Von
Matthias Bosenick (02.03.2020)
Allein der sperrige Titel!
Lässt man sich vom Trailer dazu verführen, „Pokémon:
Mewtwo Strikes Back: Evolution“ auf Netflix zu gucken, versucht man
anfangs noch, die gelungene CGI-Animation der beliebten
Taschenmonster zu genießen, die man nicht nur aus dem immer noch
populären Handyspiel Pokémon Go kennt. Schnell gehen einem jedoch
die Nichthandlung, das Gekreische und die sinnfreien Dialoge auf den
Keks. Da kann Pikachu noch so süß gucken: Der Mischfilm „Pokémon
Detective Pikachu“ war gelungen, dieses Remake eines 22 Jahre alten
Animationsfilms ist Zeitverschwendung.
Müssen die Monster ständig ihren eigenen Namen sagen? Dazu noch die
zum Teil recht schlecht wortspieligen deutschen? Mit so schlimmen
Stimmen? Müssen die Menschfiguren nervtötende Kinder sein, die kaum
einen sinnhaften Satz zustandebekommen und ebenfalls nervige Stimmen
haben? Muss das oberböse Pokémon Mewtwo stumpfe selbsterklärende
Allmachtsfantasien absondern, anstatt einfach sein Ding zu machen?
Und was ist dieses Ding überhaupt, das Mewtwo machen will?
Also:
Bei Mewtwo handelt es sich um ein Pokémon, das Menschen aus der DNA
des legendären und als verschollen geltenden Mew klonten. Mewtwo ist
übermächtig und verschanzt sich auf einer Insel, um dort den besten
Pokémon-Trainern der Welt zu begegnen, denen er die besten Pokémon
klaut, um sie zu noch besseren zu klonen, um – äh: genau. Was
eigentlich? Mewtwo ist doch schon Chefboss und stärker als alle, was
denn also ist der Auftrag? Und warum entführt Mewtwo dafür
halbwüchsige Jugendliche? Jedenfalls ergattern die tollkühnsten
Trainer den Zugang zur sturmgepeitschten Insel trotz abgesagter
Fährverbindung und trotzen dem Megamonster, obwohl sie dazu gar
nicht in der Lage sind. Der daraus resultierende Kampf ist daher so
unspannend wie möglich und doch viel zu arg in die Länge gezogen.
Die dann auch noch kitschig hereinbrechende Moral ist: Wir sind doch
alle Lebewesen, auch wenn wir geklont sind. Heul, heul, Friede,
Freude, Eierkuchen.
Gottchen. Diese Tour de Force hätte
man um mindestens eine Stunde kürzen können, ohne entscheidende
Handlungsverluste. Immerhin: Wenn schon nicht für Ohren oder Geist,
dann ist der Film etwas für die Augen: Die Texturen und Bewegungen
der dreidimensional animierten Monster, Pflanzen, Menschen und Meere
sind gut gelungen. Und wie schon beim außer der Serie laufenden
„Detective“ freut man sich riesig über die Pokémon, die man aus
dem Handyspiel, den Kartensets, den Mangas und natürlich den seit
1996 existierenden Videospielen kennt.
Da es sich bei
diesem Film um das CGI-Remake des Animes „Pokémon: The First Movie
– Mewtwo Strikes Back“, also des ersten Pokémon-Films überhaupt,
handelt (selbst stellt er den 22. Film der Reihe sowie den dritten
Teil der Subserie „Pokémon: Sun & Moon (Alternate Continuity)“
dar), finden sich – bis auf einen kurzen Auftritt von Donphan –
lediglich Monster der ersten Genration wieder, der so genannten
Kanto-Region. Den Feuerdrachen Glurak oder das Aushängepokémon
Pikachu sieht man gern agieren, Mewtwos Selbstzweifel – eine von
Menschen gemachte künstliche Lebensform zu sein – sind immerhin
grundlegend, die Stimmung ist angenehm düster, aber dann war’s
das auch schon mit dem Positiven. Einziges Update: Um dieses Remake
einigermaßen zeitgemäß zu halten, schmuggelte man zwei Bosse von
der überflüssigen Spiel-im-Spiel-Variante „Team Go“ in den
Film, ohne dass die auch nur irgendeine Relevanz hätten.
Natürlich
kann es sein, dass man sich als Europäer mit japanischer Erzählweise
nicht auskennt und die sprunghaften Handlungswechsel (die zwei, drei,
die es gibt) deshalb narrativ nicht nachvollziehen kann, doch dann
erinnert man sich an die vielen Animes mit eindeutig japanischer
Ausprägung, die man trotzdem irgendwie nachvollziehen und auf jeden
Fall feiern konnte. Natürlich kann es außerdem sein, dass dieser
Film für Kinder konzipiert ist und man als Erwachsener gar nicht
angesprochen sein soll, doch dann erinnert man sich an die vielen
Kinderfilme, die man auch als Erwachsener feierte, unter anderem aus
den Aardman-Studios. Geht also alles auch in gut. Es bleibt das
Fazit: Zeitverschwendung.