The Notwist – Magnificent Fall – Alien Transistor 2025

Von Matthias Bosenick (29.12.2025)

Nur wenige Wochen vor ihrem neuen Studioalbum „News From Planet Zombie“ kompilieren die wandlungsfähigen Weilheimer The Notwist einige seit 2002 erschienene B-Seiten, Remixe und Raritäten auf der dreiseitig bespielten chilligen Doppel-LP „Magnificent Fall“. IDM, Ambient, Shoegaze, Neoklassik, Hip Hop, Jazz: Sag es, es ist drauf, bis auf den alten Kumpel Hardcore, und immer eins besser als bei anderen. Vollständig natürlich auch nicht, aber es erfreut die Sammelnden.

„One Of These Days“ ist natürlich keine Coverversion von Pink Floyd, sondern ein dezentes Ambient-Stück, das das sich anschließende ruhig-frickelige Electro-Titelstück einleitet. Diese grandiose Stimme, dieser Nicht-Gesang, das professionelle vokale Nicht-Können von The Notwist setzt hier als klassisches Charakteristikum erstmals ein; es begleitet die selige Hörerschaft seit 35 Jahren und auch die nächste knappe Stunde lang. Markus Acher nimmt einen mit seiner zurückgenommenen Art sofort ein, man möchte mit seiner Stimme kuscheln. Und mit der Musik dahinter ebenso.

Remixe finden sich drei auf dieser Sammlung. Grizzly Bear, selbst seit acht Jahren untätig und eigentlich eher im Rock verortet, besorgen „Boneless“ übersteuerte Drums, die einen schönen Kontrast zu diesem ansonsten eher chilligen Stück bilden. Ada alias Michaela Dippel erweitert das verträumte „Run Run Run“ um behutsame IDM-Spielereien, die das Stück in dieser Form auch vom einstigen The-Notwist-Nebenarm Lali Puna hätten sein lassen können. Hierzu tanzen Introvertierte, aber sie tanzen. Verzerrte Beats fügt auch Odd Nosdam von Clouddead dem Song „Sleep“ hinzu, ohne ihm seine beruhigende Wirkung zu nehmen. An dem Stück beteiligt war passenderweise Jel alias Jeffrey Logan, mit dem The Notwist dereinst das Hip-Hop-Projekt 13&God betrieben.

Trotz sehr unterschiedlicher Quellen und Entstehungszeiten und somit Bandbesetzungen ergeben die 13 Stücke hier einen nachvollziehbaren Fluss, als seien sie füreinander komponiert worden. Atmosphärisch bleibt es zumeist im chillig-relaxten Downbeat, in einer Art Intellektuellen-Pop, bisweilen auch als Offerte, einem Soundtrack zuträglich zu sein, nicht nur deshalb, weil dies auf ausgewählte Stücke dieser Sammlung zutrifft, etwa „Solo Swim“. Mit den eingesetzten klassischen analogen Instrumenten vertiefen The Notwist die Eindrücke von Entspannung und Kunst gleichermaßen und lassen erstaunen, wie sehr diese dann doch zum Groove tendieren können, so minimal er auch sei.

Natürlich lässt diese lediglich einstündige Sammlung Lücken – wer sammelt, sollte sich auch Mühe geben. Von vielen EPs etwa sind lediglich ausgewählte Songs enthalten, Remixe gibt es unzählige mehr, das Minialbum „Sturm“ und die „Lichter“-12“ sind gar nicht berücksichtigt. Dafür bekommt man sogar Songs, die ansonsten nicht physisch zu haben sind, und mit „Das Verschwinden“ ein bisher komplett unveröffentlichtes Stück. Zudem sind drei bespielte Seiten einer Doppel-LP ja auch ein ästhetischer Anlass zum Sammeln.

01 One Of These Days (aus dem gleichnamigen Film, 2020)
02 Magnificent Fall (von „Run Run Run EP“, 2014)
03 Boneless (Grizzly Bear Remix) (von der „Come In“-7“, 2009)
04 Blank Air (von der Split-7“ „Blank Air/By This River“ mit Console, 2010)
05 Avalanche (von der „Swim“-EP, 2020)
06 Run Run Run (Ada Remix) (von „Run Run Run EP“, 2014)
07 Red Room (gekürzt, von der „Pick Up The Phone“-12“, 2002, und der „Different Cars And Trains“-12“, 2004)
08 Come In (von der „Boneless“-7“, 2008, und der „Come In“-7“, 2009)
09 Solo Swim (vom „Solo Swim“-Soundtrack, 2004)
10 Sleep (Odd Nosdam Remix) (von der „Where In This World“-Single, 2008)
11 Intro Live From Alien Research Center (Langfassung des Intros von „Vertigo Days – Live From Alien Research Center“, 2023)
12 Who We Used To Be (von der nicht mehr erhältlichen Compilation „Colors“, 2022, und von „News From Planet Zombie“, 2026)
13 Das Verschwinden (exklusiv)