Kim Gordon – The Collective – Matador 2024

Von Guido Dörheide (24.03.2024)

Soloalben von Thurston Moore fand ich immer eher Singer/Songwriter-lastig und weicher und melodischer als alles von Sonic Youth, Kim Gordon geht 2019 auf „No Home Record“ und jetzt auf „The Collective“ einen anderen Weg: Was Moores Ex-Frau auf ihren Soloalben macht, finde ich wesentlich spannender, weil es eher rhythmusbetont, schräg, noisig und unmelodiös ist und DENNOCH seinen Weg ins Ohr findet. Das liegt zum einen an Gordons Stimme und ihrer Art zu singen. Wer noch niemals Kim Gordon singen gehört hat, greife jetzt bitte zu Sonic Youths 1990er Großtat „Goo“: Klar hat Thurston Moore erstmal die Stiefel an, die Nase vorn und überhaupt den Längsten mit „Dirty Boots“, aber die wahren Schätze des Albums sind „Tunic“ (ein komplett berührender und alle Emotionen umrührender Song über Karen Carpenter und ihr tragisches Ende) und „Kool Thing“, dem grandiosen Duett mit Public Enemys Chuck D.

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Christin Nichols – Rette sich, wer kann! – My Own Party Rec. 2024

Von Guido Dörheide (24.03.2024)

Ich erinnere mich an 2022, eine meiner ersten Rezensionen hier, „I’m Fine“ von Christin Nichols, und nicht nur die Musik, sondern auch die Texte hauten mich damals um. Kann Nichols Zeilen wie „Ich hab auch kein Sex-Appeal und kein Verkehr, ich hab auch kein Backup gemacht, und die Milch ist schon wieder leer.“ („Sieben Euro Vier“ vom besagten „I’m Fine“-Album) noch irgendwie toppen?

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Der Nino aus Wien – Endlich Wienerlieder – Sony Music 2024

Von Guido Dörheide (24.03.2024)

Bin ich grundsätzlich zu blöd, um mitzubekommen, wenn meine österreichischen Lieblingskünstler neue Musik veröffentlichen, schreiben die Medien zu wenig darüber, oder sind 2022 so viele gute Alben erschienen, dass ich einfach den Überblick verloren habe? Von der Veröffentlichung der beiden Weltklasse-Alben „Oame Söö“ von Ernst Molden (ein wunderbares Album über den Tod, nee, Quatsch, über Märchen und Sagen. Also doch über den Tod.) und „Wie die Nocht noch jung wor“ von Voodoo Jürgens aus 2022 nahm ich zumindest erst im vergangenen Jahr Notiz. Über „Endlich Wienerlieder“, die aktuelle Veröffentlichung von Der Nino aus Wien, las ich immerhin nur eine knappe Woche verspätet in den Medien, und dabei bekam ich dann auch zufällig mit, dass auch Nino Mandl (der heißt nämlich gar nicht „aus Wien“ mit Nachnamen) bereits 2022 ein neues Album veröffentlicht hatte („Eis Zeit“), das komplett spurlos an mir vorübergegangen war.

Nun also „Endlich Wienerlieder“ vom Bob Dylan vom Praterstern, wie der Kritiker:innenliebling von den Kritiker:innen liebevoll genannt wird, und ich bin gespannt.

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Carpet – Collision – Kapitän Platte 2024

Von Matthias Bosenick (22.03.2024)

Was haben die Beatles machen lassen? Aus der Liverpooler Echokammer präsentieren die Bayrischen Schwaben Carpet ihr neues Album „Collision“, das aufgrund der inzwischen fast schon wieder vergessenen Corona-Pandemie und den damit verbundenen physischen wie psychischen anderen Umständen in seiner Entstehung einem permanenten Wandel unterlag. Das muss man indes gar nicht so genau wissen, um zu erleben, dass die Augsburger die progressive Rockmusik mehrfach um sich selbst drehten, mit Trompeten und Orgeln bestückten und die sieben Tracks in einen wandlungsfähigen Fluss brachten. Und nein, die Beatles-Harmonien dominieren „Collision“ nicht, hier gibt’s auch Ausbrüche, die jene nie gewagt hätten. Oder?

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Damnation – Fátum – Pest Records 2024

Von Matthias Bosenick (21.03.2024)

Um die Welt mit Metal: Aus Ungarn werfen Damnation ihr erstes Album in den Ring, und auch wenn einem Ungarisch mit seinen für uneingeweihte verwirrenden Sonderzeichen wie ö und ő, ü und ű sowie den ganzen á, é, í, ó, ú und so fort sprachlich ein ewiges Rätsel bleiben wird, erschließt sich einem der Album-Titel „Fátum“ – das ist indes nordisch, Isländisch vermutlich, für „Schicksal“. Zu fünft generiert die noch junge Band aus alten Hasen ein Death-Metal-Werk voller Dynamik, Groove und Energie, mit Riffs, Growls und einigen Schnörkeln. Klassischer Stoff also, für den es sicherlich einige Entsprechungen im Regal finden lassen und der dennoch mit Attraktivität punktet, nämlich über die Rezeptur, die gekonnte Darbietung und die satte Produktion. Lärm, Most und Gebrüll!

