Von Matthias Bosenick (10.12.2024)
Metalcore schreiben W3 4r3 Num83r5, also We Are Numbers, auf ihre Schublade, und gottlob stimmt das nur minimal. Mit „Death Finds A Way“ werfen die Rumänen aus Brașov, die sich selbst Leet-mäßig in Großbuchstaben und Zahlen W3 4R3 NUM83R5 schreiben, ihr zweites Album in zehn Jahren auf den Markt. Darauf grooven die Jungs nach mehr als nur Metalcore-Art, das reicht von Thrash bis Djent, inklusive Electro- und Melodie-Sprenkeln, alles schön in einen Quirl gehauen. Das ist dann auch das Eigene an diesem Album: die Kombi aus allem.
Archiv des Autors: Van Bauseneick
Super Florence Jam – 60 Big Ones – Bird’s Robe Records 2024
Von Matthias Bosenick (09.12.2024)
Zwölf Jahre nach den Aufnahmen erblickt diese dritte und letzte EP des Quartetts Super Florence Jam – in Eigenschreibweise: super FLORENCE jam – aus Sydney das Licht der Öffentlichkeit. Sechs Songs, die laut Band allesamt zehnmal größer sind als andere, sollen also „60 Big Ones“ ergeben – und sind doch nur typischer Nuller-Indie-Poprock, mit bisweilen eindeutig benennbaren Einflüssen und einem rotzigen Power-Gebaren. Man wundert sich, dass die Veröffentlichung so lang dauerte, schließlich besteht die Hälfte der Band aus den Gründern des Labels Bird’s Robe Records. Selbstbewusstsein haben die vier auf jeden Fall!
Für immer Feuilleton-Punk: Die Goldenen Zitronen – Live im Conne Island, Leipzig, 07. Dezember 2024
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Von Onkel Rosebud (08.12.2024)
Aus männlicher Sicht hat sich für mich die Wiedervereinigung schon wegen drei Personen gelohnt: Neben Matthias Bosenick und Guido Dörheide halten seit Jahren Max Goldt, Blixa Bargeld und Schorsch Kamerun die Stellung in meinen Top 5 der BRD-Schicksale, die ich auch gerngehabt hätte, wäre ich nicht auf der anderen Seite der Mauer geboren. Demzufolge habe ich den drei bekannteren Herren schon sehr oft auf Vorträgen, Lesungen und Konzerten beigewohnt. Insbesondere bei letzterem kann ich mich noch gut an die Weser-Label-Partys Anfang der Neunziger erinnern, wo seine Band von Rocko Schamoni wie folgt angekündigt wurde: „Und nun Schorsch Kamerun, das Arschloch von von den Goldenen Zitronen.“ Selbstredend war es für mich ein innerer Reichsparteitag, an der Veranstaltung „Vierzsch Jahre Goldies – Zauberhafte Ballnacht mit den Goldenen Zitronen und ihren Genoss:innen“ teilzunehmen – zumal auch noch im Conne Island in L.E., dem Epizentrum alternativer Popkultur im Osten der Republik.
WeiterlesenMisha Chylkova – Dancing The Same Dance – Gare Du Nord Records 2024
Von Matthias Bosenick (06.12.2024)
Ah, cool: Das Album „Dancing The Same Dance“ beginnt mit demselben Sample, mit dem es endet, und erfüllt damit einen der vielen Ansätze, den die in Tschechien geborene Londonerin Misha Chylkova ihrem Debüt zugrundelegt: das Konzept des Loops. Ein weiteres Konzept ist inhaltlich motiviert, nämlich die diversen Zustände der Liebe abzubilden, dargereicht aus einer persönlichen Perspektive. Mit ihrem Album-Auftakt gerät der Multiinstrumentalistin gleich ein formidables Werk für die Bestenlisten, zwischen trippig-elektronischen Kammerstücken bis zu ausgearbeiteten elegischen Popsongs. Und alles beginnt von vorn.
Liegengeblieben! – Drei Alben
Von Chrisz Meier (05.12.2024)
Hallo. Ich bin Chrisz Meier und arbeite bei einem Bürgerradio in Südwest-Niedersachsen. Der Sender bekommt ständig Promo-CDs zugeschickt, die niemand verlangt hat und um die sich niemand kümmert. Diese CDs landen dann mitsamt ihrem Beipackzettel der Plattenfirma, auf der die jeweilige Band stets als die Neuerfinder der Musik gepriesen wird, in einer schmucklosen Ablage, beschriftet mit „Zum Mitnehmen“. Einige der bei dem Sender ehrenamtlich Tätigen, Betreiber ihrer eigenen Radioshows, bedienen sich daraus, vieles bleibt aber dennoch liegen. Diese Liegengebliebenen durchforste ich in unregelmäßigen Abständen, immer auf der Suche nach unentdeckten Perlen – nicht zuletzt deswegen, weil ich, selbst Teil einer Band, der keinerlei Beachtung entgegengebracht wird, es ungerecht finde, diese mit viel Herzblut und Geld hergestellte Musik einfach zu ignorieren.
