Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: The Paradise – Du hast mir nicht auf meine Frage geantwortet.

Von Onkel Rosebud

Arnold Bros gegründet 1905 (aus Terry Pratchetts „Die Nomen“-Roman-Trilogie von 1989 – 92) war meine erste Begegnung mit einem Kaufhaus der alten Schule im Literaturbetrieb. Im gleichnamigen Hörbuch mit dem Besten aller besten bundesdeutschen Vorleser, Rufus Beck, wird der Name des Einkaufstempels als Basislager der zehn Zentimeter großen Gnome außerirdischer Herkunft sehr oft erwähnt. Ein Running Gag quasi. Mich kann man aus dem Schlaf reißen und auf die Frage „Arnold Bros established?“, würde ich die Jahreszahl prompt parat haben.

Handlungsmäßig 40 Jahre vor 1905 hat die BBC den Roman „A Bonheur des Dames“ („Das Paradies der Damen“) von Emile Zola aus Paris in das viktorianische England adaptiert und 2012 an den Start gebracht. Damals trat man mit so einem Kostümdrama einschaltquotenmäßig gegen „Downton Abbey“ an. Und konnte nicht gewinnen. Zu Unrecht kam deshalb der baldige Serientod für die Kaufhausmilieu-Serie aus den 1870ern, „The Paradise“, nach nur 2 Staffeln (jeweils 8 Folgen zu knapp einer Stunde).

Ist die 1. Staffel: noch leicht-zauderhafte Unterhaltung für ein verregnetes Wochenende mit dem liebenswerten Charme einer längst vergangenen Zeit in einer berauschenden Kulisse, gelingt es der Serie in der 2. Staffel, aus dem Mittelmaß herauszutreten, um sich zu einem spannenden, mitreißenden und zauberhaften Mehrteiler zu entwickeln. Machtsüchtige Intrigen und eifersüchtigen Ränkespielen sind schwungvoll um die Frage inszeniert, wer letztendlich der Besitzer des prächtigen Kaufhauses wird. Die Neuzugänge im Cast bereichern die insgesamt großartige Besetzung – bis auf eine Ausnahme: Die weibliche Hauptrolle. Die Verkäuferin Denise (Elaine Cassidy) soll die Schlauste im Raum sein, ist aber schrecklich stereotyp angelegt und langweilig umgesetzt, weil sie nur zwei Gesichtsausdrücke hat. Und der Plot, mit dem die Autoren Miss Audrey (Sarah Lancashire) rausgeschrieben haben, macht leider die neue resolute Köchin Myrtle (Lisa Millett) nicht wett.

Der eigentliche Star der Show ist die Freundin der weiblichen Hauptrolle und auch Rivalin, Clara (Sonya Cassidy). Bei der eher kleinen Rolle sitzt jede Szene. Wirklich großartig ist Folge 7, in der sie sich weigert, fotografiert zu werden. Auch der Charakter Jonas (David Hayman) trägt mit seinem undurchsichtigen Verhalten sehr zum Gelingen der Story rund um das Kauf-Paradies bei. Charmante Leichtigkeit ist Programm. Und die häufigste Replik auf die Antwort einer Frage ist: „Du hast mir nicht auf meine Frage geantwortet.“ Meine Freundin lässt grüßen.

Und Arnold Bros gegründet 1905 sprach: „Dieses Schild gebe ich Euch: Wenn Sie nicht finden, was Sie suchen, so wenden Sie sich an die Auskunft.“

Onkel Rosebud