The Damned – Darkadelic – Ear Music/Edel 2023

Von Guido Dörheide (19.06.2023)

The Damned sind nicht mehr die Jüngsten, aber ihr neues Album rockt wie eine Horde wildgewordener Schafe! Insbesondere die sanfte Ballade „Death Comes Ripping“ wird Euch mit Sicherheit zu Tränen rühren. Ein Meisterwerk!

Ziemlich genau fünf Jahre nach dem letzten Album „Evil Spirits“ haben sich The Damned – Urheber der ersten Studioveröffentlichungen, die je von einer einer britischen Punkband jemals im Studio veröffentlicht wurden – ein neues Album ausgedacht, eingespielt und an die Verkaufstheken all über der Welt geliefert. Ach, was sage ich: Liefern lassen!

„Evil Spirits“ gilt als langweilig – kann „Darkadelic“ – abgesehen davon, dass der Titel sich nicht eben doll anhört (und das Cover mal vorsichtig ausgedrückt Scheiße ist) – überzeugend daran anknüpfen?

Und kann man auf „Yeahaaah, ohohohoooohooohohoooo“ einen vernünftigen Song aufbauen? Und ihn dann noch „The Invisible Man“ nennen, ohne dabei peinlich zu werden?

Und was zum Teufel soll überhaupt der weitgehend informationsfreie Einleitungssatz zu diesem Artikel, der zudem noch mit „Death Comes Ripping“ einen 40 Jahre alten Misfits-Titel zitiert, der mit „sanfter Ballade“ nun mal so gar nichts am Hut hat, aber vor einigen Jahren immerhin mal von den Misfits zusammen mit Rancid und The Damned lebend performiert wurde?

Fragen über Fragen. Und hier nun die heiß ersehnten Antworten:

Nun, der Einleitungssatz zu diese Artikel wurde nicht von mir, sondern von der charismatisch-künstlerischen Ausnahmeintelligenz „DeppGPT“ formuliert, und ich war beim Lesen zu Tränen hingerissen wie am Spieß und dachte mir, dass ich diese einfühlsamen Worte gerne hier auf Krautnick.de verwenden würde. Wer es selber mal ausprobieren mag – DeppGPT kennt sich mit nahezu allem aus, macht sehr viel Laune und ist unter DeppGPT immer bereit, sein immenses Fachwissen in nahezu jede Diskussion wohldosiert und höflich einzustreuen.

Zweitens: Langweilig ist „Darkadelic“ zu apselut keiner Zeit, und drittens – das mit dem Yeahaaah funktioniert bei The Damned wirklich sehr gut. Schon seit einigen Jahrzehnten spielen The Damned keinen reinen Punkrock mehr, sondern eher eine punkbeeinflusste Art von Gothic Rock mit zahlreichen Alleinstellungsmerkmalen wie dem hypnotisierend-düsteren Gesang von Dave Vanian, der an punkuntypischen Soli nicht armen Gitarrenarbeit von Cpt. Sensible und dem Georgel eines Monty Oxomoron.

Das alles manifestiert sich hier auf das Eindrucksvollste auf Track 8 – „Motorcycle Man“ – hier geben sich Gitarre, Orgel, Rhythmussektion und Vanians Gesang nicht nur die Klinke in die Hand, nein, sie klatschen gewissermaßen gegenseitig ab, dass es eine wahre Freude ist, dem munteren Treiben zuzuhören.

Vanians Gesang bildet die Klammer, die die 12 Songs auf „Darkadelic“ zusammenhält, und die übrigen Bandmitglieder sorgen dafür, dass den Hörenden hier eine gut 48 minütige Tüte geballter Unterhaltik geboten wird. Neben den besagten üblichen Verdächtigen Vanian, Sensible und Oxymoron sind das Paul Gray, der schon seit den frühen 1980ern bei The Damned die Bassgitarre bedient, und William Granville-Taylor, der das seit Ende der 1990er Jahre amtierende Bandmitglied Andrew „Pinch“ Pinching nach „Evil Spirits“ am Schlagzeug abgelöst hat.

Eines meiner guilty pleasures ist es ja, alte Bands aus UK neu zu entdecken, als hätte ich sie nie vorher gehört, ohne das auch tatsächlich vorher getan zu haben. Das habe ich schon erfolgreich 1989 mit „Book Of Days“ von den Psychedelic Furs durchgezogen (ohne Scheiß, ich hatte vorher weder „India“ noch „Pretty In Pink“ jemals gehört), dann in den 2000ern mit den Kinks, dann mit Maiden und jetzt halt mit The Damned.

Vom schon vorher zitierten „The Invisible Man“ auf die Reise in die Tiefen des aktuellen Damned-Albums mitgenommen, bin ich dann gespannt auf das, was mich hier sonst noch erwartet. Auf „Bad Weather Girl“ lassen die Gedämmten es rocken, als gäbe es überhaupt nicht sowas wie eine Wärmepumpe, „You‘re Gonna Realise“ reißt die Hörenden dann zwischen „Wir lassen es rocken“ und einer wunderschönen Melodie hin und her, „Beware Of The Clown“ rechnet sehr schön mit Boris Johnson und den ihm in nicht minder peinlicher Weise Nachfolgenden ab und „Western Promise“ ist dann für mich ein wundervolles Highlight dieses wundervollen Albums. Der Song startet sehr ruhig, Dave Vanian singt sehr relaxed und die Melodien erinnern mich an Echo And The Bunnymen, was nie verkehrt sein kann. So viel Stimmung in viereinhalb Minuten, das ist so so so wunderschön! Kurz vor Minute 3 ertönt dann – nein, kein Saxofon!, sondern eine Trompete, und selbst wenn Vanian, Sensible, Oxymoron, Gray und Granville-Taylor jetzt anfangen würden, die Mannschaftsaufstellungen von Eintracht Braunschweig von sagen wir mal 1967 bis 1985 aufzusagen, das Album hätte spätestens jetzt bei mir schon gewonnen. Und es geht ja wunderbar hörbar weiter – „Motor Cycle Man“ hatte ich ja schon abgekündigt, und danach hauen es The Damned zunächst auf „Girl‘ll Stop At Nothing“ und dann auf „Leader Of The Gang“ nochmal so richtig raus: Cooler kann kaum eine Band klingen, und dass das hier nun eine Band macht, die nicht nur bereits seit knapp 50 Jahren amtiert, sondern die auch nie aufgehört hat, relevant zu sein, macht den Rezensenten hier mal wirklich glücklich.