Also werde ich an dieser Stelle hin und wieder ein paar dieser Liegengebliebenen vorstellen.
WeiterlesenDevin Townsend – PowerNerd – HevyDevy/Inside Out/Sony 2024
Von Matthias Bosenick (05.12.2024)
Endlich wieder ein nachvollziehbares Metal-Album vom größtmöglichen Helden der lebenden kanadischen Gitarristen der Welt! Und dann noch mit so einem geilen Titel: „PowerNerd“, passender geht’s kaum für einen ufer- und grenzenlosen kreativen Exoten wie Devin Townsend. Hier ist alles drauf, was man an ihm liebt: wuchtige Riffs, hübscher Pop-Metal, ordentlich Schub, fetteste Power, muss ja, Electro-Effekte, Akustik-Balladen, Ambient und bei aller schmerzverzerrten Tiefgründigkeit auch Bombenhumor – „Ruby Quaker“ dürfte der Song des Jahres sein, wakey-wakey. Hier folgt Hit auf Hit, so vielseitig, und doch behält Dev dieses Mal die Übersicht. Anders als gewohnt ist hier allerdings die Bonus-CD verzichtbar. Und Anneke van Giersbergen fehlt!
Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Mystery Road
Von Onkel Rosebud
Aufmerksamen Leser*innen dieser Kolumne ist es nicht entgangen, dass meine Freundin ein überdurchschnittliches Interesse für Filme und Serien aus Down Under aufbringt. Im Besonderen übt die älteste fortlaufende Kultur der Erde, die der Aborigines, eine Faszination auf sie aus. Deshalb ist sie anno 2013 ins Kino geflitzt, um „Mystery Road“ anzuschauen, und 2018 gleich noch mal, als der Nachfolger „Goldstone“ rauskam. Bedingt durch den enormen Erfolg des ersten Spielfilms in Australien, wurde ein auf 3 Staffeln angelegtes Spin-Off gedreht, das zwischen den Handlungen der beiden Filme spielt und 2022 sein Grande Finale fand. Pflichtveranstaltung für meine Freundin.
WeiterlesenXoltergeist – Xoltergeist – Dirt Boucher 2024
Von Matthias Bosenick (04.12.2024)
Oh Gott, dieser Satan! Als Ergebnis der Idee, Black Metal mit Disco zu kombinieren, stellt Schlagzeuger Dirt Boucher aus Pennsylvania sein Solo-Projekt Xoltergeist vor, an dessen selbstbetitelten Album sein Freund Srogi Mroczek maßgeblich mitarbeitete. „Xoltergeist“ ist eine Sammlung schneller Skizzen, die die beiden im Studio anfertigten, rauh, ruppig, rotzig, und eigentlich weder Black Metal noch Disco. Der repetitive Beat war Boucher wichtig, die Gitarren dazu kommen eher aus der Garage als aus der Hölle. Das ist schon eher etwas für die Spaßschublade, in besser ausgearbeitet wären diese Kleinode respektabler ausgefallen.
Neon Nightmare – Faded Dream – 20 Buck Spin 2024
Von Guido Dörheide (03.12.2024)
„Also meins ist es nicht, es muss Deins sein“, sagte die Liebste, als ich neulich am Frühstückstisch „Faded Dream“ von Neon Nightmare einlegte und wir den ersten Klängen des Albums lauschten. Der Opener „Higher Calling“ beginnt nämlich mit einem täuschend echten Telefonvibrieren und merkwürdigen Geräuschen. Damit gemahnt der Einstieg in das Debütalbum von Neon Nightmare an das 1996er Meisterwerk „October Rust“ von Type O Negative und – Bingo! – genau dieses Album nennt Nate Garrett, der Mann hinter Neon Nightmare, als dasjenige Type-O-Negative-Album, das seinen musikalischen Werdegang am meisten geprägt hat (nachzulesen auf metal.de in der Rubrik „Die persönliche Top 10 von…“). Garrett betreibt hauptberuflich die Band Spirit Adrift, mit der er vor acht Jahren mal mit Doom mit durchaus Melvins-Ähnlichkeit begonnen hat und sich im Laufe der Jahre zu einer Mischung aus klassischem Heavy Metal, Stoner, Doom und härterem Bluesrock hingearbeitet hat, der mich gesanglich bisweilen an die von mir über alle Maßen geschätzten Mastodon erinnert.
WeiterlesenJisei – Jisei – Cold Smoke Records 2024
Von Matthias Bosenick (03.12.2024)
Sobald man liest, Bertrand Pot, der einzige Kopf hinter dem Projektnamen Jisei, habe die Bedeutung des gleichnamigen japanischen Konzeptes in Musik umsetzen wollen, nämlich, eine letzte Nachricht kurz vor dem Suizid oder absehbaren Ableben, erwartet man von der selbstbetitelten Debüt-EP etwas andere Musik – schwermütig ist sie, aber nicht so düster. Kalte Elektronik bestimmt den letzten Gruß an die Hinterbliebenen, fanfarenartige Soundscapes, minimalistische Beats, ein Synthie-Ausflug ins All, in andere Welten mithin. Das Finale gerät sogar überraschend freundlich.