Von Matthias Bosenick (03.09.2025)
Live-Alben gibt es vom international besetzten Trio Stick Men haufenweise, die letzte Studio-EP „Tentacles“ hingegen ist bereits drei Jahre alt und erschien ihrerseits sechs Jahre nach den vorhergegangenen Studioarbeiten. Deshalb fasst die 2009 ins Leben gerufene Instrumental-Band die neue EP „Brutal“ auch als Ankündigung für ein neues Album auf. Der Titel führt partiell in die Irre: Nicht alle der fünf Tracks sind brutal, einige üben sich in entspanntem Chillen. 25 Minuten zwischen Primus-Bass, Heaviness, Prog-Atmosphäre, Funk und Gothic-Anleihen.
Archiv des Autors: Van Bauseneick
Automatism – Sörmland – Tonzonen Records 2025
Von Matthias Bosenick (02.09.2025)
Hier greift die Selbst-Einsortierung auch etwas ins Leere: Krautrock, Psychedelic Rock, Jazzrock? Alles schwierig ohne Bedenken abzunicken. Was Automatism aus Stockholm auf dem in Sörmland aufgenommenen Album „Sörmland“ machen, ist indes tatsächlich mit Schlagworten kaum beizukommen. Eine leicht entrückte, partiell verdunkelte Version von Yo La Tengo vielleicht? Also deren Version von fragilem Indie-Rock, nicht die manische Drone-Variante. Alles ohne Gesang und mit zwei Coverversionen, die gegensätzlicher kaum sein könnten – Angelo Badalamenti und Kraftwerk.
Liegengeblieben!
Von Chrisz Meier (27.08.2025)
Hallo. Ich bin Chrisz Meier und arbeite bei einem Bürgerradio in Südwest-Niedersachsen. Der Sender bekommt ständig Promo-CDs zugeschickt, die niemand verlangt hat und um die sich niemand kümmert. Diese CDs landen dann mitsamt ihrem Beipackzettel der Plattenfirma, auf der die jeweilige Band stets als die Neuerfinder der Musik gepriesen wird, in einer schmucklosen Ablage, beschriftet mit „Zum Mitnehmen“. Einige der bei dem Sender ehrenamtlich Tätigen, Betreiber ihrer eigenen Radioshows, bedienen sich daraus, vieles bleibt aber dennoch liegen. Diese Liegengebliebenen durchforste ich in unregelmäßigen Abständen, immer auf der Suche nach unentdeckten Perlen – nicht zuletzt deswegen, weil ich, selbst Teil einer Band, der keinerlei Beachtung entgegengebracht wird, es ungerecht finde, diese mit viel Herzblut und Zeit hergestellte Musik einfach zu ignorieren.Also werde ich an dieser Stelle hin und wieder ein paar dieser Liegengebliebenen vorstellen.
WeiterlesenWas meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Top Of The Lake – Fast so gut wie Twin Peaks
Von Onkel Rosebud
Als meine Freundin und ich anfingen, die Serie „Top Of The Lake“ zu schauen, war sie sich sicher, sie hätte die bereits gesehen. „Gleich kommt dieser wehmütig-euphorische Song, von dem, na wie heißt er noch?“ „Angelo Badalamenti“ murmelte ich und stöhnte, „das spielt nicht in Twin Peaks, sondern in Laketop.“ Dabei lag sie auch irgendwie richtig, denn Jane Campions „Top Of The Lake“ und David Lynchs „Twin Peaks” zeigen Abgründe und Geheimnisse in einer in nasskalten Nebel getauchten Provinz, die Schnitte sind langsam, die Stimmung elegisch und die Krimihandlung ist nur ein alibihafter Rahmen für die wirkliche Geschichte. In beiden Serien liegen die schönste Natur und das Hässlichste der menschlichen Seele ganz nah beieinander. (Um jedoch eines gleich klarzustellen: „Top Of The Lake“ ist Twin-Peaks-ähnlich, aber nicht ganz so gut, denn fast nichts ist so gut wie Twin Peaks – jedenfalls nicht anno 1990.)
