Seven Impale – Summit – Karisma Records 2023

Von Matthias Bosenick (19.05.2023)

Diese Band will ganz viel, und sie quetscht ganz viel in nur ein Album. „Summit“ hat nur vier Tracks, aber 2.358.973.405 Genres, alles, was irgendwie mit Gitarre, Bass, Schlagzeug sowie Keyboard und Saxophon geht, weil man heavy Progrock und Jazz zusammenschieben will, alles ordentlich durchmischt und damit seine Virtuosität zum Ausdruck bringt, weil man ja auch alles richtig gut beherrscht. Was den progrocktypischen Nachteil hat, dass man die Trackindizes als willkürlich und die einzelnen Bausteine innerhalb der Tracks nicht als zueinander gehörend empfindet. Anders gesagt: „Summit“, das dritte Album der sechs Norweger, ist gut gespielt, aber anstrengend. Operngesang zwischendurch macht den Genuss nicht eben einfacher.

Das ist das größte Problem dieses Albums, dass die Übergänge zwischen den Stilen so abrupt sind, dass sie wie eigene Tracks wirken. Auf den früheren Alben waren die Übergänge fließend, also nachvollziehbarer, nachfühlbarer. „Summit“ wirkt wie eine Leistungsschau nach sieben Jahren Pause: Seven Impale können viel, sehr viel – nur nicht, sich zu reduzieren, sich auf Wesentliches zu beschränken.

Progrock heißt, dass es unvermittelte Halbtonsprünge gibt, Schachtelrhythmen, zappaeskes Genrezappen, mehrstimmiges Krakeelen, wie man es kennt. Jazz heißt, dass einer Saxophon und einer entrückt Orgel und Keyboard spielt. Heavy heißt, dass die Band hier Riffs einstreut und auch mal den guten Groovemetal anwirft, und diese Stellen sind eigentlich die schönsten, wenn die Grundmusik eine unerwartete Härte zeigt und weil das, was obendrauf passiert, nach klassischer Denke nicht dazu passt, weil eben ein Saxophon drübertrötet oder der Gesang in höchste Opernhöhen durchstartet oder das Keyboard obskure Sounds absondert.

Ein wenig verwundert der griechisch-mythologische Themenkomplex, weil der sich so gar nicht in der Musik niederschlägt. Das Album „Summit“ trug den Arbeitstitel „Sisyphus Climbing“, wechselte also vom Vorgang ins Ziel, das der originale Sisyphus bekanntlich nie erreichte, nämlich den Berggipfel. Sisyphus‘ Stein ließ die Band einfach herabrollen. Die Tracktitel lauten „Hunter“, „Hydra“, „Ikarus“ und eben „Sisyphus“. Weder in den Instrumenten noch in der Musik finden sich jedoch Anleihen an Griechenland oder die Antike; ein bedauerliches Versäumnis, das die Thematik willkürlich erscheinen lässt.

Die sieben Jahre zwischen dem zugänglicheren „Contrapasso“ und „Summit“ verbrachten die sechs Musiker mit Familie, Fortbildung und Ausflügen in andere Bands. Keyboarder Håkon Mikkelsen Vinje etwa stieg bei den Viking-Metalern Enslaved ein, Sänger und Gitarrist Stian Økland machte an der Grieg-Akademie seinen Abschluss als Opernsänger. Die weiteren Mitmusiker sind die Brüder Benjamin Mekki Widerøe am Saxophon und Fredrik Mekki Widerøe an Schlagzeug und Gitarre sowie Gitarrist Erlend Vottvik Olsen und Bassist Tormod Fosso. Nächstes Mal sollten sie den Ariadnefaden vielleicht etwas besser entwirren.