Tobi Morare – Planet Funk – Separated Beats 2025

Von Matthias Bosenick (26.02.2025)

Der Meister der retrofizierten tanzbaren Kleinformate entwirft das Gegenstück zu einer anderen Berliner Institution: Seine EP „Planet Funk“ kommt ohne ärztlichen Punk aus, zumindest musikalisch, nicht in der Attitüde. Wie gewohnt wildert Tobi Morare in allen erdenklichen tanzbaren Electro-Genres der Neunziger, sampelt sich durch seine alten Platten und entwirft mitreißende Miniaturen, deren einziger Nachteil sich daraus ergibt, dass es viel zu wenige sind.

Ja, das eröffnende Titelstück startet mit Funk-Samples, die Gitarre und die Bläser reißen jeden Sitzenden vom Sitz. So etwa funktioniert auch die Musik von Fatboy Slim, der ebenfalls die Plattenkiste seiner Eltern nach weltbesten Grundlagen für seine Dancetracks durchstöberte. Das folgende „Raggamuffin“ trägt seinen Titel nicht zufällig, es hat einen flotten Drum-And-Bass-Rhythmus und Dub-Effekte, darunter chillige Synthieflächen und MC-Spoken-Word-Samples. Irgendwo zwischen den Big Beats von The Chemical Brothers und The Prodigy lässt sich anschließend „Street Hawk“ verorten, circa „Block Rockin‘ Beats“ mit dezenten „The Fat Of The Land“-Effekten.

Die mit dem Synthie angedeutete Reggae-Nähe des dritten Tracks versetzt Morare direkt ans Café del Mar, besser: an die „Bodega Bay“, wo er chillig loopt und klickert und mit Kruder & Dorfmeister bunte Downbeat-Cocktails schlürft. Die Synthies greift er in „Vibrant“ gleich wieder auf, allerdings zu einem Rhythmus, den man wohl als Jungle bezeichnen muss, die Vorentwicklung zu Drum And Bass, als die Beats noch gebrochen rassellten und die Tanzenden mit Tempo und Dub-Bass in Ekstase versetzten. Mit über vier Minuten ist dies überdies der längste Track der EP, die anderen erreichen ihr Ziel bereits nach zwei bis zweieinhalb Minuten – der Rauswerfer „Diamonds“ braucht dafür sogar nur anderthalb Minuten. Mit Piano-Hip-Hop inklusive Vinyl-Knistern bringt Morare die Hörenden zum energischen Kopfnicken.

Wie immer denkt man, sobald ein Track endet: Ach, lass doch weitergehen! Aber nein, Morare macht es richtig, viel zu viele Musizierende walzen viel zu wenige Ideen viel zu lang aus – der Berliner hingegen verdichtet seine Kreativität auf den Punkt und verschwendet nichts. Für die beiden Breakbeat-Tracks holte sich Morare übrigens Beistand ins Studio: Helge Neuhaus alias Hell g. alias LOG4N 5 zerbrach für ihn die Dummachine. Und nochmal übrigens: Den Funk wählte Morare absichtlich für den Titel aus, weil der, anders als die politische Lage dieser Zeit, vereint statt zu trennen. Und ist einem die EP – Morares siebte übrigens, plus zwei Alben – zu kurz, hört man sie eben gleich halt nochmal.