Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Schuld oder nicht Schuld? Das ist hier die Frage.

Von Onkel Rosebud

Von dem Kurzgeschichten-Bestseller „Schuld“ von Ferdinand von Schirach gibt es vierzehn Folgen verteilt auf drei Staffeln (2015 bis 2019, ZDF). Porträtiert werden besondere Kriminalfälle aus Sicht eines Strafverteidigers, die allesamt düster und echte Runterzieher sind. Die Top-Five der Serie meiner Freundin stammen alle aus der dritten Staffel plus die letzte Folge der 2. Staffel, zusammen mit der vorletzten Folge der 1. Staffel. Das heißt, das Beste haben sich die Serienmacher meistens immer für den Schluss pro Staffel aufgehoben und insgesamt wurde diese außergewöhnliche Serie hintenraus immer besser. Das Bedrückende, nahezu niederschmetternde und verstörendste daran ist, dass es sich um echte Nacherzählungen des wirklichen Lebens handelt. Reale Fälle also. Jede Folge dreht sich um ein neues Schicksal und ein neues Urteil. Weil man sich das so nicht ausdenken kann.

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Gliitch – Dark Dancer/Rock‘on – P.O.G.O. Records 2024

Von Matthias Bosenick (15.05.2024)

Ein schöner Auftakt: Leider nur digital veröffentlicht das Noiserock-Trio Gliitch aus Bordeaux seine erste Single mit zwei Songs, die den Geist – nicht nur – von Steve Albini weitertragen (obschon jener zum Zeitpunkt der Aufnahmen noch lebte). Schön neben der Spur, zweistimmig gesungen, jenseits von Gefälligkeit und gerade damit mitten ins Herz gehen „Dark Dancer“ und „Rock’on“ – da darf von den Bordelaisern gern mehr folgen.

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Fretting Obscurity – Das unglückliche Bewußsein – Bitume Prods 2024

Von Matthias Bosenick (13.05.2024)

Ja, Philosophie kann ein schweres Thema sein, und das hört man der Musik von Fretting Obscurity auch an: Unter diesem Alias generiert Yaroslav Yakos aus Kiew seit 2018 einen schwer schleppenden Funeral Doom, mit „Das unglückliche Bewußtsein“ zum zweiten Mal in Albumform. Auf nur vier Tracks in 50 Minuten kommt der Solist, sein Metronom verreckt auf halber Strecke, die Halsbonbons versagen ihre Wirkung, die von Kant-Kind Yakos thematisierten griechischen und deutschen Philosophen rotieren gemächlich im Grabe, und inmitten der Todeswalzen wagt der Multiinstrumentalist einige bemerkenswerte Ausfallschritte, denn Melodien und Atmosphären beherrscht der Mann ebenfalls. Eine etwas fettere Produktion indes stünde diesem Album gut.

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Robot Dreams – Pablo Berger – E/F 2023

Von Matthias Bosenick (12.05.2024)

Überbordend vor Einfällen beginnt diese Begegnung eines humanoiden Roboters mit einem anthropomorphen Hund im New York der Achtziger, vor dem Fall der Twin Towers, und das als Zeichentrickfilm im klaren Cartoonstil ohne gesprochene Worte, aber mit ganz viel Earth, Wind & Fire. Nach der Hälfte ändert sich in „Robot Dreams“ fast alles, Tempo, Opulenz, Humor, es wird balladesk und melancholisch – und mündet in ein Finale, das man ganz anders erwartet, erhofft, vorausgeahnt hätte. Man hat es eben nicht mit Disney zu tun.

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„The Fall Guy“ – Versuch einer Liebeserklärung (David Leitch – USA 2024)

Von Guido Dörheide (08.05.2024)

Da war Matthias schneller als ich: Als ich durch Zufall beim Stöbern nach potentiellen Nachmittagskinofilmen für Töchterchen und mich auf den Titel „The Fall Guy“ stieß, dachte ich, das stand doch damals immer schon im Vorspann auf dem Nummernschild von Colt Seavers drauf, und hatten die nicht nach diesem Nummernschild die ganze Serie benannt? Also habe ich in die Kurzbeschreibung des Films geschaut und tatsächlich: Ryan Gosling, den ich aus „Barbie“ noch in ganz wunderbarer Erinnerung habe, ist Colt Seavers, und Colt Seavers ist Stuntman und es gibt auch eine Jody in dem Film. Den muss ich sehen! Leider kam ich erst heute (Mittwoch, 08.05.2024) in den Genuss, mir den Film in Begleitung meines Freundes Carsten anzuschauen, aber alles, was einem tagtäglich so malört, hat auch sein Gutes, denn immerhin konnte ich mich so schon mittels Matthias’ Rezension auf den Film einstimmen.

Und schließe mich dieser zu ziemlich viel Prozent an, wäre aber nicht der dunkelblonde Typ mit dem großen Senfglas, wenn ich nicht einen Teil dessen Inhalts hier noch dazugeben müsste.

