Shred Kelly und Mandolinenterror – Live im Nexus, Braunschweig, am 25. Februar 2016

Von Matthias Bosenick (26.02.2016) und Stefanie Krause (27.02.2016) / Auch veröffentlicht auf Kult-Tour | Der Stadtblog

Wenn Lebensfreude jemals einen neuen Soundtrack brauchen sollte, dann bitte den der kanadischen Band Shred Kelly, wie sie ihn im Nexus darbot. Was das Quintett auf dem Album „Sing To The Night“ zumindest ankündigte, setzte es auf der Bühne mehr als nur überzeugend um: Die allerbeste Laune übertrug sich auf alle, die 100 Gäste ebenso wie das Helferteam. Da war der Geburtstag des Gitarristen nur ein feiernswürdiger Randaspekt, aber sicherlich nicht die Haupterklärung für diese stark infektiöse Ausgelassenheit. Der Funken sprang ordentlich über. Sogar auf den skeptischen Rezensenten.

Weiterlesen

Nevermen – Nevermen – Lex/Ipecac 2016

Von Matthias Bosenick (24.02.2016)

Hm. Da kriegen die Nevermen, das Trio mit vier Leuten, Vorschusslorbeeren sondergleichen, weil ihr Debütalbum so einen wirren Stilmix aufweist. Alles kreuz und quer, von Hip Hop bis Metal, heißt es. Wie kommt man nur auf all diese Sachen?, fragt es. Dergestalt angeheizt, führt man sich die LP zu Gemüte. Und nochmal. Und nochmal. Und kommt nicht umhin, festzustellen, dass es zwar ein sehr hübsches Popalbum ist, aber die Songs in sich so homogen sind wie nur irgend möglich. Seriösere Gorillaz vielleicht, synthetische Beats und Sounds mit Rockattitüde. Gerade ein Mike Patton als einer der drei Sänger (mit Tunde Adebimpe und Doseone) hat schon deutlich schrägere Platten gemacht. Das ist zwar enttäuschend, aber dann freut man sich eben über dieses ernsthafte Popwerk. Auch nett.

Weiterlesen

Wonderland Band – No. 1 – Polydor 1971/Sireena 2016

Von Matthias Bosenick (23.02.2016)

Was es nicht alles gibt. Und was Sireena Records nicht alles ausgräbt. Und woran Achim Reichel nicht alles beteiligt war. Und was macht „die Klofrau“ mitten in „The Liberal John F. Baverstock“? „No. 1“ ist auch heute noch ein schräges Album, das mutig alle möglichen Stile und Sounds mixt. Mariachitrompeten im Progrock, Mittelaltergetröte im Bluesrock, melodische Avantgarde, was nicht alles. Weitab vom Pop, aber bei weitem nicht so unhörbar wie „Die grüne Reise“. Experimentell, aber schön. Verdient es, wiedergehört zu werden.

Weiterlesen

Rudi Rauschgifts Retro-Aktive Show 2: Stonehead & Lone Ol‘ Warrior live im Tegtmeyer, Braunschweig, am 20. Februar 2016

Von Matthias Bosenick (21.02.2016) / Auch veröffentlicht auf Kult-Tour | Der Stadtblog

Weil es zu wenig Stoner Rock live in Braunschweig gibt, rief DJ Rudi Rauschgift kurzerhand seine „Retro-Aktive Show“-Reihe ins Leben. Zur zweiten Ausgabe ließ er die Bands Stonehead aus Dresden und Lone Ol‘ Warrior aus Berlin den Sound der Wüste in den großartigen Partykeller des veganen Restaurants Tegtmeyer mäandern. Dort wurde es auch bald so heiß wie in der Wüste, als die Leute zu den schweren Riffs abhotteten. Später legte Nils Krawolitzki, wie Rudi wirklich heißt, seine persönliche Mixtur tanzbarer Partyhits auf. Die „Retro-Aktive Show“ ist zurzeit vermutlich die einzige Veranstaltung in Braunschweig, bei der allein schon die Musik süßlich-lecker riecht.

Weiterlesen

Hail, Caesar! – Joel & Ethan Coen – USA/GB 2016

Von Matthias Bosenick (20.02.2016) / Auch veröffentlicht auf Kult-Tour | Der Stadtblog

Ein Film über das Hollywood der Fünfziger mit dem Humor des Hollywood der Siebziger: Das ist „Hail, Caesar!“, der neue Film der Coen-Brüder. Das Ergebnis verhält sich wie ein Coversong, den eine Band lediglich nachspielt, aber nicht interpretiert. Es fehlt das Subversive, für das man die Coens in den meisten vorherigen Filmen zu lieben lernte. „Hail, Caesar!“ ist schön bunt, hat diverse lustige Dialoge und keine richtige Handlung. Er ist zwar einigermaßen unterhaltsam, aber blutarm. Vermutlich funktioniert er wie „Birdman“ von Alejandro González Iñárritu besser, wenn man US-Amerikaner ist oder sich wahnsinnig für die Hollywood-Fassade interessiert. Wer lieber auf den Inhalt hinter der Fassade blicken will oder wenigstens einen brutalen ironischen Bruch mit dieser Fassade erwartet, wird hier enttäuscht.

