Charly Maucher – Performance – Teldec 1980/Siereena 2023

Von Matthias Bosenick (27.07.2023)

Es gibt mehr in Hannover als die Scorpions, jaja! Norbert „Charly“ Maucher ist so einer, leider: war so einer, er verstarb vor vier Jahren an Leukämie. Berühmt wurde er durch seine Mitgliedschaft bei der Progrock-Band Jane, und 1980, einige Zeit nach seinem Ausstieg dort sowie zwischen diversen weiteren Engagements, nahm er sein Soloalbum „Performance“ auf. Das klingt erstaunlicherweise weniger nach Kraut oder Prog, sondern mehr nach Nordamerika, nach Classic Rock, nach Südstaaten-Rock, nach Hippie-Rock, nach US-Folk-Rock (also Country und Western), von allem gottlob die unplakative Variante, also ohne Posen, dafür mit filigran gespielten kontemplativen Songs im unteren Midtempo. Eine schöne kleine Perle, die Sireena da wieder entdeckt!

Mit rauher Stimme trägt Maucher seine selbst komponierten Songs vor, unaufgeregt und unaufdringlich, dafür mit Aus- und Nachdruck; manchmal hört er sich an, als habe man Lemmy eine Ration Whiskey und Rauchwerk vorenthalten. Seine Gitarre klingt häufig älter, als sie es 1980 noch sollte, nach den psychedelischen Momenten von Iron Butterfly etwa, ohne indes psychedelisch zu werden, die Songs sind ganz anders strukturiert. Nämlich als Songs, als Lieder, die er vorträgt und seine Band spielen lässt, Lieder, die sich nicht verschachteln und mit Experimenten verwirren, sondern geradlinig, rhythmisch nachvollziehbar, eben Rocksongs, nur nicht breitbeinig.

Mauchers Akustikgitarre liefert den Unterbau und lässt kalifornische Sonne in die Songs einstrahlen, mancher Takt könnte auch Lynyrd Skynyrd eingefallen sein, der kleine Country-&-Western-Einschlag von Neil Young schwingt da mit, die Finger sliden über die Guitar, Maucher lässt die Orgel anschmeißen, das Klavier und den Schellenkranz bedienen, und trotz auch mal eines stumpfen Beats wie bei „Since You Been Gone“ ist Maucher für Rockstampfer à la Rainbow nicht hardrockig genug, gottlob, er ist da entspannter und vielseitiger. Und den Blues kann er auch, vermutlich, weil er ihn hat, und dann findet er seine Hoffnung im Gospel.

Die Band für sein einziges Soloalbum rekrutiert Maucher naturligvis bei Jane: Er selbst spielt akustische Gitarre und Bass, Schlagzeuger ist Peter Panka, Kopf von Jane, Lady Jane und Peter Panka’s Jane, der Maucher dieses Album überhaupt erst ermöglichte, und Keyboarder ist Wolfgang Krantz, mit dem Maucher auch bei den Jane-Derivaten sowie bei Harlis spielte. Einzig die E-Gitarre kommt von Ulrich „Uli“ Böttcher, der nicht aus dem Jane-Universum stammt. Eine amtlich musizierende Gruppe, die harmoniert und ein harmonisches Album einspielt. Erstaunlich, dass es bei diesem einen unter Mauchers Namen blieb.

Schon in den Sechzigern spielte der Hannoveraner Maucher in diversen Rockbands, bis er 1970 Mitgründer von Jane war, die er 1974 schon wieder verließ und danach für drei Jahre bei Harlis mitwirkte. 1980 veröffentlichte er eben „Performance“. In den Achtzigern war er zunächst am Rockballett „Warlock“ beteiligt, anschließend zog er sich erst zurück und dann nach Kanada, von wo aus er nach dem Jahr 2000 an den diversen Jane-Reanimierungen mitarbeitete. Bis er 2017 an Leukämie erkrankte und zwei Jahre später, trotz augenscheinlicher Rekonvaleszenz, verstarb. „Performance“ ist somit ein Vermächtnis, das Sireena nun erstmals auf CD zugänglich macht.