Von Matthias Bosenick (31.01.2022)
Keine vier Jahre alt, erfährt das Debütalbum von The Absurd aus Los Angeles die bereits dritte Wiederveröffentlichung, dieses Mal als „Cancel The Wall“. Physisch leider nur als CDr, außerdem mit anderen Tracks als im Begleit-Download, aber hey, allein für den Hit „Boots On The Ground“ ist es den Erwerb wert. Die Trump-Anleihe des Ur-Titels „Build The Wall“ ist inzwischen umgekehrt, da ist man politisch eindeutiger geworden. Musikalisch bewegt man sich mit Black-Sabbath-Anleihen nahe am Stoner, rifft wuchtig, schreit eindringlich, groovt amtlich, gniedelt episch, und dem Zuhörer bricht der Nacken, wenn er gerade keinen Platz zum Tanzen hat. The Absurd sind lediglich zu dritt – und da steckt mächtig gewaltige Gewalt drin!
So ein fetter Sound, da kann man nur staunen. Ben Foerg, Josh Loney und Colin Jensen weben einen dichten und dicken Teppich, in dem sie Platz lassen für zartere Flächen, als Kontrast für die, das liegt jetzt nahe, Wand, die sie ansonsten errichten. Was sie hier als Musik erzeugen, lässt sich nicht in eine simpel beschriftete Schublade einsortieren: Es rockt gewaltig, sehr heavy, aber kein Metal, sehr psychedelisch, aber kein Hippiezeug, sehr spacig, sehr Acid Rock, sehr verdrogt, sehr Stoner, sehr Neunziger-US-Alternativerock. Sobald Foerg singt, anstatt zu schreien, klingt er wie der junge Ozzy, und dann zieht auch die Musik etwas nach. Auch Led Zeppelin, Alice In Chains oder Kyuss mag man durchhören, ansonsten bleibt das Trio bei sich.
Allein das siebeneinhalbminütige „Boots On The Ground“ ist ein herrlicher Grund, sich das Album zuzulegen. Im Midtempo schleppt sich das Stück voran, wiederholt sich Mal um Mal, pro Durchgang immer leichten bis mittelschweren Veränderungen unterworfen, und erstaunlicherweise reißt es jeden Hörenden sofort mit. Das Titelstück ist beinahe ein funky Discotrack mit fröhlichen Melodien, der indes heavy herumrotzt. Trotz der vorrangig psychedelisch malmenden Strukturen finden die drei immer wieder Lücken, die sie mit verspielten Einsprengseln auflockern. Und „War Hogs“ knüppeln sie durch die Wüste, in direkte Richtung auf Kyuss zu.
Das Album liegt deshalb als Remaster vor, weil die Band mit der Urversion nicht zufrieden war. Dummerweise wurden dem Trio die Originalbänder aus dem Studio geklaut, doch holte der Masterer Grant Cornish aus den bisherigen Veröffentlichungen das Beste heraus. Und weil grad Platz war, fügte die Band noch einige Bonus-Tracks hinzu, darunter Single-B-Seiten, Live-Aufnahmen und Radio-Sessions. Kurioserweise unterscheiden sich die Boni von CD und Download: Auf der CD, die den ersten („A Big, Beautiful Wall“), neunten („Lyin‘ Ted“) und elften („How Tall Will The Wall Be“) Track namentlich nicht aufführt, finden sich die limitierte Live-Version von „Wake“, die es nur auf der „Boots On The Ground“-Single gab, sowie „A.S.P.D“ live von der Single mit dem achsolustigen Titel „Squashing Pumpkins“. Dazwischen prangt „Enemy_“ in einer anderen Live-Version als auf dem 2019er Album „Live From The Satellite“. „Boot ‘n Rally“ live von der „Loco Motives“-Single fehlt, ebenso auf der Download-Version. Ebenfalls nicht enthalten ist die „Motherless Child EP“ aus dem Jahr 2016, die passte schlichtweg nicht in die Zeit, klar.
Die erste Version des Albums hatte nur acht Tracks, die zweite elf, von der das dreizehnsekündige „Lyin‘ Ted“ nun auf der Download-Version dritten fehlt, auf der CD indes enthalten ist. Ab der „Wolf!“-EP ist auch nichts weiter auf diesem Rerelease berücksichtigt, das kommt dann auf der zweiten Platte „The Sun Still Rises“ aus dem Jahr 2020. Dafür hat die Download-Version aber eben fünf Radio-Sessions, die The Absurd bei KXLU mitschnitten, darunter mit „Radio Slave USA“ ein Song, den es zuvor nur auf „Live From The Satellite“ aus dem Jahr 2019 zu hören gab. Was ein Chaos! Und aushalten muss man wohl, dass The Absurd ein Faible für spärlich bekleidete Frauen auf den Covers haben. Die Mucke ist krass geiler Scheiß!