Weiterlesen

Veröffentlicht unter Kino

Tom Jones – Long Lost Suitcase – Seconds Out/Virgin 2015

Von Matthias Bosenick (08.02.2016)

So richtig viele Ergraute haben es nicht geschafft, nach diversen Untiefen im Alter zur Würde zurückzukehren (oder sich ihr wenigstens erstmals zuzuwenden)(oder gleich lebenslang würdevoll zu sein, wie Patti Smith). Tom Jones ist einer von ihnen: „Long Lost Suitcase“ ist der Abschluss einer Trilogie, die sich mit Jones‘ Einflüssen und musikalischen Wegbegleitern befasst. Das Album wirkt weniger kohärent als die Vorgänger, eher wie eine Compilation, aber was der Waliser darauf macht, macht er mehr als gut. Blues, Country, Ballade, Funk, Rock – wäre da nicht seine markante und immer noch unschlagbar kräftige Stimme, die Auswahl klänge willkürlich. So ist sie aber biographisch. Statt „What’s New, Pussycat?“ fragt das Album eher „What’s Old, Tiger?“

Weiterlesen

Veröffentlicht unter Album

Morgenstern (Episoden 1 bis 4) – Raimon Weber – Folgenreich/Universal 2013/2014

Von Matthias Bosenick (06.02.2016)

Fast zwei Jahre zurück liegt die Veröffentlichung der vierten und bislang letzten Episode der „Morgenstern“-Serie von Raimon Weber, jetzt erfolgt eine neuerliche Marketingkampagne dafür. Unklar ist, ob es neue Folgen geben soll, denn die vierte endet mit einem Cliffhanger. Bei „Morgenstern“ handelt es sich weder um ein Hörbuch noch um ein Hörspiel, sondern um eine Mischform, die inszenierte Lesung nämlich, und wenn man Vertreter wie „Der Butler“ oder „The Return Of Captain Future“ kennt, stellt man fest, dass es auch in dem Genre Unterschiede gibt, denn „Morgenstern“ hat nicht wie jene einen Hauptleser und für jeden Charakter eine Stimme, sondern nur eine Stimme und dazu Soundeffekte. Wenn man sich darauf einlässt, bekommt man eine ziemlich hard-boiled Krimi-Geschichte um einen – na klar – zum prekären Privatdetektiv gewandelten Ex-Polizisten, der in eine Art übergeordnete Verschwörung gerät. Hier punktet weniger die Spannung als die Art und Weise, wie die teils verstörenden Elemente zusammenhängen.

Weiterlesen

Fabio Cuomo, Morgengruss, Vanessa van Basten, Vivienne The Witch und Ramachandran – Taxi Driver Records 2016

Von Matthias Bosenick (04.02.2016)

 

Das feine Label Taxi Driver Records aus Genua startet eine unerwartete Veröffentlichungswelle: Gleich ein halbes Dutzend Alben und EPs sind im Januar erschienen. Die Stilpalette ist so weit wie die des eigenen Plattenladens: Doom, Rock, Psychedelic, Indierock, Ambient, Post-Irgendwas – Hauptsache progressiv. Ein kleiner Überblick.

Weiterlesen

Goethes Erben – Menschenstille – Dryland Records/Samsonido 2015

Von Matthias Bosenick (03.02.2016)

Ist das nicht gruftig? Goethes Erben sind nicht tot, sie riechen nicht mal komisch. Oswald Henke erweckte seine alte Band von den Toten, um mit ihr im Oktober 2015 in Bayreuth ein Musiktheaterstück über das Sterben auf die Bühne zu bringen. Nun ist ja kein Konzert der Erben jemals frei von Theater gewesen und Henke somit auch hier in seinem natürlichen Element. Für die zwei Aufführungen, die diesem Mitschnitt auf DVD zugrunde liegen, fuhr der Mann alles auf, was ihm an Opulenz einfiel, in Sachen Musikern, Tänzern, Arrangeuren und Bühnendekorateuren. Unfassbar aufwändig. Das ergibt fast drei Stunden schwere Kost, die nicht zwingend eine Geschichte erzählt, aber dramatische Inhalte transportiert. Und optisch durch die Monochromie fokussiert ist: Das Sterben ist ästhetisch grau. Ein Teil der Musikstücke lässt sich auch fein ohne die Bilder zu Gemüte führen, dafür gibt es ein Destillat des Stückes auf CD. Einziger Wermutstropfen: Die gottlob nur selten eingesetzte Kraushoferin ist nicht mal ansatzweise ein Ersatz für Mindy Kumbalek.

Weiterlesen