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Job For A Cowboy – Moon Healer – Metal Blade Records 2024

Von Guido Dörheide (18.03.2024)

Yee-haw! Die Cowboys from Death haben – 10 Jahre nach „Sun Eater“ – nunmehr einen neuen Job. Und der Fallmanager hat dabei gute Arbeit gemacht: „Moon Healer“ setzt „Sun Eater“ kongenial fort, auf beiden Alben geht es um Drogen, ein Thema, das mich a) kaum interessiert und von dem ich b) wenig Ahnung habe, also lasse ich mich hier mal lieber lang und breit über die Musik auf dem neuen Werk aus: Job For A Cowboy haben mal als Deathcoreband angefangen und spielen seit „Sun Eater“ eher düsteren, technischen Death Metal mit Grunz- anstelle von Klargesang, und wo noch bis „Demonocracy“ (2012) ein steter Wechsel zwischen brutalem Grunzen und panischem Kreischen an der Tagesordnung war, presst Sänger Jonny Davy inzwischen seine Growls und Screams eher gequält heraus, was viel wirkungsvoller ist und auch hübscher klingt als davor.

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Aborted – Vault Of Horrors – Nuclear Blast Records 2024

Von Guido Dörheide (18.03.2024)

Auf Aborted aus Belgien (Fällt Ihnen das auch auf, werte Lesende? Bei jeder noch so popeligen Kapelle aus den Vereinigten Staaten von Amerika taucht an dieser Stelle der Bundesstaat und die Heimatstadt auf, Belgien hingegen ist so klein, dass dem ignoranten Banausen, der diese Zeilen schreibt, die Nennung des Herkunftsstaates komplett ausreichend erscheint.) ist Verlass: Seit 1999 veröffentlichen sie Alben in wechselnder Besetzung, einzige Konstante ist Sänger Sven de Caluwé, und dieser schart auch auf „Vault Of Horrors“ (Horrofilme sind das Thema, seit jeher bei Aborted) eine Armada von Gastsängern um sich (hier singt bei jedem Song ein Gast mit, von Ben Duerr von Shadow Of Intent über Matt McGachy von Cryptopsy und viele andere mehr bis hin zu Ricky Hoover von Ov Sulfur), was aber egal ist, da sie nicht weiter auffallen.

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Pissed Jeans – Half Divorced – Sup Pop 2024

Von Guido Dörheide (17.03.2024)

Pissed Jeans aus Allentown, Pennsylvania machen eine Mischung aus Hardcore Punk und Noise Rock mit viel Post. Post Punk, Post Hardcore, Post alles Mögliche. Der erste Song des aktuellen, sechsten Albums „Half Divoced“ hört auf den Namen „Killing All The Wrong People“ und beginnt gleich mit einer polterndem Noise-Punk-Mischung und handelt davon, dass es sich beim Töten nicht in erster Linie um eine schlechte Idee handelt, nur dass diese in die falsche Richtung geht, wenn man die falschen Leute tötet. Das ist zumindest mal eine interessante Perspektive.

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Klez.e – Erregung – Windig 2024

Von Guido Dörheide (17.03.2024)

Von Klez.e las ich zufällig und beschäftigte mich dann zuerst, bevor ich mir die ersten drei Alben vorhahm, mit deren 2017er Werk „Desintegration“. Ja genau, so wie „Disintegration“, nur in deutscher Schreibweise. Und irgendwie wie „Disintegration“ von The Cure hört sich die Musik von Klez.e seit 2017 auch an, sogar der Gesang. Und das ganze mit guten Texten in deutscher Sprache und diesem halb mit heller Stimme gemurmelten und halb wie getrieben vor sich hin geklagten Gesang eines mittelalten Robert Smith (der war damals um die 30 und aus Sicht meines damals 14jährigen Ichs schon eine Ewigkeit im Geschäft). Diesen Cure-Sound vom Ende der spannendsten Zeit dieser Band, 1989, habe Klez.e auch auf „Erregung“ beibehalten, und auch hier klingen die Texte wieder rätselhaft, düster und ziemlich schön. Nicht wie Lyrik, sondern eher wie im Vorbeilaufen beobachtet und dann mal hingesungen. So sehr curistisch haben sich Klez.e nicht immer angehört, die ersten drei Alben waren melancholischer Indiepoprock, etwas elektronischer als heute und auch irgendwie eigenständiger, dennoch kann ich mich erst durch die beiden letzten Alben so richtig für Klez.e begeistern.

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Chatte Royal – Mick Torres Plays Too Fucking Loud – Kapitän Platte 2024

Von Matthias Bosenick (15.03.2024)

Da geht immer noch einer mehr: Chatte Royal spielen nicht einfach Math Rock, sie spielen Post Math Rock! Also Rockmusik mit harten, komplexen Strukturen und epischen flirrenden Passagen durcheinander. Warum aber trauen sich die Belgier nicht, das Wort „Fucking“ zu schreiben, und benennen ihr Debütalbum offiziell „Mick Torres Plays Too F***ing Loud“? Jedenfalls übertreiben es die vier aus Mons nicht mit ihrer Frickeligkeit und halten ihre instrumentalen Tracks bei aller Kunst hinreichend nachvollziehbar. Und Kunst können sie, das Album hat ein angenehm hohes Tempo und überfordert trotzdem nicht. Miau!

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