Collapse Under The Empire – Sacrifice & Isolation – Finaltune Records 2014

Von Matthias Bosenick (01.06.2014)

Umtriebig sind die beiden Hamburger Martin Grimm und Chris Burda, gefühlt ständig kommt etwas Neues heraus. „Sacrifice & Isolation“ stellt die Fortsetzung des Albums „Shoulders & Giants“ von vor drei Jahren dar (dazwischen gab es ein anderes Album und eine EP), was ein hübsches Konzept sein mag, aber nicht ernsthaft ins Gewicht fällt, arbeitet das Duo bei seinem Elektro-Postrock doch komplett ohne Texte; lediglich am Cover erkennt konkret man die Analogie. Heraus kommt ein trippig-rockiges Album, das nach Soundtrack klingt und insgesamt angenehme Stimmungen erzeugt, auf Distanz aber bisweilen zu stark am Pathos schabt. Nichts desto trotz sind Collapse Under The Empire eine in ihrer Einfachheit vergleichbar innovative Band.

Die Strukturen ihrer zumeist gebremsten, zur Albummitte hin im Tempo etwas anziehenden Tracks sind bei weitem nicht als komplex zu bezeichnen. Gerade im Postrock gibt es Bands mit deutlich tieferen kompositorischen Qualitäten. Die Melodien etwa richten sich streng nach dem Takt, und der ist meistens in Viervierteln gehalten. Der Unterschied liegt in der Instrumentierung: Zwar sind Collapse Under The Empire unterm Strich eine Rockband, doch arbeitet das Duo stark mit elektronischen Mitteln. So greifen manche Stücke akustisch ins Industrial-Fach oder erinnern mit einem Dreivierteltakt und entsprechenden Melodien an die seinerzeit unsäglichen Futurepop-Auswüchse, die sie hier dann mit Gitarre unterfüttern und wieder mit Spannung aufladen. Manche Gitarren klingen nach alten Cure oder klassischem Shoegaze-Sound. Allgegenwärtige Streicher lassen allerdings zu wenige Ritzen. Damit qualifizieren sich die sich selbst gern mit C.U.T.E. Abkürzenden für die legitime Hans-Zimmer-Nachfolge. Es klingt nach Soundtrack ohne Film, das kann auf Albumlänge anstrengen.

Warum nun hört man sich Collapse Under The Empire dann doch gerne an? Wahrscheinlich liegt es an der Atmosphäre, die sie kreieren. Bisweilen ist man eben doch empfänglich für die vertrauten Harmonien und Melodien, da unterscheidet man sich dann nicht vom Schlagerfan. So schlimm ist es hier nicht, bewahre! Aber eine Grund-Gefälligkeit ist dem Oeuvre der Band nicht abzusprechen. Die Stimmung ist dabei weniger düster oder depressiv, auch nicht übermäßig euphorisierend, sondern wie ein begleitender Teppich, der den Hörer in seiner Gegenwart angenehm in Watte packt und ihn mit einem opulenten, weiten Horizont überspannt. Das tut gut im Alltag, helfen muss man sich trotzdem selbst. Ja, okay: Die Musik macht auf ihre Weise Spaß, bereitet Vergnügen. Das Leben ist komplex genug, und Chris Burda und Martin Grimm fabrizieren ihre Musik wenigstens mit Sachverstand. Ist schon okay, die Bezeichnung „guilty pleasure“ wäre unangemessen.

Wer weiß, vielleicht fiel das Projekt dem Rezensenten nur deshalb positiv auf, weil er es auf den CD-Beilagen der Grufti-Zeitschriften „Zillo“ und „Sonic Seducer“ entdeckte und er die Erfahrung machte, dass diese Heft-CDs außer den neuen Songs alter Helden in den vergangenen 15 Jahren keine neuen Bands offerierten, die ihn nachhaltig zu beeindrucken wussten. Aber nein, das würde heißen, dass Collapse Under The Empire lediglich vergleichsweise gut wären. Nein, sind sind es auch für sich wert, gehört zu werden. Und à propos „Sonic Seducer“: Auf der jüngsten CD ist schon wieder ein unveröffentlichter neuer Track von C.U.T.E. enthalten. Wie machen die beiden das bloß immer?

[Edit] Der vermeintlich exklusive Track „Stare At The Sky“ auf der „Sonic Seducer“-CD entspricht genau dem Albumtrack „A Broken Silence“. Ein auf dem Cardsleeve aufgeführtes Album „Stare At The Sky“ gibt es auch nicht, und warum bei den Credits der Text mit angegeben ist, bleibt ebenso rätselhaft wie der Umstand, dass „M+T“ von jemandem namens „Juliane Grimm“ stammen sollen. Nun! Müssen sie wissen.

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