Von Matthias Bosenick (27.07.2013)
Na, hör an. Nach „Elysium“ dachte man ja beinahe, die Pet Shop Boys an die Altherrenlangeweile verloren zu haben. Stattdessen holten die beiden nur Luft für „Electric“, ein reines Dance-Album, in eigener und – wie immer – auch zeitgenössischer Herangehensweise. Der Unterschied zu ihnen selbst ist, dass die Sounds bisweilen so klinisch klingen, wie sie wahrscheinlich erzeugt sind, und dass sie auf der anderen Seite eine Härte an den Tag legen, wie sie sie lange nicht mehr zeigten. Macht insgesamt ein ganz geiles Album.
Man meint manchmal, „Love Comes Quickly“ herauszuhören, „Paninaro“, „Heart“, „So Hard“, also die tanzbaren Beatbomben früherer Tage. Doch sind die Beats hier trockener und damit weniger organisch, die Synthiesounds ebenso. Manchmal verlieren jene ebendadurch an Tiefe, was die Songs in Details etwas billig erscheinen lässt; ein Phänomen, das zuletzt auch auf den Konzerten wahrzunehmen war. Chris Lowe scheint seine Sounds zu oft aus der Retorte abzurufen. Doch Neil Tennants Stimme bleibt wundervoll, und – daher wohl die „Paninaro“-Erinnerung – auch der Keyboarder darf hier mal wieder sprechsingen und damit punkten.
Modern ist, dass viele Sounds radikal und krass sind; nicht umsonst arbeitete das Duo vorab mit Leuten wie Boys Noize zusammen, das schlägt sich nieder. Produzent des Albums war Stuart Price, seines Zeichens Mitglied der erfreulicherweise großartigen Epigonen-Band Zoot Woman sowie als Remixer auch unter dem Namen Jacques Lu Cont (sowie einem halben Dutzend weiterer Pseudonyme) unterwegs. Ihm gelingt es, aus dem Material der Pet Shop Boys ein großartiges Tanzalbum zu formen, mit einem R’n’B-Einschlag, der nicht so nervig-jammerig klingt wie ansonsten in den Charts, weil Tennant einfach er selbst bleiben darf.
Das Album gibt’s übrigens stilecht, wie es sich für Dance-Tracks gehört, als Doppel-12“. Und das Cover ist auch großartig. Also, mit den Pet Shop Boys ist weiterhin zu rechnen. Ein belangloses Album darf jede großartige Band einmal veröffentlichen. Bleibt zu hoffen, dass es bei „Elysium“ bleibt.