Liegengeblieben!

Von Chrisz Meier (21.01.2025)

Hallo. Ich bin Chrisz Meier und arbeite bei einem Bürgerradio in Südwest-Niedersachsen. Der Sender bekommt ständig Promo-CDs zugeschickt, die niemand verlangt hat und um die sich niemand kümmert. Diese CDs landen dann mitsamt ihrem Beipackzettel der Plattenfirma, auf der die jeweilige Band stets als die Neuerfinder der Musik gepriesen wird, in einer schmucklosen Ablage, beschriftet mit „Zum Mitnehmen“. Einige der bei dem Sender ehrenamtlich tätigen Betreiber ihrer eigenen Radioshows bedienen sich daraus, vieles bleibt aber dennoch liegen. Diese Liegengebliebenen durchforste ich in unregelmäßigen Abständen, immer auf der Suche nach unentdeckten Perlen – nicht zuletzt deswegen, weil ich, selbst Teil einer Band, der keinerlei Beachtung entgegengebracht wird, es ungerecht finde, diese mit viel Herzblut und Geld hergestellte Musik einfach zu ignorieren.

Also werde ich an dieser Stelle hin und wieder ein paar dieser Liegengebliebenen vorstellen.

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Wallace & Gromit: Vergeltung mit Flügeln (Vengeance Most Fowl) – Nick Park/Merlin Crossingham – Aardman 2024/Netflix 2025

Von Matthias Bosenick (20.01.2025)

Seit 2008 gab es keinen neuen Film von und mit und über „Wallace & Gromit“, den quasselfreudigen Erfinder und seinen schweigsamen Hund, die beiden englischen Knetgummifiguren, die 1989 erstmals im britischen Fernsehen und Mitte der Neunziger auch in Deutschland im Kino auftraten. Jetzt reaktiviert Erfinder Nick Park nicht nur die Titelhelden, sondern auch den kriminellen Gegner ihres zweiten Films „The Wrong Trousers“ aus dem Jahr 1993, nämlich den als Hahn verkleideten Pinguin Feathers McGraw, der die titelgebende Rache vollzieht. Sind ein paar nette Gags drin, ist aber nicht der langen Rede wert, muss man ernüchtert konstatieren. Wichtigster Hinweis: um Gottes Willen nicht auf Deutsch gucken! Die Synchronisation ist erbärmlich fürchterlich.

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Karsten Weyershausen – FHELERKULTUЯ – Edition Wortmax 2024

Von Matthias Bosenick (18.01.2025)

Nerdwissen, könnte man auch sagen, sammelt Karsten Weyershausen in seinem neuen Kompendium „FHELERKULTUЯ“. Doch es ist ein Nerdwissen, das uns trotz seiner vermeintlich nerdigen Tiefe alle angeht, weil es Themen unseres Alltags nicht nur tangiert, sondern häufig auch erklärt. In seinem zweiten Buch der Edition Wortmax bündelt der Braunschweiger Zeichner und Autor Aha-Momente en gros und blickt mit warmherziger Ironie hinter die Kulissen. Man lernt so viel bei der Lektüre, über Comics, Filme, Bücher und allerlei weitere Themenfelder, und selbst der nostalgische Blick in die (eigene) Vergangenheit hat nicht durchgehend etwas Verklärendes, sondern nicht selten etwas Erklärendes. Zu dem man bei der Lektüre oft sehr laut herauslacht. Und mit dem Schreiber über seine Themen weiterdiskutieren möchte.

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Ethel Cain – Perverts – Daughters Of Cain Records 2025

Von Guido Dörheide (17.01.2025)

Ich muss zugeben, dass der ganze Ethel-Cain-Hype der vergangenen Jahre komplett an mir vorübergegangen ist, ebenso der Fakt, dass es schätzungsweise 200.000 Memes gibt, die sich mit Ethel Cain und ihren düsteren Songinhalten beschäftigen, bzw. sich teils darüber lustig machen. Auf „Perverts“ aufmerksam geworden bin ich durch einige begeisterte Reviews, nach deren Lektüre ich den Eindruck hatte, dass jemand, zu dessen Lieblings-Singer/Songwriterinnen Lana del Rey, Anna von Hausswolff, Lady Gaga und Chelsea Wolfe zählen, unbedingt mal in das Album reinhören sollte. Und sich danach noch mal mit allem beschäftigen sollte, was Ethel Cain vorher veröffentlicht hat. Und Bingo: Kurz in „Perverts“ reingehört, festgestellt, dass das definitiv was für mich ist, und dann erstmal die ersten Singles/EPs „Bruises“, „Carpet Bed“, „Golden Age“ und „Inbreds“ sowie das Debütalbum „Preacher’s Daughter“ (2022) durchgehört.

