Von Matthias Bosenick (02.06.2015) / Auch veröffentlicht auf Kult-Tour – der Stadtblog
Das Braunschweiger Quintett E-Egal steht als Beleg dafür da, dass Punk als Musikrichtung nicht so limitiert ist, wie sein Ruf es gerne suggeriert. Ohne typische Insignien kommen natürlich auch E-Egal nicht aus, sonst hätte man ja nun auch Probleme, deren Musik noch überhaupt im Punk zu verorten, aber die Jungs haben Ska, Funk, Pop, Metal und vieles mehr im Blut und genieren sich nicht, diese Bastarde ungebremst von der Kette zu lassen. Das macht diese erste LP der Band auch für Leute interessant, die beim reinen Punk womöglich weghören würden. Übrigens zeigt sich der Rezensent stolz, die handnummerierte 1 von 500 Exemplaren dieses Vinyls sein Eigen nennen zu dürfen.
Genretypisch ist, dass der Gesang im weitesten Sinne keiner ist, sondern eher Geschrei. Das passt aber ganz gut zum Rest, denn musikalisch haben es die Jungs echt mal drauf; da bildet die Qualität ein schweres Gegengewicht zum Gesang. Besonders die genreübergreifende Vielfältigkeit, die sie selbst innerhalb einzelner Songs ausleben, reißt selbst bei der wildesten Party zum genauen Hinhören hin und bildet ein attraktives Bett für diese eher unmelodiöse Stimme. Auch das Tempo wechselt gerne mal innerhalb der energetischen Tracks. Damit verändern sich naturgemäß die Stimmungen; E-Egal springen vom entspannten Funk-Groove zur wütenden Lärmeruption; sie beherrschen ihr Handwerk in Sachen Komposition und Arrangement, etwa mit gegenläufigen Gitarrenmelodien und vertrackten Beats. Sie scheren sich einen Dreck um gängige Wellen, da sind sie wiederum ganz Punk, sie machen, was sie wollen, und genau das hört man, den sonst hätten die neun Songs dieser knappen halben Stunde Musik nicht diese hohe Qualität.
Beinahe lustig ist, dass die Band ihre Musik selbst als „depressiven Funpunk“ bezeichnet. Erstaunlicherweise ist das gar nicht so weit hergeholt, jedenfalls im Schnitt dieser Pole. Denn beides stimmt nicht wirklich: Die Songs sind weder richtig depressiv noch richtig fun. Vielmehr nimmt man als Melange dieser Extreme sehr schlechte Laune und latente Aggressivität wahr, die mit einer Ironie gekoppelt sind, die wiederum keineswegs an den klassischen Funpunk erinnert; E-Egal muss man ernst nehmen, sie machen erwachsene Musik.
Seit zehn Jahren gibt es E-Egal nun, zu finden nicht nur räumlich im Umfeld des freien linken Kulturzentrums Nexus in Braunschweig. In dieser Zeit brachte die Band bisher drei Alben auf CDr in Umlauf, „Ich hätt gern Pommes zu der Wahrheit“ kommt nun als erster professionell gepresster Tonträger ausschließlich auf Vinyl. Abgesehen von Downloads, als solche bekommt man sämtliche Musik der Band auf deren Webseite e-egal.de. Da gibt’s auch den Kontakt für diejenigen, die die LP erwerben wollen. Inklusive Sticker, übrigens. Lohnt sich!