Human Impact – EP01 – Ipecac 2021

Von Matthias Bosenick (18.10.2021)

Das hier ist wohl das größte Geschenk für alle, die Bock auf mehr haben von Bands wie Swans, Cop Shoot Cop oder Unsane, und die sich Musik wünschen, die wie eine Mischung daraus klingt: Human Impact ist eine Quasi-Supergroup aus New York, die aus Mitgliedern ebenjener Bands besteht, entsprechend todernsten brachialen handgespielten US-Industrial mit Groove, Härte und Noise macht und mit „EP01“ diverse Online-Singles zu einem Compilation-Album auf Vinyl bündelt. Das ist gleichzeitig oldschool und in dieser Mischung so gut wie originell, mithin erfrischend neu.

Da steckt aber auch wirklich alles drin: die repetetiven Strukturen der Swans, die mit Wucht und Brachialität die Grundlage wiederum für die Grooves legen, die das Quartett von Cop Shoot Cop mitbringt und mit der Heaviness von Unsane garniert. Industrial aus US-Sicht ist etwas Anderes als aus europäischer; in der alten Welt erzeugten die Erfinder dieses Genres ab Ende der Siebziger ihre Musik noch irgendwie elektronisch, zerhackten die Sounds und skandierten zu ihrer minimalistischen Loop-Musik griffige Phrasen. In den USA verwendete man klassische Rockinstrumente, um eine ähnlich schwer verdauliche Musik zu generieren, bisweilen schwärzer als jede Form des Metal, und schon ist man bei den Swans. Bald streuten die Bands auch elektronische Mittel und Samples in ihre Musik ein, so auch Cop Shoot Cop. Von vergleichsweise gefälligen US-Genrevertretern wie Ministry oder den Nine Inch Nails ist all das hingegen beinahe schon weit entfernt.

Und das, obwohl Human Impact auch Melodien können, aber eben knapper gehalten und zugunsten der grundlegenden schleppenden Monotonie sehr reduziert wiederholt. Darüber schwirren sägende Störsounds, während der Sänger die trockene, eher gebellte und doch catchy Art zu Singen vom früheren Cop-Shoot-Cop-Kopf Tod A. übernimmt. Gleichzeitig steckt unglaublich viel Rock’n’Roll in diesem Metalltsunami und man wundert sich, wie eingängig diese EP tatsächlich ist. Und aus der Ferne zwinkern Killing Joke der Band freundlich zu.

Es ist schon sehr konsequent, dass eine Band wie diese bei Mike Patton auf seinem Label Ipecac gelandet ist. Schließlich ist der alte Faith-No-More-Recke bekannterweise Fan der Young Gods, deren Labelnamen Roli Mosiman seinerzeit zu den Swans als Bandnamen mitnahm und die Patton in den USA ebenfalls auf seinem Label veröffentlicht. Die „EP01“ nun bündelt die Online-Singles „Contact“, „Genetic“ und „Transit/Subversion“ sowie vier weitere Tracks, die 2020 rund um das selbstbetitelte Debüt entstanden sind. Physisch gibt es diese EP ausschließlich in einer Tausender-Auflage auf transparentem Vinyl. Lustig, dass die EP sogar einige Minütchen länger ist als das Debüt und in ihrer Zusammenstellung locker als eigenes flüssiges Album durchgehen kann.

Die Band nun besteht aus: Sänger und Gitarrist Chris Spencer (unter anderem Unsane), Electroniker Jim „J F“ Coleman (unter anderem Cop Shoot Cop, Here, Red Expendables), Schlagzeuger Phil Puleo (unter anderem Swans, The Angels Of Light, Cop Shoot Cop, Red Expendables) sowie Bassist Chris Pravdica (unter anderem Swans). Da haben sich echt mal die Richtigen gefunden.