Von Olaf Krautwurst (30.06.2016)
Eigentlich wollte ich aus Zeitgründen keine Rezensionen mehr schreiben. Warum ich dies nun doch wieder mache, ist einfach erklärt. Ich habe angefangen, mir wieder Schallplatten, ja Vinyl, zu kaufen und da ich mich daran so erfreue, möchte ich euch hier ein paar Sahnestücke meiner Einkäufe vorstellen.
Los geht es hier mit der ersten Rezension seit gefühlten 1000 Jahren mit einem Klassiker, der ungefähr auch schon 1000 Jahre alt ist. Äh, nein nicht ganz. „Matter“ von Lassigue Bendthaus stammt aus dem Jahr 1991 und wurde im Original bei dem deutschen Label Parade Amoureuse veröffentlicht. Lassigue Bendthaus ist ein Projekt des unter vielen Namen veröffentlichenden Uwe Schmidt, der zum Beispiel auch als Atom Heart, Lisa Carbon oder aber auch als Señor Coconut bekannt ist. Neben „Matter“ wurden unter dem Namen Lassigue Bendthaus auch die Alben „Cloned“ und „Render“ sowie im Jahr 1998 das Album „Pop Artificielle“, hier als „LB“, veröffentlicht, auf dem Herr Schmidt Klassiker der „nicht so ganz elektronischen“ Musik re-interpretierte. So sind hier Songs von James Brown, Prince oder aber auch den Rolling Stones zu finden.
Nun komme ich aber endlich zu „Matter“. Die von mir hier vorgestellte Version wurde im Jahr 2014 bei dem US-Label Dark Entries wiederveröffentlicht. Dark Entries hat es sich zur Aufgabe gemacht, alte Schätze auszugraben, um sie als Vinyl wieder zu veröffentlichen. So passiert es eben auch mit „Matter“. Die LP kommt in einem schwarz/weißen Cover, das mir deutlich besser gefällt als das Original in grün. Beigelegt sind zusätzlich zu der LP noch eine 7“ sowie ein A4-Beipackzettel mit Hintergrundinformationen. Die Aufmachung passt und ist sehr wertig.
Das Album wird durch das damals als erste Single ausgekoppelte „Automotive“ eröffnet. „Automotive“ ist, sowie auch alle anderen Tracks des Albums, nicht als typischer EBM zu bezeichnen. Viel zu frickelig und filigran ist der Aufbau der Stücke. Mir persönlich würde am ehesten ein Vergleich mit Clock DVA in ihrer „Buried Dream“-Phase in den Sinn kommen. Auch „singt“ Herr Schmidt eher, als meist EBM-typisch zu „schreien“. Weiter geht es mit „Circulat (Hertz)“, das mit seinen Breaks und langsamen Passagen begeistert. Gepaart mit Stimme und Samples wird das Stück trotz seiner Laufzeit von fast 7:40 Minuten nicht langweilig. Track drei ist „Transistory“, das als Ambient-Stück beginnt, im Mittelteil an Kraftwerk erinnert und als Ambient-Stück aufhört. Für mich eher eins der schlechteren Stücke des Albums. Jetzt ist „Lanternslide“ an der Reihe. Dieses Stück ist mein Highlight des Albums. Eher ruhig und mit einer fesselnden Frauenstimme gepaart, ist es zwar kein Tanzflächenkracher, aber dafür ein geniales Stück „Ambient-Elektro-Pop“.
Seite zwei, Track eins beginnt mit „Mortal/Immortal“, das wieder in Richtig „Automotive“ geht. Es ist zwar etwas zurückhaltender, aber trotzdem sehr gut. Weiter geht es mit „Rotation Mécanique“ und einem weiteren meiner Favoriten, „Velocity Life“. Dieser Titel geht besonders durch das Zusammenspiel der Stimme von Uwe Schmidt sowie der zusätzlichen weiblichen Stimme ins Ohr und bleibt dort hängen. Beendet wird die zweite Seite der LP mit „Statik“, das wieder etwas langsamer ist. Dieser Titel beendet das Album aber würdig.
Der Neuauflage von Dark Entries liegt, wie schon erwähnt, eine 7“ Single mit zwei weiteren Stücken bei. Dies sind „Inured“ im Remix des Tobias-Freund-Projektes „Pink Elln“ sowie „Relate“ und genau dieses Stück ist mit seiner getragenen dunklen Atmosphäre ein weiteres Highlight von „Matter“.
Für mich ist „Matter“ das Meisterwerk von Lassigue Bendthaus. Ja, auch auf „Cloned“ sind sehr gute Tracks zu finden, aber an Titel wie „Automotive“, „Circulat (Hertz)“ oder „Lanternslide“ kommt kein anderes Stück von diesem Projekt des Herrn Uwe Schmidt ran! Ein Klassiker halt!