurückgenommen und experimentell wie lang nicht, textlich enigmatisch wie immer. „Der, den mein Freund kannte“ ist eine Herbstplatte, die von Tod und Abschied handelt und also auch vom Leben, und der begleitend „Das Buch Tom“ mit Gedichten und Kunst zur Seite steht.

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New Model Army – Carnival (Redux) – Attack Attack 2020

Von Matthias Bosenick (28.12.2020)

Eines der geilsten der an geilen Alben ausgesprochen reichen Indiefolkrockhelden New Model Army erfährt 15 Jahre nach der Erstveröffentlichung eine Politur und eine Erweiterung: „Carnival“ kommt als so bezeichneter Remix mit anderer Reihenfolge und vier zusätzlichen Tracks unter dem Hashtag „Redux“ neu heraus. Wirklich hörbar sind solche Remasterversionen recht selten, auch hier sind die Feinheiten wohl nur geschulten Ohren zugänglich, aber hey, vier neue Songs sind es wert, diese vor Integrität nur so strotzende Band für ihr vierzigjähriges Durchhalten zu feiern.

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White Rose Transmission – Happiness At Last – Sireena 2020

Von Matthias Bosenick (22.12.2020)

Nachdem die Weiße Rose zuletzt von fürchterlichen Menschen in falsche Kontexte gezogen wurde, wird man etwas skeptisch, wenn sie in einem Bandnamen auftaucht. Natürlich hat diese Band, besser: dieses Projekt, keine respektlose Intention, zudem besteht es mittlerweile bereits seit 25 Jahren. Gut zu wissen, da gibt es einiges nachzuforschen, sobald man das neue Album „Happiness At Last“ einmal durchgehört hat, zum Beispiel über Zusammenarbeiten im Indie- und Gothic-Bereich, die als Kenntnis für dieses Album jedoch eher irreführend sind. Es ist ein sehr sanftes, beinahe intimes Werk, nicht wie Singer-Songwriter-Gejammer, sondern wie ein kontemplatives, reflektiertes Stück Weltbetrachtung, innere wie äußere, das behutsam zum Zuhören einlädt, mit Gitarre, reduzierten Percussions, Klavier und natürlich Stimme. Und der Fähigkeit, mit diesen Mitteln Hymnen zu erschaffen.

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Spezial: René Seim + Windlustverlag

Von Matthias Bosenick (17.12.2020)

Für den Rezensenten ist es ein schwieriges Terrain: Lyrik, Gedichte, Poesie, da fehlt ihm im allgemein und grundsätzlich der Zugang. Nun bildet dies jedoch den Schwerpunkt im Schaffen des Dresdener Autoren und Verlegers René Seim. Eine Betrachtung seines Oeuvres aus der Position des Unbeleckten kann daher nur viel zu weit am Wesen der Dinge vorbeigehen. Versucht sei eine Annäherung an drei Bücher des Multitalents, der nicht nur als Autor und Verleger (Windlustverlag), sondern auch als DJ Cramér („Wildblumenblues“, „Wildes Parfum“), Fotograf und Labelbetreiber (Head Perfume Records) tätig ist: „Bunte Hunde, wilde Vögel“, „Spielereien einer vielschrötigen Flöte“ und „Fliegende Fenster“, allesamt erschienen im eigenen Windlustverlag.

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