Von Onkel Rosebud
Meine Freundin hat einen Narren an Matthew Herbert (* 1972) gefressen. Die Assoziation zur Nahrungsaufnahme ist nicht zufällig gewählt, weil der britischer Elektronikmusiker oft Klänge von Alltagsgegenständen benutzt, um elektronische Musik zu produzieren. Hoch im Kurs steht dabei die Küche.
1998 veröffentlichte Herbert „Around The House“ (!K7 Records), das Tanzbeats aus alltäglichen Küchenobjekten und Samples von Waschmaschinen, Toastern und Zahnbürsten nutzte und mit Gesang mischte. 2001 folgte „Bodily Functions“ (!K7 Records). Es enthielt Klänge, die durch die Manipulation menschlicher Haare und Haut sowie innerer Körperorgane erzeugt wurden.
Im Jahr 2005 legte er mit „Plat du Jour“ (Accidental Records) eine Platte nach, die ausschließlich aus Objekten und Situationen in der Nahrungskette besteht. Er machte Aufnahmen in der Kanalisation, mit vietnamesischen Kaffeebohnen, in industriellen Hühnerfarmen, fuhr mit einem Panzer über eine Nachbildung des Abendessens, das Nigella Lawson für George Bush und Tony Blair gekocht hatte, und nahm 3500 Menschen auf, die gleichzeitig in einen Apfel bissen.
Auf „One Pig“ (Accidental Records, 2011) schließlich sampelte Matthew Herbert die Geräusche eines Schweins auf einem Bauernhof. Er besuchte das Tier mehrfach von dessen Geburt im August 2009 an bis zum Abtransport zur Schlachtung im Januar 2010 und fertigte dabei Aufnahmen des Schweins und der Umgebungsgeräusche an. Anschließend nahm er die Fleischverarbeitung sowie den späteren Verzehr auf. Ein Protokoll eines Schweinelebens von der Geburt bis zum Teller in Albumform, auf dem er dann noch eine Trommel mit der Haut des Tieres bespannte und vom englischen Jazzschlagzeuger Tom Skinner für die Aufnahmen spielen ließ.
Matthew Herbert ist natürlich mehr als nur der Küchen-Mix-Meister. Unter zahlreichen Pseudonymen, wie Herbert, Doctor Rockit, Radio Boy, Mr. Vertigo, Transformer oder Wishmountain, hat er zahlreiche Veröffentlichungen getätigt und Remixe für alles, was in der Tanzmusik Rang und Namen und nicht schnell genug das Tranchiermesser weglegen konnte, produziert.
Im Jahr 2000 schrieb Herbert ein Manifest mit dem Titel „Personal Contract For The Composition Of Music (Incorporating The Manifest Of Mistakes)“, das als theoretischer Leitfaden für einen Großteil seiner Arbeit dient. Zu den Zielen des Manifests gehören ein persönliches Verbot der Verwendung von Drumcomputern und bereits existierenden Samples sowie die Sicherstellung, dass alles, was im Studio entsteht, auch live gespielt werden kann. Feinster Dogma-Style, findet
Onkel Rosebud.