Von Matthias Bosenick (28.01.2014)
Das ist ein Elend: Jim Jarmusch empfahl sich stets als verlässlicher Musikkenner, indem er für seine Filme Soundtracks zusammenstellte, die man gerne sammelte und am Stück hörte, auf denen man neue Bands entdeckte und mit denen man seinen Muskigeschmack um krude Genres erweiterte. „Only Lovers Left Alive“, sein neuer Film, macht da keine Ausnahme: Mit Northern Soul, Post Rock und arabischem Indie-Folk bringt er den Zuschauer zum Niederknien. Will man indes das Soundtrack-Album kaufen, wird man enttäuscht: Es existiert nicht. Noch nicht, will man dem Label glauben. Immerhin gibt es zwei EPs des extra für den Film gegründeten Trios mit dem hochgradig guten und einzigartigen Namen Sqürl. Darauf zelebriert Jarmusch seine bereits im vorherigen Film „The Limits Of Control“ und mit der dazugehörigen Band Bad Rabbit gefundene Leidenschaft für lärmenden Post Rock.
Jeweils vier Tracks haben die kunterbunten Picture-Vinyl-12“es, EP2 offeriert im beigefügten Download zudem als fünftes einen Remix im Zip-Ordner. Die Musik bildet keine geschlossene Decke, dröhnt aber munter in Richtung Doom schleppend vor sich hin. Es quietscht und knarzt und und feedbackt und bleibt so herrlich kompromisslos, wie es Jarmuschs Filme auch sind. Party-Musik für Bohren-Fans. Boris und SunnO))), die Jarmusch für „The Limits Of Control“ entdeckte, schimmern deutlich durch.
Wie schon bei seiner Band Bad Rabbit, sind auch dieses Mal die Tonträger strengstens limitiert und inzwischen nur noch schwer zu bezahlbaren Preisen erhältlich. Als offizieller Download ist es weniger problematisch, und da bekommt man den ersten Track der ersten EP, „Pink Dust“, bei der zweiten EP als Remix dazu. Der ist vom Nick Zinner (Yeah Yeah Yeahs) und mehr als interessant. Ähnlich wie manches Ergebnis auf der „Grinderman 2 RMX“ transferiert der Mixende dnen staubigen Wüstenrock in ein angenehmes, atmosphärisch dichtes Elektrogewand.
Es ändert nichts daran, dass es bislang keinen Soundtrack zu „Only Lovers Let Alive“ gibt, sondern dass man sich Teile daraus mühsam zusammensammeln muss. So veröffentlichte Jarmusch 2012 drei Alben mit dem niederländischen Gruft-Lautisten Jozef van Wissem, aus denen Auszüge im Film zu hören sind, unter anderem eine Kollaboration mit Hauptdarstellerin Tilda Swinton. Zudem gab es bei der Filmpremierenfeier eine 12“ mit drei Tracks von Sqürl, van Wissem und überraschenderweise Zola Jesus. Kleiner Scherz am Rande: Genau diese EP ist Gegenstand eines Dialoges der Filmfiguren Scott und Ian (ha, Scott Ian!), die sich über das Sammlerstück unterhalten. Diese EP nun dient in echt zur Ankündigung des Soundtracks, den das Label im Februar nun endgültig veröffentlichen will. Darauf ist zwar auch das wunderschöne Stück von Yasmine Hamdan enthalten, ansonsten aber wirklich nur die eigens komponierten Soundtrack-Lieder, nicht etwa das Original zu „Funnel Of Love“ von Wanda Jackson, nicht die Kasbah Rockers, Charlie Feathers, Bill Laswell, auch nicht „Trapped By A Thing Called Love“ von Denise LaSalle, zu dem Eve und Adam im Film so hinreißend tanzen. Egal, wird trotzdem gekauft.
Übrigens gab es eine „EP1“ von Sqürl bereits 2010 auf CD – und außer „Pink Dust“ sind die beiden anderen Tracks auf der späteren Vinyl-Ausgabe nicht enthalten.