Tritonus – Far In The Sky: Live At Stagge’s Hotel 1977 – Sireena 2015

Von Matthias Bosenick (21.11.2015)

„Far In The Sky“ ist ein passender Titel für diese Ausgrabung. Das Label Sireena veröffentlicht in loser Folge Livemitschnitte aus Stagge’s Hotel in Osterholz-Scharmbeck, einem typischen Landladen, in dem sich in den Siebzigern die damaligen Entsprechungen zur späteren Indieszene trafen. Tritonus, dritter Vertreter in dieser CD-Reihe, war ein Prog-Trio aus Mannheim, das es auf zwei Alben und zwei Singles brachte und aus dem eine erfolgreiche Solokarriere für Keyboarder Peter Seiler hervorging. Entsprechend keyboardlastig ist auch die Musik, die ihre amtlich groovenden Passagen durchsetzt mit Schwurbel, Pathos, diversen Soli sowie vergurkten Mitmachsequenzen. Der Mitschnitt richtet sich wohl eher an alte Verehrer als an eine neue Zielgruppe. Die würde sich allerhöchstens stark wundern, in welche schräge Himmel ihre Großeltern wohl einst abgedriftet waren.

Schlagzeug, Bass, Tasteninstrumente, keine Gitarre – wohl nicht zufällig erinnert die Zusammensetzung an Emerson, Lake & Palmer. Aber auch klassische Komponisten zählen die Monnemer zu ihren Einflüssen. Das ist deutlich vernehmbar. Es braucht eine gehörige Weile, bis das Trio aus dem Zuhörmodus heraustritt und an Tempo zulegt. Mitten im zweiten Track erst gehen die drei so richtig aus sich heraus, grooven mit allem, was sie haben, und fahren musikalisch in die Glieder. Es macht Spaß, ihnen dabei zuzuhören, wie sie kooperativ umeinander kreisen und dabei gleichzeitig ein volles Soundbild zeichnen, und das nur zu dritt.

Schade nur, dass der Sound etwas dünn ist. Das Volle, Fette, zu dem die Musiker ohrenscheinlich in der Lage waren, fing der Mitschnitt nicht so richtig ein. Immerhin ist der Klang nicht dumpf, sondern klar. Das könnte ein Grund sein, weshalb nicht alle Passagen für zeitgenössisch geschulte Ohren zünden. Manches erscheint willkürlich, anderes unerträglich; wenn sie viel zu weit abdriften etwa oder die Keyboards kaum mehr als flirrende Geräusche erzeugen lassen oder die Musiker versuchen, das Publikum vergeblich dazu zu animieren, „Hey“-Chants aufzugreifen. Nun, Spielzeiten über zehn Minuten pro Song sprechen da klare Worte; lediglich sechs und sieben Minuten lang sind zwei der Tracks nur deshalb, weil sie eigentlich Bestandteil einer dreiteiligen Suite sind.

Das Programm der Teufelsintervaller deckt beide Alben und die letzte Single ab: „Between The Universes“, „The Day Awakes“ und „The Day Works“ stammen vom zweiten Album „Between The Universes“, „Gliding“, „Escape And No Way Out“ und „Far In The Sky“ sind dem Debüt „Tritonus“ entnommen und „The Trojan Horse Race“ ist der Titel der letzten Single. Tritonus sind übrigens nicht zu verwechseln mit den gleichnamigen Power-Metalern aus Oslo.

Auch die ersten beiden Teile der Stagge-Serie drehen sich um Bands, die heute eher in Vergessenheit geraten sind: Thirsty Moon und Mythos. Als Geschichtsdokumente sind diese Livemitschnitte sicherlich beachtlich, in Zeiten boomenden Proggerockes stoßen sie außerdem womöglich in eine schmale Marktlücke. Für den Hausgebrauch des Unbedarften ist zumindest Tritonus mindestens eine Herausforderung.