Ursula Nistrup – As I Move Towards Embrace – Nordsø Records 2025

Von Matthias Bosenick (09.07.2025)

Die Schönheit dieses Vinyls liegt im Gesamtpaket: „As I Move Towards Embrace“ ist der Titel einer Ausstellung der Künstlerin Ursula Nistrup, für die Sängerin Lis Sørensen sowie die Musizierenden Jomi Massage und Luke Sutherland eine Art Score erstellten. Goldenes marmoriertes Vinyl, einseitig bespielt, monochrom blaues Cover einer trüben Landschaft, dazu melancholischer Gesang – eine Platte für den Herbst, möchte man meinen, aber diese Musik umarmt einen auch ganzjährig.

Tatsächlich besteht dieses Stück vornehmlich aus dem Gesang von Lis Sørensen, die indes keine Worte vorträgt, sondern mit einem kraftvollen, unendlichen „uh“ oder auch mal „yeah“ eine Gemengelage aus Wehmut, Sehnsucht, Hoffnung und Trost vermittelt. Erst nach dem ersten Viertel begleiten Streichinstrumente den vibrierenden Gesang, zur Mitte hin übernimmt ein Solo-Cello die Oberhand und auch erst gegen Ende wird der Sound der Streicher etwas voller. Man wähnt sich in einer zerfallenen Folklore, reduziert auf das, was direkt das Herz anspricht. Ein Vergleich zu den frühen Sigur Rós kommt auf, im Mittelteil vielleicht zu Loreena McKennitt, nur ohne den Rhythmus. Man hat direkt Filme vor Augen, und das passt ja, Score bleibt Score, auch wenn dieser für eine Ausstellung gedacht ist.

Die Ausstellung trägt den Titel der Platte, oder andersrum, und trug sich Anfang des Jahres in der Vorhalle des Gebäudes der Kopenhagener Zeitung Politiken zu; angedacht ist, sie im Verlauf des Jahres in der Kunsthal Aarhus zu zeigen. Nistrup gestaltete zusammen mit Lotte Henriksen Skulpturen aus Himalaya-Salz und ließ sich für einige Exponate von Lis Sørensens Gesang inspirieren, vom gleichzeitig zarten und kraftvollen Ausdruck ihrer Stimme. Die ist seit 50 Jahren im Dänischen Pop, Jazz bis Untergrund vertreten; Sørensens Discographie allein füllt Lexika.

Die Musik, die den Gesang begleitet, steuerten zwei weitere Größen bei: Jomi Massage und Luke Sutherland. Die beiden betrieben zum Jahrtausendwechsel das Trip-Hop-Projekt Bows, dies dürfte ihre erste gemeinsame Musik seitdem sein, also seit 2001. Jomi, eigentlich Signe Høirup Wille-Jørgensen, tritt außerdem als Solistin auf, zuletzt mit jazznahen Songs, und ist ansonsten aus dem Noiserock bekannt, vornehmlich mit der großartigen Band Speaker Bite Me, und den Schotten Sutherland kennt man von Long Fin Killie und Rev Magnetic.

Dem Vinyl liegt außerdem ein Begleittext bei, den Nistrup mit Autorin Ida Marie Hede verfasste. Überdies ist dies nicht das erste Vinyl, das eine Ausstellung von Nistrup begleitet: „Cosmic Desert“ und „Vitthala“ beinhalten ebenfalls Musik für ihre Kunstpräsentationen. Hört man diese gut sieben Minuten Musik, bewegt man sich bereitwillig mit ihr in Richtung Umarmung.