The Pachinko Fake – Flakes: A Collection Of Fine Songs – Sireena/Broken Silence 2018

Von Matthias Bosenick (19.07.2018)

Kleiner Dienst unter Freunden: „The Perc” Tom Redecker veröffentlicht auf seinem Label Sireena eine Best-Of der Band The Pachinko Fake seines Buddies Rolf Kirschbaum. Bis auf den kleinen Indie-Hit „Push Me Before I Fall” ging die Existenz dieser minimalistischen alternativen Rockband mit Waveeinschlag an der großen Aufmerksamkeit vorbei. Kein Wunder: Eingängig oder gefällig ist die Musik der Band nie, also tatsächlich indie. Und wert, entdeckt zu werden, was indes einigen Aufwand erfordert, denn der Zugang ist entsprechend unleicht.

In rund 20 Jahren Existenz, also von 1987 bis 2007, behielt The Pachinko Fake einen Sound bei, der sich der Band eindeutig zuordnen lässt: minimalistisch, frei von Hall, trotz synthetischer Instrumentierung ohne Flächen, trotz versiertester Gitarrenarbeit ohne Bretter, also karg, beinahe spröde, stoisch in Rhythmus und Wiederholung. Eine gelegentliche Nähe zu The Perc Meets The Hidden Gentleman lässt sich nicht verleugnen, da nimmt es nicht Wunder, dass sich die Vorstehenden beider Projekte anfreundeten (und sogar Mitmusiker tauschten und eine Split-Single herausbrachten). Beide bedienten sich grundsätzlich beim weiten Feld der Rockmusik, die sie nach ihrer Nase frei interpretierten und mit einer eigensinnigen Dunkelheit versahen, mindestens mit Hilfe der tiefen Gesangsstimme, die in Wavekreisen für Aufhorchen sorgten. Doch sind The Pachinko Fake für handelsübliche Gruftis viel zu experimentell.

Und das klingt beinahe wie ein Paradoxon: Ist der Sound zwar reduziert, sind es die Ideen pro Song mitnichten. Die Band begann, unter starkem Einfluss von Haruo Togashi, einem Keyboarder aus Japan, in Japan als „Pachinko Fusion“ mit experimentellen Jazz-Fusion-Stücken, die sie alsbald in zappaeske Bahnen ordneten und hernach in wohlsortierte und von klassischen Rock befreite Rocksongs auffächerten. Spätestens ab dem zweiten Album „Yo Kundam“, von dem auch der Indie-Hit „Push Me Before I Fall“ stammt, verfeinerte die Band diesen Sound und nahm ihr Ungestüm zurück. Es hat häufig den Eindruck, The Pachinko Fake verweigerten den reinen Flow. Die Elemente stehen in den Liedern klar separierbar beieinander, überdeckt von mal einem elektronisch erzeugten Effekt, mal einer unverzerrten Gitarre, stets dem unaufgeregten Gesang Uwe Kirschbaums, den er bisweilen – und da offenbart er, dass er sehr wohl eine Neigung zum Pop hat – chorähnlich aufpeppt. Schönheit ist ihm nicht fremd, er definiert sie lediglich anders.

Neben Haruo Togashi gehörten umtriebige Leute zu seinen Mitmusikern. Darunter Stefan Walkau, der auch für The Perc den Bass spielte, Achim Färber, Schlagzeuger unter anderem für Phillip Boa, Project Pitchfork und Die Krupps, oder Uwe Bauer, Schlagzeuger bei den Fehlfarben. Kirschbaum selbst arbeitete in der Pause bis 2007 als musikalischer Experte unter anderem für The Electric Family (einmal mehr Tom Redecker), Fehlfarben, Joachim Witt und Taj Mahal.

Die vorliegende Compilation geht die Zeitreise chronologisch, aber rückwärts an. Beginn ist also bei den jüngsten Stücken vom Comeback-Album „A Hundred Ways To Kill Your Love“ von 2007, weiter geht es erst 1993 mit „Por La Vida“, 1990 mit „Yo Kundam“ sowie 1989 mit dem selbstbetitelten Debüt-Album. Von der wilden allerersten 12“ „Look The Other Side“ ist das schräge „Jet Lag“ enthalten. Es fehlen selbstredend Beiträge der Raritäten-Compilation „Claustrophobia And Other Joys“, die Sireena 2002 veröffentlichte, aber leider auch diverse Single-Beiträge; spannend wären etwa die auf zehn Minuten erweiterte „Extended Dance Version“ des auf zwei Wörter gekürzten „Push Me…“, die Tracks der 1991er-12“ „Theme From Batman“ sowie einige Stücke der Debüt-12“ gewesen, die auch auf der „Claustrophobia“ nicht zu haben sind.