Roman Bunka Band – Dein Kopf ist ein schlafendes Auto – Edition Goldader/Sireena 1980/2020

Von Matthias Bosenick (04.08.2020)

Soso: „Dein Kopf ist ein schlafendes Auto“, behauptete Roman Bunka 1980 auf seinem Solo-Debüt. Mag man gar nicht glauben, dass es dieses Album vor 40 Jahren wirklich gegeben hat und dass dies kein Fake vom Label Sireena ist, das sich mit Musikfreunden einen Prank erlaubt. Dafür ist diese Wundertüte viel zu speziell: Nicht richtig Art- oder Progrock, aber enorm kunstvoll, dann orientalisch und dann wieder experimentell jazzig. Man hört an er Schwelle zum Synthiejahrzehnt die Siebziger noch eindeutig heraus, und das ist auch gut so. Eindrucksvolle (Wieder-)Entdeckung!

Mit „Si Ga Ni Wa Ta“ eröffnet die Band das Album noch im Artrockstil, frickelig wie eine nervöse Krautrockband, melodisch und atmosphärisch wie Carsten Bohns Bandstand, verspielt wie Jazz. „No More Jogging“ nimmt das Tempo heraus und die Stimme hinzu, das fiebrige Stück Experimentalpostpunk hätte auch aus der New Yorker No Wave stammen können. Im dritten Stück bittet Bunka: „Frag mich nicht …“ – und lässt ausschließlich eine Sitar erklingen, also nix mehr mit Rock oder sowas. Auf dem Globus einen Sprung nach Westen macht er dann mit „The Heat“: Da Bunka nicht nur die Gitarre, sondern auch die Oud beherrscht, klingt das gutgelaunte Stück, als entspränge es direkt dem Orient, mit arabisch anmutendem Gesang, perkussivem Klatschen, Pfiffen und Trillern.

Die zweite LP-Seite und somit der Rest der CD bis zum Bonus besteht aus nur zwei langen Stücken, „Glowin“ und „Heartbeat“. Das Orientalisch-Arabische bleibt zunächst erhalten, nur verträumter, mit Oud und Flöte, bis nach über der Hälfte der Westen mit Gitarre, Bass, Schlagzeug, Keyboard und Gesang die orientalische Struktur aufnimmt und in den Artrock überführt. Dort beginnt dann das Finale, ein experimentelles Stück Kunstmusik, mit klassischen Hardrockanleihen, einer gehörigen Prise Frank Zappa und der schrägen Art zu Singen, wie Bunka es bereits im zweiten Track praktizierte. Für die CD gibt es noch den Live-Take „What I Can Do, You Can Do, Too/On The Corner“ obendrauf, der mit dem Miles-Davis-Zitat das unüberblickbare Spektrum der Band offensichtlich macht.

Und wer nun ist dieser Roman Bunka überhaupt? Seine musikalische Reise trat der 1951 in Frankfurt geborene Bunka mit 20 beim Weltmusikkollektiv Embryo an, und das erklärt wohl auch den weiten Horizont, den sein Solodebüt hat. Das veröffentlichte er ursprünglich überdies unter dem Albumtitel als Projektnamen, seinen fügten erst Zweitverwerter hinzu. Es wundert auch nicht, dass sich Bunka fürderhin mit vielen Weltmusikprojekten zusammentat, mit Dissidenten etwa oder für einen Song mit Ich+Ich. Auch als Filmmusiker für TV-Produktionen machte er sich einen Namen – sowie überhaupt als versierter Weltmusik-Pionier, der an allen erdenklichen Projekten mit dieser Ausrichtung seine Finger im Spiel zu haben scheint. Ein für Uneingeweihte unsichtbarer Gigant.

Zur Band, die Bunka sich für „Dein Kopf ist ein schlafendes Auto“ zusammenstellte, gehörten seine vorherigen Embryo-Mitmusiker Gerald Luciano Hartwig und Freddy Setz, die gleichzeitig auch das Experimental-Duo mit dem erheiternden Namen Scheiß die Wand an betrieben; wer ein Tape mit dem Titel „Rock gegen Musik“ herausbringt, hat vermutlich vieles begriffen. Hartwig spielt auf Bunkas Album Bass und Sitar, Setz Schlagzeug und Piano, den Rest steuert der Chef selbst bei. Im ZDF lief kurz nach der Veröffentlichung von „Dein Kopf ist ein schlafendes Auto“ sogar eine Doku über die Band. Man kann nur staunen, was bei Sireena alles im Keller schlummert!