Von Matthias Bosenick (06.02.2024)
Kaum erheben sich die Noiserockhelden Steel Pole Bath Tub nach rund 20 Jahren Pause wieder von ihren Sofas, erinnern sie sich an kurz nach wie es damals begann, 1987, als Dale Allan Flattum, Mike Morasky und Dorothy Kent alias Darren K. Mor-X alias Darren Kent Morey ihre zweiten Demos als „We Own Drrrills“ auf Kassette herausbrachten, und schicken diese fünf Songs nun überarbeitet als vielfach divers gefärbte 12“ mit Original-Artwork von Flattum alias Tooth zurück ins Weltgeschehen. Der Sound ist sowas von vertraut, man fühlt sich sofort zu Hause: schräge Gitarren, ungenaue Melodien, Gequatsche aus dem Fernseher, mitreißende Rockmusik zwischen Space, Psychedelic, Surf und dem, was dereinst sowohl den Indierock als auch den Grunge zutiefst beeinflussen sollte. Jetzt fehlt noch das allererste Demo aus dem Vorjahr und eine Compilation mit allen 7“es und Raritäten!
Die A-Seite nimmt komplett das zehnminütige „Kung Fu Love“ ein, das im getragenen Midtempo und zu gebrochenem Beat die Gitarren wimmern lässt. Die klassische Rockmusik findet hier in der Komposition keinerlei Anwendung, lediglich den Rhythmus kennt man aus dem Radio. Dafür hält das Trio den Ritt eben zehn Minuten lang durch. Der Rhythmus ist auch über die Karrierezeit der Band das einzige Gerade, alles andere ist angeschrägt, ungenau, von durchgeknallten und verfremdeten Effekten torpediert, und egal, ob es die Gitarre oder der Gesang ist, fortwährend konterkariert das Trio das Gewöhnliche und erreicht das Unerwartete, nämlich mit so einer Vorgehensweise trotzdem begnadet gute Musik zu generieren. Daher merkt man dem Opener die zehn Minuten Länge auch kein Bisschen an.
Die B-Seite legt mit „Hat Can You Say“ erstmal an Tempo zu, von Punk kann hier dennoch keine Rede sein, allerhöchstens nach dem Maßstab der MC5 oder der Stooges: hochenergetischer Lärm mit einem agilen Schlagzeug. „Plate, Glass“ geht bei gleichem Tempo direkt daraus hervor und unterscheidet sich marginal in der hübschen Refrainmelodie, die selbstredend schräg gesungen ist. „Stories“ hat einen munteren Twang und einen einnehmenden Refrain. Der abschließende „Rain Song“ geht halbwegs melancholisch nach vorn.
Der eigentliche Auftakt für Steel Pole Bath Tub erfolgte 1986 mit einem selbstbetitelten Demo-Tape, das es seitdem nicht wieder zurück auf den Markt brachte. Verantwortlich dafür, dass „We Own Drrrills“ jetzt als „The Skull Tapes“ so angenehm hörbar auf Vinyl vorliegt, ist übrigens Robert „Bob“ Weston, der als Shellac-Mitmusiker seine Studio-Skills bei seinem Bandkumpel Steve Albini verbesserte. Überdies ist dies nicht die einzige Wiederveröffentlichung einer SPBT-Preziose: Das Label Alternative Tentacles bringt demnächst die Single „Meathook Up My Rectum“ neu heraus, die von Tumor Circus, dem gemeinsamen Projekt mit Jello Biafra und der australischen Punkband Grong Gong.
Von Steel Pole Bath Tub gab es zwischen 1989 („Butterfly Love“) und 2002 („Unlistenable“) sechs Alben, die „Lurch“-EP mitgezählt sogar sieben. Die Zahl der Singles, Sampler-Beiträge und Split-Veröffentlichungen hingegen ist nahezu unzählbar, da wäre eine Zusammenstellung ein feiner Zug, am besten kombiniert mit der Neuauflage der ersten Demos. Und das VHS-Tape „Fruits aux sept liqueurs“ dürfte es auch gern als DVD geben. Ganz abgesehen von den diversen Nebenschauplätzen wie Milk Cult, The Nein, Novex, The Hand, Mr. Epp & The Calculations, Dosed Skipper Blues Implosion, Lapses In Grammar Afforded To Avoid Sexism, Duh oder ganz aktuell Star Stunted. Inzwischen ist die Band auch wieder live unterwegs – noch unbemerkt von Wikipedia, dort steht noch „was an American rock band“. No, it is again!