So schön kann Lärm sein! Und dieser Lärm hier ist wahrhaftig schön. Die Doom-Droner aus Seattle, deren Name nicht Sunno ausgesprochen wird, weil das O))) im Bandnamen den Regler am Verstärker der Marke Sunn symbolisiert, begaben sich Ende 2019 auf Einladung der Journalistin Mary Anne Hobbs bei der BBC ins Studio von John Peel, um für ein Samhain-Special eine Livesession einzuspielen. Als Gästin holten sie sich die begnadete Dunkelorganistin Anna von Hauswolff mit ins Boot. Heraus kommt ein einstündiges Werk aus bedächtig umeinander dröhnenden Sounds, erzeugt mit Gerätschaften aus den Bereichen Saiteninstrument, Blechblasinstrument und Synthesizer, mit dezentem Stimmeinsatz versetzt. Ein prachtvolles Stück Musik!
Nichts an dieser Musik ist leicht, und nichts an dieser Musik ist heavy. Eine gewöhnliche Bandkonstellation ist hier nicht zu erwarten, ein Schlagzeug oder Percussions fehlen komplett, also ruht das gesamte Orchesterwerk auf den Schultern von Gitarristen, Bassisten, Synthesizerspielern, Posaunisten, Organisten und Singenden. Auf handelsübliche Rock’n’Roll-Riffs verzichtet die Band ebenso, auch wenn mal jemand die Saiten noisy anschlägt, doch dann erinnert das eher an den „Dead Man“-Soundtrack von Neil Young als an sarenwamal Black Sabbath. Von Melodien kann hier ebenfalls eher selten Rede sein, obschon ein Synthesizer, der eine Kirchenorgel imitieren soll, natürlich ans Tastenfeld gebunden ist und Anna von Hauswolff in ihren eingestreuten Einsätzen sehr wohl nachvollziehbare Tonfolgen generiert.
Der Rest der Musiker nutzt seinen Gerätepark vielmehr zur reinen Tonerzeugung, verzerrt, verbogen, gebeugt, gedrungen, zerdröhnt. Alles davon indes in einem Tempo, das dem Doom erheblich entspricht, aber auf eine Weise umeinandergewickelt, dass einerseits niemals Langeweile aufkommt, andererseits aber den entspannenden Eindruck nicht zerstört. Mit Anna von Hauswolffs Gesang in den ersten beiden Tracks und der für den dritten Track hinzugezogenen, sogar melodiösen Posaune dringen derweil überraschend ins Liebliche neigende Töne in den chilligen Lärm ein.
Diese Aufnahme schließt eine Welttournee von Sunn O))) ab, auf deren Reise durch Großbritannien Anna von Hauswolffs Band die Begleitung war, weshalb die schwedische Künstlerin auch das BBC-Studio mit den Nordamerikanern teilte. Hauptaugenmerk von Sunn O))) lag bei der Tour auf den zurückliegenden Alben „Pyroclasts“ und „Life Metal“, deren Tracks die Band für diese Session als Grundlage nutzte, um sie komplett umzubauen; die Titel „Pyroclasts (F)“ und „Pyroclasts (C#)“ beziehen sich dabei gar nicht auf Tracktitel des nämlichen Albums, von „Life Metal“ deutete das Musiker-Sextett den Track „Troubled Air“ um und streckte ihn auf die dreifache Länge. Ein wunderbar atmosphärisches, fröhlich dunkel gefärbtes Album voller Soundscapes, in denen man wegdriften kann, bewusst und unbewusst.
Das überteure Doppel-Vinyl kommt indes ohne Downloadcode daher. Bei dem Preis und angesichts der bestehenden Möglichkeit, einen Bandcamp-Code beizufügen, ist das schon frech.