Solbrud – Levende i Brønshøj Vandtårn – Napalm Records 2021

Von Matthias Bosenick (13.10.2021)

Endlich auf Vinyl und dann auch noch inklusive der DVD! Eine geile Idee überhaupt: Die Black-Metal-Band Solbrud spielte im November 2019 im titelgebenden Kopenhagener Wasserturm im Stadtteil Brønshøj zwei Konzerte, und da der Turm von sich aus einen fünfzehnsekündigen Hall hat, stimmte das Quartett die Songs der bisherigen drei Alben darauf ab und komponierte sogar einen neuen Song dafür. Klar, Black Metal ist Keifen, Blast Beats und Schrammelgitarre, wenn man nur oberflächlich hört, aber Solbrud sind dafür viel zu atmosphärisch, um damit abgekanzelt zu werden, und bauen außerdem nicht nur an diesem Ort in ihre Mucke unerwartete Elemente ein, von Ambient natürlich bis hin in Richtung Progrock. Episch!

Das ist Dienst am Kunden: Solbrud eröffnen das Set, indem sie den herausfordernden Hall des Gebäudes anschaulich verdeutlichen, und zwar mit einem Schlag auf die Snare, der ewig im Raum stehen bleibt. Darauf bauen die vier dann ihre Musik auf, variieren an ausgewählten Stellen das Tempo, greifen den Hall als quasi natürliches Effektgerät auf und lassen ihren Gitarren den Raum, den der Wasserturm ihnen bietet. Dafür sind Solbrud diesen Gegebenheiten offenkundig ausgesprochen dankbar, denn Passagen wie etwa das Intro zu „Klippemennesket“ scheinen hier noch viel getragener, langsamer, zurückhaltender zu sein als auf dem Album, schlichtweg, weil man wohl direkt auf der Bühne das Einwirken des Hallraums zu spüren bekommt und dann in sein Spiel aufnimmt, und in den dichteren Passagen ist der Sound eben wirklich dicht, nicht nur durch Technik, sondern auf natürliche Weise, was das Hören umso spannender macht.

Daraus ergeben sich auch Einschübe über das hinaus, was den modernen Post Black Metal ausmacht, nämlich das Ambientartige, Flächige, Atmosphärische, was Solbrud ohnehin in ihrer Musik verankern. Hier klingen manche Stellen vielmehr nach artfremdem Artrock, nach Psychedelic Rock, nach Progrock, nach Pink Floyd, etwa das Intro zum neuen Track „Sjæleskrig“; in diesem Track lassen Solbrud ohnehin eine kompositorische Weiterentwicklung durchscheinen, die den Black Metal auf eine weniger Blastige Ebene trägt und die Spannung auf ein viertes Studioalbum erhöht. Und es erstaunt einmal mehr, welche Wärme Solbrud diesem von sich aus auf Kälte ausgelegten Genre einhauchen, insbesondere in solchen unerwarteten Momenten. Ordentlich mosten können sie ja trotzdem, und das tun sie auch, das lassen sie sich von so einem Hall nicht nehmen. Viervierteltakt, Moshstrecken, Tempo, Geschrei, alles dabei.

Und dann noch die DVD mit höchst atmosphärischen Bildern aus diesem Wasserturm, der als Kulisse für so ein Konzert wie geschaffen scheint: Da stimmt alles, Licht, Architektur, Musik. Die Doppel-LP im Klappcover mit Einsteckpappe, in der die DVD klemmt, bebildert mit Eindrücken aus der Spielstätte und ergänzt um eine Karte mit dem Downloadcode, wunderschön und angemessen. Ein grandioses Geschenk zum Zehnjährigen! Bedauerlich, wenn man nicht live im Wasserturm von Brønshøj in der Nähe der Jugendherberge Bellahøj in Kopenhagen dabei sein konnte, umso schöner, dass man sich das Ganze wenigstens nach Hause holen kann.

Die Tracklist:

01 Øde Lagt 11:26 (von „Solbrud“, 2011)
02 Skygge 02:25 (Edit von „Skyggeriget“, von „Solbrud“, 2011)
03 Menneske 02:19 (Edit von „Menneskeværk“, von „Jærtegn“, 2014)
04 Sortedøden 11:48 (von „Jærtegn“, 2014)
05 Klippemennesket 13:05 (von „Jærtegn“, 2014)
06 Bortgang 11:56 (von „Solbrud“, 2011)
07 Sjæleskrig 08:06 (exklusiv)
08 Besat Af Mørke 08:21 (von „Vemod“, 2017)