Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Justified – Wir haben zusammen Kohle geschürft

Von Onkel Rosebud

Meine Freundin mag den Schauspieler Jacob Pitts. Dieser wiederum ist recht menschenscheu und deshalb kennt ihn kaum jemand, hätte er nicht eine Nebenrolle als Deputy U.S. Marshal Tim Gutterson in „Justified“ gehabt. Er spielt einen sardonischen ehemaligen Army-Scharfschützen, der für jedes Ziel immer „das passende Objektiv“ dabei hat und auch trifft. Und meine Freundin mag es, wenn er das ganz große Teleobjektiv auspackt …

Apropos Sardonie: Die Grenze zwischen Sarkasmus mit destruktiver Ironie und Schmerz, bevor der Zynismus durchschlägt, lotet der Sardonismus aus. Wer kennt das nicht: Man lacht über etwas laut, was überhaupt nicht zum Lachen ist. Ein tief verletzender, bitterer Scherz unter Menschen, denen man nahesteht, den man aber eigentlich nicht so meint. Das funktioniert super in einer langjährigen Beziehung, ist quasi so eine Art Lach-Yoga der Kränkung. Beispiel? Er zu ihr oder sie zu ihm: „Deine Persönlichkeit ist faszinierend: Du hast alles in dir, was du zu meinem Unglück brauchst.“ Da lacht man über einen eigenen, tief empfundenen Schmerz, um mit diesem auf positive Weise umgehen zu können. Ich nenne das die „moralbefreite Ironie“. Das Känguru würde sagen: „AHAHAMUHMUHMUH“.

Meine Freundin mag keine Listen, aber um es vorweg zu nehmen – gäbe es in ihrer Welt die Rubrik „Grandiose Fernsehserie“, dann hält der Neo-Western „Justified“ (6 Staffeln, 2010 bis 2015) einen vorderen Platz. Es ist ein äußerst rundes Krimi-Bergarbeiterdrama. U.S. Marshal Raylan Givens (Timothy Olyphant), der als moderner Cowboy für Recht und Ordnung sorgt und damit gleichzeitig manche Grenzen überschreitet, muss sich mit seinem Schulhof-Antagonisten Boyd Crowder (Walton „Schauspielgott“ Goggings) bekämpfen und ab und zu zusammentun, gegen noch fiesere Typen. Die Serie entstand auf Basis von Romanen und Kurzgeschichten von Elmore Leonard, spielt in Harlan County, Kentucky, und verströmt Südstaatenflair, Witz und Action.

Die eigentliche Attraktion der Serie ist der Charakter „Ava Crowder“, gespielt von Joelle Carter, eine absolut unterschätzte Superwoman im Schauspiel-Biz. Sie verkörpert eine junge, unerschrockene, lebenslustige Frau, die von ihrem Ehemann geschlagen wird, deshalb ein Kind verliert und ihn daraufhin erschießt. Im weiteren Verlauf der Serie wird sie dann aus selbstjustizitären Gründen zur zentralen Akteurin im eingesessenen Verbrechersyndikat. Sie bekommt ein – Achtung ,Spoiler – großartiges Happy End, welches in der weltweiten Seriengeschichte seinesgleichen sucht.

Insbesondere die zweite Staffel ist das Beste seit geschnitten Brot und befasst sich hauptsächlich mit den kriminellen Machenschaften des Bennett-Clans. Die Familienmatriarchin Mags Bennett (Margo Martindale) und ihre drei Söhne Dickie (Jeremy Davies), Coover (Brad William Henke) und Doyle (Joseph Lyle Taylor), Chef der Polizei von Bennett Hollow, planen, ihr Marihuanageschäft auf das Gebiet der Crowders auszuweiten, da Boyd sich als etwas widerwillig erwiesen hat, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. Raylan wird in den Kampf zwischen den beiden kriminellen Organisationen verwickelt, und aufgrund einer langjährigen Fehde zwischen den Familien Givens und Bennett, in deren Mittelpunkt ein Vorfall zwischen Raylan und Dickie in ihrer Jugend stand, werden die Dinge sehr kompliziert, wobei die Vergangenheit die beiden einholt.

Nach dem Serienfinale von „Justified“ hat mir meine Freundin eine Textnachricht mit dem Wortlaut „Wir haben zusammen Kohle geschürft“ geschrieben. Ich teile die Welt ein in Wegschmeißer und Behalter und zähle mich selbst zur ersteren Gruppe. Diese Nachricht behalte ich für immer.

Onkel Rosebud

„Justified“ gehört in jede Schultüte.