Was meine Freundin gerne liest – die Literaturkolumne: Wovon ich rede, wenn ich von Haruki Murakami rede.

Von Onkel Rosebud

Meine Freundin ist eine literarische Feinschmeckerin. Folgende Buchtitel lässt sie sich auf der Zunge zergehen wie Hotate Sashimi: „Wenn der Wind singt / Pinball“, „Wilde Schafsjagd“, „Hard-Boiled Wonderland und das Ende der Welt“, „Die Bäckereiüberfälle“, „Tanz mit dem Schafsmann“, „Naokos Lächeln“, „Gefährliche Geliebte / Südlich der Grenze, westlich der Sonne“, „Wie ich eines schönen Morgens im April das 100%ige Mädchen sah“, „Mister Aufziehvogel“, „Untergrundkrieg: Der Anschlag von Tokyo“, „Der Elefant verschwindet“, „Schafmanns Weihnachten“, „Sputnik Sweetheart“, „Kafka am Strand“, „Nach dem Beben“, „Afterdark“, „Tony Takitani“, „Die unheimliche Bibliothek“, „Blinde Weide, schlafende Frau“, „Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede“, „Schlaf“ „1Q84“, „Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki“, „Von Männern, die keine Frauen haben“, „Die Ermordung des Commendatore“, „Erste Person Singular“, „Gesammelte T-Shirts“, „Honigkuchen-Erzählung“ und „Die Stadt und ihre ungewisse Mauer“.

Dabei handelt es sich um das Lebenswerk von Haruki Murakami aus den Jahren 1973 bis 2024. Meine Freundin hat all‘ diese Bücher gelesen und jedes, wirklich jedes Jahr, seit ich sie kenne, regt sie sich auf, wenn Herr Murakami nicht für den Nobelpreis in Literatur nominiert wird. Haruki Murakami, geboren 1949 in Kyōto, ist neben Hayao Miyazaki (Studio Ghibli, aber das ist eine andere Geschichte) der Japaner, der unsere gepflegte Daseinsbewältigung am meisten beeinflusst und uns eine Faszination für diesen Kulturkreis vermittelt hat. Nicht zuletzt durch seinen Stil, der von surrealistischen Elementen und Anspielungen auf die Popkultur gekennzeichnet ist. Dabei spielen alle seine Erzählungen und Romane in Japan. Nachdem anfangs namenlose Ich-Erzähler die Erzählungen dominieren, heißen die Protagonisten in den folgenden Oevren unter anderem Naoko, Konuma, Midori, Kizuki Hajime, Shimamoto, Toru, Kumiko, Sumire, Tamura, Nakata, Osawa, Mari, Eri. Takahashi, Aomame und Tengo. Und in den letzten Elaboraten werden sie wieder namenlos.

Nach sechs Jahren Veröffentlichungspause erschien pünktlich zum 75. Geburtstag des Meisters im Januar 2024 sein neuer Roman „Die Stadt und ihre ungewisse Mauer“. Es ist unglaublich entspannend, es zu lesen. Wäre das Buch ein Soundtrack zu einem Film, dann kommt nur Yann Tiersens „Die fabelhafte Welt der Amélie“ in Frage.

Haruki Murakami ist eine Art Gott der Literatur. Dass er das auch hierzulande geworden ist, liegt an seiner Übersetzerin, Ursula Gräfe. Sie hat einen gelungenen deutschen Ton für seine poetische Sprache gefunden. Und sie lebe hoch! Wenn meine Freundin nur 10 Bücher mit auf einsame Insel nehmen dürfte, dann wären alle von Murakami.

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Onkel Rosebud