Alsdann, gehen wir es an:

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Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Das Filmmusical „Annette“ von Leos Carax

Von Onkel Rosebud

Braucht die Welt ein depressives Musical über Liebe, Tod, Selbstzweifel und Wahnsinn, in dem eine Marionette aus Holz mit abstehenden Ohren die Titelrolle spielt und fast jedes Wort gesungen wird? Meine Freundin findet, ja, das braucht‘s. Zumal unser Bester, Adam Driver (wir lieben ihn wegen seiner Auftritte in der Lena-Dunham-Serie „Girls“ und den Filmen „Frances Ha“ sowie „Paterson“ und nicht, weil er Ben Solo/Kylo Ren in dem verkackten Teil des Star Wars Merchandise gespielt hat) neben Marion Cotillard (die authentischste Édith Piaf seit ihr selbst in „La vie en rose“) nebst Simon Helberg (Howard „Fruchtzwerg fliegt ins All“ Wolowitz aus „The Big Bang Theory“) die Hauptrollen spielen. Dass Musik und Text des Films von den Brüdern Ron und Russell Mael der – meiner bescheidenen Meinung nach – legendären, aber völlig unterschätzten Glamrock/Art-Pop/Avantgarde-Band „Sparks“ stammen, war ihr egal, aber der Name des Regisseurs und Drehbuchautors von „Annette“, Leos Carax, ließ sie aufhorchen. Da war doch was? Genau, „Die Liebenden von Pont-Neuf“, ein Film aus dem Jahr 1991 mit der Grande Dame de Schauspiél Juliette Binoche. Das Meisterwerk des damals einunddreißigjährigen Kontroverslings mit der Szene für die Ewigkeit, als Michèle und Alex minutenlang schnellfeuerlachend über die älteste Brücke von Paris tanztoben.

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Einstürzende Neubauten – Rampen (APM: Alien Pop Music) – Potomak 2024

Von Matthias Bosenick (06.05.2024)

„Wie lange noch?“, fragt Blixa Bargeld zu Beginn, und man kann nach diesem Doppel-Album, das auch auf nur eine CD gepasst hätte, nur hoffen, dass die Antwort irgendwas Zustimmendes mit „sehr“ beinhaltet. Man kann das neue Album „Rampen (apm: alien pop music)“ auf zwei Arten hören: mit und ohne Hintergrundwissen, und beide Möglichkeiten öffnen Augen und Ohren. Denn bei den „Rampen“ handelt es sich um eine auf Improvisation fußende Kompositionsvariante der Einstürzenden Neubauten, mit der sämtliche 15 Tracks entstanden sind – die indes auch ohne dieses Wissen als großartige Musik beeindrucken. Wer kann, der kann.

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Niedeckens BAP – Zeitreise (Live im Sartory) – Universal Music Group/Vertigo 2024

Von Guido Dörheide (29.04.2024)

Ähnlich bei „Doctor Who“ existieren verschiedene Inkarnationen von BAP, die ich im Unterschied zur Fernsehserie allerdings nicht am Hauptdarsteller (der war und ist immer Wolfgang Niedecken), sondern am jeweiligen Leadgitarristen festmache: Da war die erste Zeit als „Wolfgang Niedeckens BAP“ mit Hans Heres an der Gitarre und nur einem Album („…rockt andere kölsche Leeder“), dann die Ära Klaus „Major“ Heuser von 1980 bis 1999 mit allen bedeutenden BAP-Alben, aber auch dem musikalisch schlechtesten Werk der Band, dem unerträglich seicht-poppigen „X für e U“ (1990); „Pik Sibbe“ (1993), „Amerika“ (1996) und „Comics und Pin-Ups“ (1999) klangen dann deutlich besser, und in der Ära Helmut Krumminga von ebenfalls 1999 („Tonfilm“) bis 2014 (letztes Studioalbum „Halv so wild“ 2011) lieferten BAP ganz wunderbare Alben wie das Plugged/Unplugged-Werk „Radio Pandora“ (2008) ab, und seit 2014 ist nun Ulrich „Ulle“ Rode für die erste Gitarre zuständig und BAP firmieren nun als „Niedeckens BAP“.

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Thou – Blessings Of The Highest Order – Sacred Bones Records 2024

Von Matthias Bosenick (03.05.2024)

Die kuriosen Fakten vorneweg: Bei „Blessings Of The Highest Order“ handelt es sich um die Doppel-LP-Version einer vier Jahre alten Download-Compilation mit Sludge-Coverversionen von Nirvana-Songs, die die Band Thou aus Baton Rouge über die Jahre auf verschiedenen Veröffentlichungen gestreut hatte, plus einem neuen Song – nur in anderer Reihenfolge und mit einem unästhetischen Cover. Was das soll? Erstmal wurscht: An der Qualität der Grunge-Hits von vor über 30 Jahren rütteln die neuen Versionen nicht, zumal, und das ist wohl die größte Überraschung, sich die Sludge-Versionen musikalisch oftmals gar nicht so weit von den Originalen unterscheiden. Der Keif-Kreisch-Gesang stellt hier den größten Umgewöhnungsfaktor dar, ansonsten ist das Album die Einladung zu einer nostalgischen Abrissparty.

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Watertank – Liminal Status – Atypeek Music 2024

Von Matthias Bosenick (02.05.2024)

Ab die Post: Watertank werden 20 Jahre alt und vermengen auf ihrem erst vierten Album alle möglichen Genres, denen sie das Präfix „Post-“ verpassen, also Post-Hardcore, Post-Rock und, naja, eigentlich war’s das im Groben schon. Vielleicht noch Post-Grunge, Post-Indierock und, äh, Post-Post-Punk. Auf „Liminal Status“ schimmern die melodischen Shihad enorm durch, überhaupt sind die Franzosen aus Montaigu nahe Nantes bei aller Gitarrigkeit recht melodienah, ohne den kopfnickbaren Groove aus den Augen zu verlieren.

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