Blindgänger – Kerstin Polte – D 2024

Gezeigt auf dem 38. Braunschweig International Film Festival

Von Guido Dörheide (24.11.2024)

Alle Handelnden in diesem Film sind irgendwie fertig und am Ende, mit Ausnahme von Prince Charles, einem weißen Kaninchen, dessen wirklicher Name, wie dem Abspann zu entnehmen ist, Honk lautet.

Blindgänger handelt vom Arbeitsalltag eines Teams des Hamburger Kampfmittelräumdienstes (KRD) auf der einen und von den Schicksalen und Problemen aller von der bevorstehenden Entschärfung einer englischen Fliegerbombe aus dem 2. Weltkrieg Betroffenen auf der anderen Seite sowie von den persönlichen Verflechtungen zwischen allen im Film vorkommenden Personen, die sich durch die obwaltenden Umstände ergeben.

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Sibylle Schreiber & Jürgen Jastrzembski – Ich komm’ als Sternschnuppe wieder – Ehrlich Verlag 2024

Von Matthias Bosenick (24.11.2024)

Mit „Vom Lachen über den Tod“ war der erste Band der Geschichten aus dem Hospiz betitelt, der jetzt in „Ich komm’ als Sternschnuppe wieder“ seine Fortsetzung findet. Mag der erste Titel noch fälschlicherweise despektierlich wirken, geht es der Autorin Sibylle Schreiber ebenso wie – ab der Fortsetzung – ihrem Partner Jürgen Jastrzembski mitnichten um eine schwarzhumorige Näherung an das Ableben. Vielmehr finden und teilen sie Trost im Unausweichlichen und mit dem Blick auf das alle treffende Vergehen einen alternativen Zugang zum Leben davor. Es ist eine herzerwärmende Ermunterung, das Leben mit Freude zu begehen, bis zum letzten Augenblick. Die Geschichten für diesen zweiten Band notierten die Autoren bei Gesprächen im Hospiz in Luckau, Brandenburg.

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Konklave (Conclave) – Edward Berger – USA/GB 2024

Von Matthias Bosenick (22.11.2024)

Das ist ein Film, wie man ihn sich im Kino wünscht: visuell überwältigend, jedes Bild ein Kosmos, dazu ein markerschütternder Soundtrack und hervorragende Darsteller, die eine gemächliche, aber einen erheblichen Sog entwickelnde Geschichte erzählen – nämlich die des „Konklave“, das zusammenkommt, um einen neuen Papst zu ermitteln. Die Problematik der Romanverfilmungen meistert Edward Berger vortrefflich, Fans der Vorlage von Robert Harris können ausnahmsweise mal zufrieden sein. Und wer das Buch nicht kennt, bekommt einfach so eine fantastische Zeit im Kino geboten.

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Thunderwize – The End Of Words – Bitume Prods 2024

Von Matthias Bosenick (21.11.2024)

Ist das dann Didgeridoom? Für ihr zweites Album „The End Of Words“ verzichten Thunderwize komplett auf die Gitarre und fabrizieren ihren Schamanendoom ausschließlich mit Didgeridoo, Schlagzeug und Stimme. Klingt merkwürdig? An Thunderwize ist alles besonders: Die Band besteht aus nur zwei Leuten, die aus den französischen Alpen kommen und kalifornischen Stoner und düsteren Doom mit australischen Instrumenten und indigenem Gesang verbinden. Und dann hat das Album auch noch lediglich zwei Tracks, jeweils 38 und acht Minuten lang. Und es funktioniert!

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OWD – Four – Antibody Label 2024

Von Matthias Bosenick (20.11.2024)

Die Vier steht im Zentrum der ersten EP, die der Brüsseler Sylvain Oswald Derez unter seinem Alias OWD veröffentlicht: „Four“ heißt sie, vier Stücke sind drauf und alle Tracks sind mit vierbuchstabigen Wörtern betitelt. Laut Info macht Derez Techno, doch sollte man sich da nicht ins Bockshorn jagen lassen: Davon ist „Four“ sehr weit weg. Rhythm’n’Noise, Glitch, Drone, IDM, der junge Tüftler tobt sich in Bereichen aus, die nicht eben mehrheitsfähig sind. Und das macht er auch noch gut.

