Von Onkel Rosebud
Meine Freundin mag Bruce Willis. Zumindest in nicht ernst zu nehmenden Rollen – außer „The Sixth Sense“. Ihre Lieblingsszene in der „Die Hard“-Quinte, durch die Bruce Willis zu einem der größten Actionstars des 20. Jahrhunderts avancierte, ist aus dem Original von 1988. Nach 2 Stunden und 12 Minuten diverser Entbehrungen, Schmerzen sowie eingeklemmt in Fahrstuhlschacht und Lüftungssystem zieht der Hauptprotagonist John McClane in aussichtsloser Lage zwei auf seinen Rücken geklebte Pistolen und metzelt den Feind nieder. Er sagt dazu „Grüß‘ mir die ewigen Jagdgründe“ und klar, pustet er nach getaner Arbeit in den Lauf des Revolvers wie John Wayne, bevor er mit Grace Kelly in den Sonnenuntergang reitet. „Das war Gary Cooper, Du Arschloch“, würde John jetzt sagen.
Meine Lieblingsszene ist auch aus dem ersten Teil: Während eines Fernsehinterviews mit einem Experten ist fälschlicherweise die Rede vom „Helsinki-Syndrom“, einem psychologischen Phänomen, bei dem Geiseln ein positives emotionales Verhältnis zu ihren Entführern aufbauen. Tatsächlich handelt es sich dabei aber um das „Stockholm-Syndrom“. Ironischerweise fragt der Nachrichtensprecher den Experten: „So wie Helsinki, Schweden?“, was der Experte mit „Nein, Finnland“ beantwortet.
Besser kann man den Reiz der fünf „Stirb Langsam“-Filme nicht zusammengefasst bekommen: Die Mischung aus Action, wo man anerkennen muss, dass der in Blut und Schweiß gebadete Held tatsächlich alles gibt, was er hat, und es einem selbst als Zuschauer körperlich weh tut, was er (auf der Leinwand) alles einstecken muss. Das in Verbindung mit einem trockenen, schwarz-nassen Humor – da bleibt man gerne wach und findet auch am sinnlosesten Geballer noch eine Freude.
„Die Hard“ ist aber nicht einfach nur „Stirb langsam“. Das wäre zu wenig subtil für ein Meisterwerk wie den ersten Teil. Der englische Titel ist ein Wortspiel, das sich auf „diehard“ bezieht, was aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt als Substantiv abwertend „Dickschädel“ oder „Sturkopf“ und als Adjektiv „unermüdlich“ oder „unverbesserlich“ bedeutet. Und genau das ist John McClane eben auch, ein mitfühlender Charakter mit ausgeprägt starkem Willen und unwiderstehlicher Präsenz – aber leider nicht in der deutschen Synchronisation. Da ist er nur der, der in die Ärsche tritt.
Bruce Willis‘ Synchronsprecher darf in allen fünf Teilen Manfred Lehmann sein. Leider außer in Teil 3. Da wurde Thomas Danneberg engagiert, der da auch für das deutsche Drehbuch verantwortlich zeichnete, weil Herr Lehmann sich nicht für alles Geld der Welt überreden lassen wollte, dafür von einem Dreh auf Bali abzusehen. Ironischerweise ist dieser Teil der einzige, indem John McClane nicht sein markenzeichnendes „Jippie-Ya-Yeah, Schweinebacke“ (im Original „Yippie-ki-yay, motherfucker“) im jeweiligen Climax, oder wie mein Vater sagen würde: Im Film-Moment „wo der Elefant das Wasser lässt“, raushauen darf. Stattdessen sagt er „Happy Birthday, Schweinenase“.
Zu dem kreativen Vakuum der Synchro passen auch die jeweiligen deutschen Titel der einzelnen Filme im Vergleich zu den Originalen: „Die Hard“ / „Stirb Langsam“ von 1988, „Die Hard 2: Die Harder“ / „Stirb Langsam 2 – Die Harder“ aus dem Jahr 1990, „Die Hard With A Vengeance“/ „Stirb langsam: Jetzt erst recht“ (1995), „Live Free Or Die Hard“ / „Stirb langsam 4.0“ (2007) und „A Good Day To Die Hard“ / „Ein guter Tag zum Sterben“ (2013).
Der unwiderstehlichen Präsenz von Bruce Willis als John McClane kann man auch an den einzelnen Antagonisten festmachen. Der fantastische Alan Rickman begeistert als Hans Gruber (Jack Gruber in der deutschen Fassung, auf den dann im 3. Teil wieder als Hans bezuggenommen wird). Im zweiten Teil arbeiten sich William Sadler als Colonel Stuart und Franco Nero als General Ramon Esperanza auf Augenhöhe am Sturkopf ab. Jeremy Irons als Simon Peter Gruber hat in Teil 3 selten so brutal und sinnlich in die Kamera verächtelt. Leider konnte man Timothy Olyphant als Thomas Gabriel im 4. Teil nicht wirklich als Bösen ernst nehmen. Und Jai Courtney als John „Jack“ McClane und Sebastian Koch als Yuri Komarov können Bruce Willis im letzten Teil noch weniger entgegensetzen.
Mehr fiesere Gegenspieler gewünscht, hätte sich
Onkel Rosebud
Der Ikone Bruce Willis beim Altern zuschauen kann man am besten mit einem Binge aller „Stirb langsam“-Teile.