Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Warum Elbow die besseren Coldplay sind

Von Onkel Rosebud

Meine Freundin hat die These, dass Coldplay aufgehört haben, Musik zu machen. Lalala „Moon Music“ (Parlophone) Lalala, das zehnte Studioalbum von Chris Martin & Co aus dem Jahr 2024 ist nicht mal Fahrstuhlmusik. Wahrscheinlich muss die Band irgendeinen Label-Knebel-Vertrag erfüllen, um vor allem viel Geld zu verdienen. Anders ist es nicht zu erklären, dass die Band, die einst im Alternativ-Umfeld mit melancholischen, introspektiven Sounds („Parachutes“ und „A Rush Of Blood To The Head“) begann, sich dann aber mit fröhlich- schnulzigem Pop Richtung Massengeschmack entwickelte. Seitdem ist jede neue Coldplay-Platte wie ein Besuch beim Proktologen: Meine Freundin weiß, dass es weh tun wird, muss aber trotzdem reinhören. Ihrer Meinung nach hat das schleichende Ende der Beliebigkeit des kreativen Outputs der Band mit der Beziehung von Chris Martin zu Gwyneth Paltrow zu tun.

Diese Probleme hat Guy Garvey nicht. Er ist Leadsänger und Gitarrist der formidablen Manchester-Band Elbow, die auch letztes Jahr ihr fröhlich-feierliches, zehntes Studioalbum „Audio Vertigo“ (Polydor Records) veröffentlicht hat. Wie bei Coldplay sind deren erste beide Platten „Asleep In The Back” (2001) und „Cast Of Thousands” (2003) absolute Perlen des Alternativ-Rock der ruppigen Art und seit ihrem kommerziellen Durchbruch mit dem vierten Album „The Seldom Seen Kid“ (2008), das krachiger und düsterer geraten ist, sind sie mit schöner, handgemachter, hochwertiger Popmusik Stammgast auf den vorderen Plätzen der Album-Charts – aber eben nur in Großbritannien.

Dazu kommt, dass Guy Garvey auch charismatisch wie der von Gwyneth verdorbene Chris ist. Mit einer Lässigkeit kommt seine wunderbar dahinfließende Stimme daher, mit dezenter Überheblichkeit und Selbstbewusstsein im richtigen Moment. Und dann noch dieser bodenständige, nordenglische Akzent. Einfach herrlich.

Elbow sind mit ihrer Mischung aus der Post-Punk-Phase von Radiohead und dem Progressive Rock von Genesis ein legitimer Bestandteil der britischen Popkultur und definitiv die besseren Coldplay.

Onkel Rosebud