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Bissesvinet – Blodager – Bissesvinet 2024

Von Matthias Bosenick (19.11.2024)

Was aus einem einmaligen Gastbeitrag so werden kann: Sänger Bisse war vor zwei Jahren Feature auf „Intruducing SVIN“, dem siebten Album der dänischen Avantgarderockband Svin, und zwar im Song „Bøn“. Der gefiel beiden Beteiligten – und allen Hörenden – so gut, dass sich Sänger und Band zu Bissesvinet zusammentaten. „Blodager“ ist das Debüt dieser Kombination, und es überwältigt mit einer eigensinnigen Musik, die weniger Avantgarde ist als kunstvoll rätselhaft, energetisch ohne Gewalt, dennoch pandämonisch, zudem generiert zuvorderst mit Blas- und Tasteninstrumenten und mit zwingendem Gesang versehen. Für dieses Debüt mussten beide Parteien von ihrer gewohnten Arbeitsweise abweichen und Kompromisse finden – und es gelang ihnen vortrefflich.

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Davide Pansolin – Kiss The Sun – Tsunami Edizioni 2024

Von Matthias Bosenick (18.11.2024)

„Die lange Reise des Heavy Psych 1980-2000“ ist das im Untertitel aufgedröselte Thema von „Kiss The Sun. Il lungo viaggio dell’heavy psych (Le tempeste)“, einem gigantischen Kompendium, zusammengetragen von einem, der sich auskennt: Davide Pansolin betrieb in Savona Plattenladen, Label und Magazin jeweils mit dem Namen Vincebus Eruptum, förderte zahlreiche lokale bis internationale Bands aus der psychedelischen Rockmusik und bündelt sein Fachwissen nun in diesem Buch. Das man bedauerlicherweise ausschließlich auf Italienisch bekommt, aber Google Translate kann helfen, und außerdem schmückt es den Raum ungemein, und man holt sich eben überhaupt das Fachwissen das sympathischen Auskenners nach Hause.

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Anthony Miller – Cyanotypes EP – Mill Hill Records 2024

Von Matthias Bosenick (18.11.2024)

Schalt dein Radio ein: Drei entspannte Songs kredenzt Anthony Miller auf seiner jüngsten EP „Cyanotypes“, klassisch eingeleitet durch ein Intro mit einer Anmoderation wie im Radio. Seine Musik dürfte weitestgehend im nordamerikanischen Folk angesiedelt sein, jedoch nur so weit, dass er dabei Klischees umgeht und seinem Wohlklang eine Basis immerhin auf Holzinstrumenten gibt. Man hört ein Banjo, ja, jedoch unaufdringlich, songdienlich. Cello, Schlagzeug, Akustikgitarre, Chorgesang, die Welt des Gifhorners ist warm, weich, umfangend, kitschfrei.

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Grass Harp – Live im Planetarium Wolfsburg am 16. November 2024

Von Matthias Bosenick (17.11.2024)

Da geht man mehr als 30 Jahre lang auf Konzerte und bekommt im Jahre 2024 etwas geboten, das weltweit sicherlich an einmalig grenzt: Inmitten des Planetariums geben die lokalen Spacerocker Grass Harp ihr erstes Konzert in Wolfsburg seit sieben Jahren, präsentieren ihre neue Fünf-Song-EP „Motodrome“ und lassen sich spektakulär von Projektionen in der Kuppel begleiten. Der vermutlich lediglich imaginierte Duft von frisch gerauchtem Gras hängt in der Kuppel, das Publikum hängt in den gemütlichen Liegesitzen und die Seele hängt im All herum. Einziger Wermutstropfen: Anders, als es das Weltraumthema suggeriert, ist das Konzert nicht unendlich.

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