Von Matthias Bosenick (16.02.2017)
The Perc mistet seinen Keller aus, ohne den Hidden Gentleman dieses Mal: Auf „Koto Funk“ bringt er Skizzen zusammen, die er laut Begleitzettel 1995 für ein doch nicht verwirklichtes Theaterstück („Festung“ von Rainald Goetz) anfertigte. Das Ergebnis ist eine für Tom Redecker typische Mischung aus düster-schrägen Synthieexperimenten und verschlepptem Indierock. Also deutlich experimenteller und spannender als der meiste zeitgenössische alternative Kram. Und trotzdem zeitlos.
Bei vielen Songs bildet ein billiger, aber effektvoller Achtziger-Bontempi-Drumbeat die Basis, und wer mit dem Sound aufgewachsen ist, hat seine große Freude daran, wie Redecker diese Effekte hier ausufernd mit Noise übertüncht. Anderes erinnert stark an die monotonen Percussionexperimente von Berliner Bands wie den Einstürzenden Neubauten, einmal biegt Redecker wiederum dem Blues das Teutonische bei.
Insbesondere das Beiläufige macht die Musik von The Perc so spannend. Redecker hat eine respektlose Idee davon, wie tanzbare Musik mit Discoeinschlag zu klingen hat. Er geht dem unbedarften Hörer damit gern und sehr leicht auf die Nerven und bereitet dem bedarften großes Vergnügen. Wenn er dann doch mal die Klampfe rausholt und seine trägen Songs trällert, gestaltet er damit eine Art Ruheoase inmitten des Seltsamen, ohne indes weniger seltsam zu sein, nur anders. Diese Stücke featuren auch die einzigen Gastmusiker, irgendwie muss das ja zur Rockmusik geworden sein: Schlagzeuger Hanno Jansson von der Bremer Hiphop-Combo „Zentrifugal“ und Gitarrist Jochen Schoberth von „Artwork“, „Belladonna“, „festisch:Mensch“ und diversen Perc-Alben. Ist das nicht gruftig?
So richtig unveröffentlicht ist hier indes fast gar nichts: Den Titeltrack gab es bereits auf der Compilation „Electric Kindergarten – Rarities Vol. 3“, dort allerdings dem Projekt „Crazy Son Hybrid“ und – wie so manches Stück auf diesem Album, daher also der authentische Sound – dem Entstehungsjahr 1986 zugeordnet. „Inhaler“ und „The Flesh & Blood Society“ (letzteres als „Kühe im Nebel“) findet man auf der Compilation „Before He Met The Hidden Gentleman“, „Heartbeat“ ebenfalls als „Kühe im Nebel“ auf „Electric Kindergarten – Rarities Vol. 6“, „Dwarf“ als „Kühe im Nebel“ sowohl auf „Before He Met The Hidden Gentleman“ als auch auf „Rarities 6“, „Head In The Air“ auf dem Album „Jack Of All Trades“ sowie einer 12“, von der auch „Cuppa Mocha“ stammt; die einzigen beiden Rockstücke auf diesem Album, übrigens. Einzig unveröffentlicht ist hier das dunkel orgelnde „Birth To The Day“, das Redecker den Infos zufolge Ende 2016 in seinem Archiv entdeckte. Das klingt alles nicht danach, als habe da jemand etwas eigens für ein Theaterstück erstellt, sondern eher nach Mogelpackung, aber wenn das der gemeinsame Nenner für diese Sammlung sein soll, dann bitte. Macht ja trotzdem Spaß zu hören.