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(0) – Knæk.Mørke.Mod.Lys – Audible Records 2024

Von Matthias Bosenick (17.01.2025)

Das stellt die Black-Metal-Gemeinde vor Herausforderungen: Auf ihrem erst zweiten Album mit dem in Großbuchstaben gehaltenen Titel „KN​Æ​K​.​M​Ø​RKE​.​MOD​.​LYS“ (ungefähr „Brich die Dunkelheit gegen das Licht“) machen die unaussprechbaren Dänen (0) – offiziell „parentes0parentes“ – nach eigener Auskunft Progressive Black Metal, was bedeutet, dass sie die Oldschool-Fans mit einem typischen Blastbeat-Geschrei-Brett anteasen und ihnen dann die gesegnete Vielfalt der Experimentierfreude unterjubeln, die weit über den mittlerweile auch schon oldschooligen und ebenfalls hier vertretenen Post Black Metal mit seinen atmosphärischen Flächen hinausgeht. Damit stellt Dänemark in doppelter Hinsicht eine Qualitäts-Klammer um das Black-Metal-Jahr 2024: Im Januar Solbrud mit „IIII“, im Dezember (0) mit „Knæk.Mørke.Mod.Lys“.

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Age Otori – Age Otori – Bitume Prods 2024

Von Matthias Bosenick (16.01.2025)

Ernsthaft: Der japanische Begriff Age Otori steht für die Situation, dass man nach dem Frisörbesuch eine schrecklichere Frisur hat als vorher. Hier steht es für den Namen einer italienischen Band und deren Debüt-EP, auf der das Quartett eine Melange aus Achtziger-Wavepop und unerwartet heavy Shoegaze macht. Die können was! Nun: Die einzelnen Musiker haben schon so einiges an Meriten auf dem Zettel, da kann man sich nur freuen, dass sie ihre Quellen auf eine so berauschende Weise zusammenführen.

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The Cure – Songs Of A Live World: Troxy London MMXXIV – Polydor/Fiction Records 2024

Von Matthias Bosenick (16.01.2025)

Seit 2008 wartet die Gemeinde auf das nächste Testament nach „4:13 Dream“, auch der Tatsache ungeachtet, dass jenes bis dato letzte Studioalbum auch bei den Fans von The Cure nur wenig bleibenden Eindruck hinterließ. Aber hey, neue Mucke von The Cure! Wir nehmen ja alles, auch die „Songs Of A Lost World“, die Gothrockprediger Robert Smith und seine Kardinäle 16 Jahre später unter die Leute bringen. Und nicht etwa das damals angekündigte „4:14 Scream“. Aber wie damals ist auch jetzt wieder die Rede von Liegengebliebenem, das in Kürze das Licht der Welt erblicken soll. Also rund 2040. Diese neuen „Songs“ nun erwecken in der Studioversion sehr den Eindruck von Auftragserfüllung, weniger von brennender Inspiration. Wie das Album wohl vor Publikum klingen mag? Das verrät „Songs Of A Live World“, aufgenommen am 1. November 2024 im Londoner Troxy.

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Was meine Freundin gerne liest – die Literaturkolumne: Die Abenteuer des Werner Holt

Von Onkel Rosebud

Dieter Nolls Roman „Die Abenteuer des Werner Holt“ war Pflichtlektüre in der 10. Klasse des DDR-Schulsystems und wurde damals trotzdem von so ziemlich allen jungen Erwachsenen freiwillig gelesen, weil es vordergründig ein Abenteuerroman ist und erst im Abgang ein Antikriegsroman.

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Marla van Horn – Retrospection – Slithering Black Records 2024

Von Matthias Bosenick (15.01.2025)

Kann man sich beim ersten Anhören gar nicht so recht vorstellen, dass es bei der Musik von Marla van Horn immerzu um so Dunkelheiten geht, Blut, Rost, Hades, Tod und Verderben – so ätherisch, wie die polnische Designerin zu fragilen Soundscapes haucht. Na ja gut, okay, die Soundscapes sind schon reichlich dunkel, obschon beim ersten Eindruck etwas Sakrales mitschwingt. Aber dann dringen gelegentlich so beklemmende Elemente in ihre Choräle ein, da weiß man: So richtig auf der Sonnenseite steht die Künstlerin dann eher doch nicht. Für das Label Stlithering Black Records stellte Marla von Horn eine „Retrospection“ mit neun Tracks aus den zurückliegenden vier Jahren zusammen.

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Tacet Tacet Tacet – Fickle – Slowth Records 2025

Von Matthias Bosenick (13.01.2025)

Was für ein obskur glitzernder Abgrund tut sich denn da wieder auf: Francesco „Fra“ Zedde ist ein in Utrecht lebender Italiener aus Jesi, der sich in unzählbaren musikalischen Projekten austobt, die auch noch komplett unterschiedlich ausgerichtet sind. Für „Fickle“, sein drittes Album als Tacet Tacet Tacet, reiste er nach Island, um dort Field Recordings zu erstellen, die die Grundlage für diese abstrakte Musik ergeben. Abstrakt, aber zugänglich: Allein die Rhythmen betreffend könnte man „Fickle“ zwischen Jazz und IDM anordnen, die namensgebende Stille (Tacet) liegt allem trotzdem inne. Kunstmusik, die Freude bereitet.

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