WeiterlesenFaun Fables – Counterclockwise – Drag City 2025
Von Matthias Bosenick (21.08.2025)
Wenn ein Album gleich mit einem Ohrwurm beginnt, ist das schon mal ein gutes Zeichen, und wenn sich diese Ohrwurmhaftigkeit über die Spielzeit häuft, ein umso besseres – und das bei einem Album, das bei aller Lieblichkeit auch noch leicht sperrig ist, zumindest hintergründig. Hört man sich die fragilen Folkweisen der Faun Fables an, mag man sich kaum ausmalen, dass diese Familie in anderen Zusammenstellungen den größtmöglich brutalen Lärm zu machen in der Lage ist, als Sleepytime Gorilla Museum etwa. Das siebte Album „Counterclockwise“ ist das erste von Faun Fables nach neun Jahren Unterbrechung.
Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Im Zweifel für die Zweiflers
Von Onkel Rosebud
Wenn es darum geht, Perlen der deutschen Serienlandschaft aus dem für Qualitätsfernsehen bekannten Sender ARD zu entdecken, ist meine Freundin gern mit von der Partie. Dabei hat sie nichts dagegen, wenn der deutsche Weg aus gutem Nachahmen statt schlechtem Neuerfinden besteht. Die Idee, ein emotional turbulentes und kunterbuntes Familienporträt mehrsprachig zu erzählen, ist aus „Shtisel“. Die Geschichte eines Patriarchen, der einen Nachfolger sucht, erinnert an „Succession“. Die Hintergrundmusik, Kameraführung und teils skurrilen Figuren lassen einen an „White Lotus“ denken. Das Essen in Großaufnahme und der Stress ähneln „The Bear“. Fertig ist „Die Zweiflers“.
WeiterlesenBlixa Bargeld & Nikko Weidemann – Blixa Bargeld Sings David Bowie – Bargeld/Weidemann 2025
Von Matthias Bosenick (20.08.2025)
Wenn Blixa Bargeld schon David Bowie singt, dann natürlich vornehmlich dessen Songs mit Berlin-Bezug. Zur Seite sitzt ihm Pianist Nicolai „Nikko“ Weidemann, subkultureller Weggefährte seit 45 Jahren, der die vier ausgewählten Lieder dieser EP warm begleitet, auch stimmlich im Hintergrund. Natürlich hat ein Bargeld nicht die Inbrunst eines Bowie, seine Art, die Stimme einzusetzen, unterscheidet sich massiv, er ist mehr der Erzähler als der Sänger, so kennt man ihn, so liebt man ihn. Dringlicher ist jetzt eigentlich noch der Wunsch nach „Blixa Bargeld singt Rio Reiser“.
Babal – Running In The Gutter – Friends Of The Fish/Fruits de Mer Records 2025
Von Matthias Bosenick (19.08.2025)
Babal halten sich an gar nichts. An sich errichtet das englische Art-Rock-Trio mit Gastbassisten beste Grundlagen für ausgemachten Lärm, hält seine Musik aber bedeckt und fokussiert sich mehr auf ernsthafte Verspieltheit und den Gesang. „Running The Gutter“, das irgendetwas zwischen zehnte und 15. Album seit 1999, repräsentiert das Freakige der Band, die dennoch nie in Extreme verfällt. Man könnte die Musik streckenweise sogar als Pop auffassen, wäre sie nicht so herrlich komplex und unangepasst.
Steve Roach & Vidna Obmana – The Live Story – A New Wave Of Jazz 2025
Von Matthias Bosenick (18.08.2025)
Wenn jemand mal eben kurz siebeneinhalb Stunden Zeit hat und nicht so richtig weiß, was er damit anfangen soll, empfiehlt sich „The Live Story“, eine Sammlung von vier gemeinsamen Gig-Mitschnitten der Soundtüftler Steve Roach aus Kalifornien und Dirk Serries aus Antwerpen, jener unter seinem Alias Vidna Obmana. Aufgenommen zwischen 1996 und 2000, präsentiert das Duo diese Performances uneditiert und zum eskapistischen Mitchillen: Das ist Ambient, versetzt mit Experimenten, eine zeitlose Reise durch unermessliche Sphären, gelegentlich auch mit ansprechenden Schräglagen.
No Joy – Bugland – Hand Drawn Dracula 2025
Von Guido Dörheide (14.08.2025)
Schon mal was von Jasamine White-Gluz gehört? Aus Kanada? Sängerin der Band No Joy, die seit 2010 bereits fünf (5!) apselut großartige Alben herausgebracht haben? Nein? Aber bei dem Namen klingelt was? Haben Sie Bücher über Pawlow oder Schrödinger? Na, da klingelt eine Glocke, aber Sie wissen Sie aber nicht, ob Sie tot oder lebendig oder beides gleichzeitig sind? Hm? Häh?
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